SENDETERMIN Sa., 20.10.18 | 16:00 Uhr | Das Erste

Torf – für Gärtnereien unverzichtbar

Moor
Die Entwässerung von Mooren hat weitreichende Konsequenzen. | Bild: NDR

Früher waren die Torfunternehmer im Emsland hoch angesehen, brachten sie doch Arbeitsplätze in die unterentwickelte Region. Sie vermochten es, dem Moor einen Verdienst abzuringen, denn Moorflächen galten bis dahin als nutzlos, zu nass, für Landwirtschaft ungeeignet. Doch das Image der Unternehmer hat sich so gründlich gewandelt, wie der Blick auf die Landschaftsform Moor. Heute sind die Torffelder Umwelt- und Klimaschützern zunehmend ein Dorn im Auge. Die Entwässerung von Mooren hat weitreichende Konsequenzen, denn aus trockengelegten Mooren entweichen große Mengen klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2). Wird der Torf dann auch noch abgebaut und zum Beispiel für die Pflanzenzucht genutzt, beschleunigt sich sein Zerfallsprozess und es gelangt noch viel mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre.

Braune Ödnis

Torfabbaugebiet
Die Torffelder erinnern an den Braunkohlebergbau. | Bild: NDR

Auch Naturschützer gehen zunehmend gegen den Torfabbau auf die Barrikaden, denn die Torffelder erinnern fatal an den Braunkohlebergbau: statt artenreicher Feuchtgebiete braune Ödnis – soweit das Auge reicht. Ein wenig unsachlich ist die Kritik aber schon: In Deutschland dürfen nur bereits in der Vergangenheit trockengelegte Moore noch abgetorft werden. Diese Flächen würde ein Laie gar nicht unbedingt als (ehemaliges) Moor erkennen. Es wurden meist Wiesen oder Weiden daraus. Doch selbst für diese "landwirtschaftlich vorgenutzten" Flächen werden Abbaulizenzen so gut wie nicht mehr vergeben. Der Widerstand gegen die Torfindustrie ist zu groß. Und so geht der Torfabbau in Deutschland langsam seinem Ende entgegen, obwohl er gar nicht ausdrücklich verboten ist.

Selbst Ökogärtner brauchen Torf

Erdpresstopf aus Torf.
Für die Jungpflanzenzucht sind Erdpresstöpfe aus Torf ideal. | Bild: NDR

Doch noch kann der professionelle Gartenbau auf Torf nicht verzichten, auch Ökogärtner Michael Homann nicht. Er betreibt eine Gärtnerei in der Nähe von Verden und braucht den Torf, um damit klebrige kleine Töpfchen für die Jungpflanzenzucht herzustellen. Die zieht er bis zu einer gewissen Größe heran und liefert sie dann Gärtnereien, die sich darauf spezialisiert haben, zum Beispiel Feld- oder Kopfsalat bis zur Erntereife zu bringen. Die Pflänzchen würden zum Beispiel auch auf Steinwolle wachsen, nur kann man sie darin nicht direkt in den Boden setzen, ohne ihn zu ruinieren. Michael Homann konnte seinen Torfverbrauch mit Ersatzstoffen schon um 30 Prozent Torf senken. Das brachte seinem Betrieb ein Ökolabel ein. Mehr geht nicht, bis jetzt. Täglich frisches Obst und Gemüse aus dem Supermarkt, Torf ist dafür die Voraussetzung. Auch wenn wir auf torffreie Erden für unsere Balkonpflanzen achten, heißt das noch lange nicht, dass wir keinen Torf verbrauchen. In jedem Feldsalat, in jeder Gurke und Tomate steckt ein bisschen Torf.

Braunes Gold aus dem Baltikum

Torfabbau im Baltikum
Torfabbau im Baltikum | Bild: NDR

Die Gärtner können also auf Torf (noch) nicht verzichten, doch der Nachschub aus Deutschland versiegt allmählich. Neue Abbaulizenzen werden aus Umwelt- und Klimaschutzgründen so gut wie nicht mehr vergeben. Die deutsche Torfindustrie ist deshalb längst ins Baltikum ausgewichen. Dort ist Torf noch massenhaft verfügbar und günstig zu ernten. Die baltischen Staaten sind zwar Mitglied der EU und daher gelten dort die gleichen europäischen Umweltstandards wie in Deutschland. Auch im Baltikum dürfen lebende Moore also nicht trockengelegt werden. Die deutschen Firmen sind hier nur auf Flächen tätig, die bereits von den russischen Besatzern trocken gelegt und ausgebeutet wurden. Trotzdem sind die Bedingungen für die Torffirmen im Baltikum viel besser. Es ist hier leichter, Lizenzen für den Torfabbau zu bekommen. Widerstand von Umweltschützern gibt es praktisch nicht. Und die abgetorften Flächen müssen anschließend nicht zwingend renaturiert werden, was in Deutschland inzwischen der Fall ist. Solange günstiger Torf aus dem Baltikum kommt, ist der Druck auf die Erzeuger, nach Ersatzstoffen zu suchen, also nicht besonders hoch.

Autoren: Susanne Brahms, Rainer Krause (NDR)

Stand: 20.10.2018 11:35 Uhr