SENDETERMIN Sa., 12.06.21 | 23:35 Uhr | Das Erste

Grüner Daumen

PlayChristian Rommert
Pastor Christian Rommert: Grüner Daumen | Bild: WDR


Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
morgen ist der Tag des Gartens. Ich weiß nicht, ob das wichtig ist für Sie. Ich jedenfalls, ich bin ein schrecklicher Kleingärtner. Ich hab einfach keine Geduld dafür. Unkraut jäten und Obstbäume schneiden, puh - ne! Aber zum Glück: Unser Haus hat nur ein klitzekleines Grundstück. Ein paar Quadratmeter Rasen, die ich mähen muss. Und ab und zu schneide ich einen Zweig ab. Genauso passt das für mich!

Aber ich habe das Gefühl, ich gehöre gerade zu einer Randgruppe mit meiner Ignoranz gegenüber Gartenarbeit. Alle wollen plötzlich einen Schrebergarten. Während Corona entdecken sie ihren grünen Daumen. Selbst meine erwachsene Tochter hat sich mit ihrem Freund ein Hochbeet gebaut.

Das Gleichnis vom Sämann kommt in den Sinn

Am liebsten hätte ich den Beiden gesagt: Lasst es! Und als studierter Pastor hätte ich ihnen noch die Geschichte erzählt vom Sämann aus der Bibel. Denn selbst so ein Hochbeet kann schnell sehr anstrengend werden! Bei meiner Tochter hab ich sie für mich behalten, diese biblische Geschichte. Aber hier erzähl ich sie einmal: Ein Sämann sät seine Samen. So erzählt es Jesus: Aber kaum hat sich der Sämann umgedreht, kommen die Vögel und fressen die Samen auf…. Siehste! Ich erinnere mich gut, wie ich mal versucht habe, aus unserem kaputten Bolzplatz hinterm Haus eine Grünfläche zu machen. Ich hatte die Rasensamen ausgesät, aber kurz danach schau ich aus dem Fenster: Da sitzen schon die Tauben und Spatzen und picken alles weg!

Zweiter Versuch des Sämanns. Jesus erzählt: jetzt fallen die Samen auf steinigen Boden. Es fehlt Wasser und so verdorren sie. Die letzten Sommer konnte ich gießen, wie ich wollte, die Blätter blieben braun. Irgendwann habe ich aufgegeben. Der Sämann aus der Bibel versucht es ein drittes Mal. Dieses Mal ist das Unkraut zu groß und die Samen sind zu schwach. Es wächst einfach nichts. Ich hätte jetzt definitiv keine Lust mehr! Doch mit dem letzten Rest, den der Sämann noch hat, sät er auf gutem Boden und es wächst und es gibt am Ende genug, um davon gut zu leben. Jesus erzählt diese Geschichte, weil er deutlich machen will, dass es Geduld braucht, bis etwas Neues aufblüht und wächst. Spannend!

Hat Corona die Welt zum Besseren verändert? Oder uns?

Denn bei ihm steht es drei zu eins für das Klappt-eh-Nicht! Und doch lohnt es sich! Eine Eins-zu-Drei Chance, dass etwas Gutes wächst! Oder wie Jesus das nennt: dass das Reich Gottes, die neue Welt Gottes aufblüht. Eins zu drei! Das entspricht in etwa auch meiner mühevollen Erfahrung mit der Gartenarbeit. Das entspricht in etwa meiner Erfahrung mit Veränderungen zum Guten! Was haben wir am Anfang gehofft: Corona ist eine Chance!

Hat Corona uns zu besseren Menschen gemacht? Impfneid! Alt gegen jung! Machtmissbrauch und Maskenskandale. Veränderung zum Guten? Drei zu eins für das Negative. Da ist vieles wieder weggepickt worden oder vertrocknet.

Drei zu eins. Deshalb bin kein begeisterter Gärtner. Aber was meinen Glaube an das Gute angeht? Was meinen Glauben daran angeht, dass ein dankbareres, achtsameres, liebevolleres Leben möglich ist, da bleib' ich begeistert – drei zu eins heißt auch immer eins zu drei, dass immer etwas Gutes übrig bleibt. Das Gleichnis, das Jesus erzählt, macht mir Mut für das Aussäen von Menschlichkeit und Liebe. Drei zu Eins – das heißt, etwas fällt immer auf das gute Land. Und dieses Etwas ist mehr als nichts und darauf, darauf kommt es an!

Sendetermin

Sa., 12.06.21 | 23:35 Uhr
Das Erste

Produktion

Westdeutscher Rundfunk
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DasErste