Claudia Eisinger | Dr. Viktoria Wex

Bei Viktoria (Claudia Eisinger) kommen schmerzhafte Erinnerungen hoch.
Bei Viktoria kommen schmerzhafte Erinnerungen hoch. | Bild: ARD Degeto / Krzysztof Wiktor

Frau Eisinger, Sie spielen die Kriminaltechnikerin Dr. ­Viktoria Wex im "MasurenKrimi". Wer ist diese Frau? Wie würden Sie ihren Charakter beschreiben?

Viktoria Wex ist eine in ihrem Gebiet an Genialität grenzende Wissenschaftlerin. Sie sieht die Welt wie durch eine verschobene Linse, scannt ihre Umgebung intuitiv nach wissenschaftlich verwertbaren Fakten, sämtliche ihrer Sinne sind darauf geschärft. Diese Besonderheit führt dazu, dass Viktoria im sozialen Kontakt sehr "eigen" ist. Sehr direkt, vermeintlich unnahbar, was ihre Umgebung leicht irritieren oder vor den Kopf stoßen kann. Viktoria geht Emotionen gerne aus dem Weg, ihr Leitfaden im Leben sind wissenschaftliche Fakten. Das liegt auch an ihrem erlittenen Trauma: Viktorias Ehemann Felix ist gestorben. Er war einer der wenigen Menschen in Viktorias Leben, der ihr je wirklich nah war. Wider Willen wird Viktoria von ihrer Vergangenheit verfolgt, in Visionen und Flashbacks, wodurch sie gezwungen ist, sich mit genau den Welten, vor denen sie sich mit aller Macht fernhalten will, zu konfrontieren: ihren Emotionen und der Welt des Unsichtbaren und Unerklärlichen.

Was hat Sie an der Rolle überzeugt? An welcher Stelle des Drehbuchs hat es "Klick" gemacht?

Mich hat genau dieses Spannungsfeld interessiert: eine Figur die sich an Wissenschaft und Fakten festhält und gleichzeitig einen so großen Zugang zu ihrer Intuition und der metaphysischen Welt hat, ohne dass sie das möchte oder es ihr bewusst ist. Wobei letzteres im Film ja nur als kurze Flashbacks-Momente auftaucht. Aber dieses innere Spannungsfeld war mein Geheimnis als Spielerin, mit der ich Viktoria aufgeladen habe. Außerdem mag ich Figuren, die "schwer zu nehmen" sind, die sperrig sind, nicht unbedingt sofort gemocht werden, weil sie eigen, nonkonform sind.

Sie sind schon in die verschiedensten Rollen geschlüpft. Jetzt spielen Sie eine Kriminaltechnikerin, die aus Berlin zurück an den Ort ihrer Kindheit kehrt. Ist es Ihnen leicht gefallen, sich der Figur Viktoria zu nähern?

Was mögen Sie an ihr, was ist ihnen fremd? Viktoria war beides, vertraut und fern zugleich. Sie war mir sofort sehr nah, weil ich ihre tiefen Wunden verstanden habe und weil ich mich leicht in jemanden hineinversetzen konnte, der eine sehr eigene Wahrnehmung der Welt hat. Und sie war mir fremd zugleich. In der Art zu denken und zu interagieren, in ihrer Sprache, in ihrer Art mit Emotionen umzugehen. Vieles über sie musste ich erst herausfinden.

Viktoria kehrt im ersten Film "Fryderyks Erbe" in das Haus zurück, in dem sie in Geborgenheit und Liebe aufgewachsen ist. Doch jetzt ist alles anders, das Haus ist sogar Schauplatz eines Mordes. Wie geht Viktoria damit um, dass ihre Kindheit und ihre Profession sich plötzlich so vermischen?

Sie ist damit absolut im inneren Kampf. Auf der einen Seite möchte sie so schnell wie möglich wieder nach Berlin, sich nicht zu sehr verstricken. Unbewusst möchte Viktoria sich immer davor schützen, sich in Emotionen zu verlieren. Sie weiß, wenn diese Tür einmal aufgestoßen ist, könnte sie vom Trauma ihrer Vergangenheit verschluckt werden. Und Fryderyk ist ein sehr wunder Punkt in ihrem Leben. Neben Felix wahrscheinlich der einzige ihr wirklich nahe Mensch. Auf der anderen Seite ist nach kürzester Zeit ihr wissenschaftlicher Spürsinn aktiviert, und ihre fast schon manische Besessenheit die Wahrheit herauszufinden. Da dieser Mordfall unmittelbar mit Viktorias eigener Vergangenheit und persönlichen Leben zu tun hat, begibt sie sich emotional auf sehr dünnes Eis. Das weiß sie und sie tut alles dafür sich nicht bewusst mit ihrer persönlichen Geschichte auseinandersetzen zu müssen, sondern Fakten aufzudecken. Dies gelingt ihr aber nur sehr bedingt. Die Vergangenheit holt sie ein.

Viktoria hat bereits einen schweren Schicksalsschlag erlitten, sie hat ihren Mann verloren. Was ist passiert? Wie verarbeitet sie dieses Trauma?

Felix war ebenfalls bei der Kriminalpolizei in Berlin als Kommissar. Viktoria und er haben zusammen gearbeitet. Felix leitete eine Sondereinheit, die mafiöse Strukturen der chinesischen Mafia in Deutschland bekämpft. Nach Felix’ Tod hat Viktoria sich in inneres Exil begeben. Der Schmerz und die Erinnerung sind tief in ihr eingeschlossen. Sie teilt ihr Inneres mit niemandem, nicht mal mit Fryderyk. Das Einzige, woran Viktoria sich festhält, ist ihre Besessenheit, den Mörder ihres geliebten Mannes zu finden.

Viktoria steht vollendeten Tatsachen ebenso misstrauisch gegenüber wie Gefühlen, für sie ist die Wissenschaft die einzige ‚Religion‘. Eine gesunde Einstellung?

Ich betrachte das komplett wertfrei. Ich glaube, jeder muss seinen eigenen Weg finden, durch diese Welt zu navigieren. Auch wenn Viktorias Weg nicht meiner ist, habe ich tiefen Respekt für ihre Eigenheit. Ich mag an ihr, dass sie sich eine Wahrheitsinstanz geschaffen hat, die sie von anderen Menschen, Systemen, Autoritäten unabhängig macht.

Ein Ermittlungsteam wider Willen: Leon Pawlak und Dr. Viktoria Wex könnten auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein. Wie entwickelt sich das Verhältnis zwischen den beiden?

Viktoria hält zu Beginn nicht viel von Leon bzw. er ist ihr egal. Notgedrungen beginnt sie mit ihm zu kooperieren. Leon begegnet dem mit seiner Herzoffenheit und vor allem der Fähigkeit, hinter Viktorias Barrikaden zu schauen. Er scheint sie in ihrem Kern zu erkennen und ist fasziniert von ihr. Und ohne dass Viktoria das bewusst ist, beginnt sie sich zu öffnen und Leon Stück für Stück zu vertrauen. Sie werden zu Verbündeten.

Im zweiten Film "Fangschuss" arbeiten Sie mit Wisenten. Kannten Sie die Tiere schon vorher? Sind Sie während des Drehs einem Wisent näher gekommen?

Mir war der Begriff "Wisent" tatsächlich nicht bekannt. Ich kannte "Bison". Ja, während des Drehs sind wir Wisenten näher gekommen. Sie haben etwas von einem Urtier und strahlen große Ruhe aus.

Was hat Sie in Masuren besonders beeindruckt?

Es ist, als ob man dort in eine Zeitlosigkeit eintaucht. Die Weite und Unberührtheit der Masuren war extrem wohltuend für mich. Die Natur ist von unfassbarer Schönheit.

Jedes Land hat seine eigene Küche. Haben Sie ein polnisches Lieblingsgericht für sich entdeckt?

Borschtsch vegetarisch.

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