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Warum auch Pferde manchmal zum Zahnarzt müssen

Pferdezähne werden behandelt
Entwickeln die Zähne Haken, müssen sie mit schwerem Gerät abgeschliffen werden. | Bild: WDR

Die meisten Pferde leben schon lange nicht mehr als Wildtiere. Und das Leben als domestiziertes Nutztier brachte ungeahnte Nebeneffekte mit sich: Zahnprobleme. Häufig bilden sich an Pferdezähnen sogenannte Haken – Zahnspitzen, die zu Schmerzen und Appetitverlust führen können. Mehr oder weniger regelmäßig müssen darum bei den meisten Pferden die Zahnüberstände durch den Tierarzt abgeschliffen werden, eine schmerzlose, aber aufwändige Prozedur. Dazu wird dem Tier jedes Mal ein Beruhigungsmittel verabreicht, was eine gesundheitliche Belastung für das Tier darstellt. Aber wie kommt es überhaupt zu den Zahnhaken?

Was Pferdezähne leisten müssen

Die Gattung der Pferde – dazu gehören auch Esel und Zebras – gehört zu den Pflanzenfressern. In der freien Natur ernähren sich die Tiere mit zähen und schlecht kaubaren Gräsern und Blättern. Um die darin enthaltenen Nährstoffe zu erreichen, müssen die Zellulosefasern zerkleinert und aufgebrochen werden. Die Gattung der Pferde hat ein dafür besonders geeignetes Gebiss entwickelt: Anders als bei uns Menschen haben ihre Backenzähne ein starkes Relief, das dadurch entsteht, dass die Zähne durch die harte Nahrung ständig nachgeschliffen werden - dabei bleiben die harten Zahnschmelzkanten außen höher stehen als das weiche Zahngewebe dazwischen. Diese höher stehenden Schneidekanten reiben gegeneinander wie eine Schere und brechen dabei sehr effektiv die Zellulosefasern auf.

Damit das Ganze dauerhaft problemlos funktioniert, müssen die Zahnreihen gleichmäßig abgenutzt werden. Dabei spielt das richtige Futter eine entscheidende Rolle. In freier Natur ist die Nahrung in der Regel trocken, die langen Gräser enthalten Sand und Steinchen – perfekt für einen gleichmäßigen Abrieb.

Nachschub aus dem Kiefer: nachwachsende Zähne

Grafik von einem Pferdeschädel
Pferdezähne wachsen jährlich zwei bis vier Millimeter. | Bild: WDR

Um den ständigen Abrieb auszugleichen, hat die Natur die Gattung der Pferde mit stetig nachwachsenden Zähnen ausgestattet. Pro Jahr schieben sie sich um zwei bis vier Millimeter aus dem Kiefer. Dieses Nachwachsen hört allerdings mit sieben bis neun Jahren auf, so dass dann die Zähne in noch höherem Alter irgendwann komplett abgenutzt sind. Alte Pferde haben deshalb häufig nur noch wenig Zahnsubstanz übrig und können nur noch weiches Futter zu sich nehmen.

Das Futter macht den Unterschied

In Haltung gerät das natürliche Schleifsystem für Pferdezähne jedoch häufig aus dem Gleichgewicht. Forscher der Universitäten Hamburg, Zürich und Oxford haben sich deshalb den Abrieb an den Zähnen genauer angeschaut. Dafür haben sie die Gebisse von Zebras aus der Wildnis und Zoohaltung verglichen. Das Ergebnis: Der Grund für Zahnprobleme in Haltung ist das Futter. Das ist oft zu weich und zu kleinteilig. Die Folge: Die Zähne werden durch die weiche Konsistenz zu wenig nachgeschärft. Außerdem kann es bei kleinteiligem Futter wie Pellets dazu kommen, dass das Pferd nur auf einer Stelle kaut. In diesem Fall nutzen sich die Zähne ungleichmäßig ab, und das Gebiss entwickelt eine wellenartige Form. Zudem können sogenannte Haken entstehen.

Haken und Kanten – ein Fall für den Pferdezahnarzt

Aufnahme vom Maulinneren eines Pferdes und dem Gebiss
Bei falscher Fütterung entwickeln Pferde sogenannte Haken. | Bild: pferdezahn.info

Entwickeln die Pferde Haken muss der Tierarzt mit schwerem Gerät ran – denn die Haken verursachen Verletzungen der Mundschleimhaut und Schmerzen. Für die Zahnbehandlung bekommt das Pferd ein leichtes Beruhigungsmittel, damit es entspannt bleibt und der Tierarzt in Ruhe arbeiten kann. Damit das Maul auch geöffnet bleibt und der Tierarzt einen guten Überblick über das Gebiss hat, setzt er einen Maulöffner ein. Dann wird händisch abgeschliffen – eine richtige Knochenarbeit.

Da viele Pferde in privater Haltung keinen ganzjährigen Weidezugang haben und eher weiche Nahrung zugefüttert wird, empfehlen Tierärzte, alle 9-12 Monate einen Blick auf die Zähne werfen.

Autorin: Lena Gräf (WDR)

Stand: 17.10.2019 12:08 Uhr

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Norddeutscher Rundfunk
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