Im Gespräch mit Katrin Sass
Sie spielt die Hauptrolle in "Mörderhus – Der Usedom-Krimi"

"Mörderhus" ist ein eisig grauer Winterfilm. Glückwunsch, man sieht Ihnen im Film nicht an, wie sehr Sie bei den Außendrehs gefroren haben müssen.
Danke, es war wirklich klirrend kalt auf Usedom. Anfangs dachte ich, schade, dass wir nicht im Sommer drehen. Ich könnte schwimmen gehen. Dann wurde mir klar, im Winter sind nur wenige Touristen auf der Insel. Wir mussten die Drehorte nicht ständig absperren. Und wir lernten viele Einheimische kennen, die einen sehr gelassenen Eindruck machten. Auf meinen Spaziergängen habe ich wieder Heimat gespürt. Die Uhren tickten langsamer. Ich fühlte mich tatsächlich freier. Usedom strahlte eine unglaubliche Weite und Ruhe aus. Ich bin einen Monat lang geblieben und habe auch die drehfreien Tage auf der Insel verbracht.
Haben Sie im Vorfeld länger als sonst über ihre Rolle gesprochen? Schließlich ist "Mörderhus" der Auftakt zu einer Reihe.
Wissen Sie, ich halte nicht so viel von ausgiebigen Leseproben und von langen Gesprächen im Vorfeld. Wenn die Kamera läuft, verändert sich alles. Dann steht mir der Partner gegenüber, dann sind Gefühle im Spiel. Am Tisch ist alles Theorie. Ich mache das immer wieder brav mit, obwohl ich denke, beim Drehen sieht die Welt ganz anders aus.
Die Tochter will wissen, warum ihre Mutter zur Mörderin wurde. Auch die Zuschauer erwarten Antworten. Aus welchem Grund schweigt die Frau?
Es ist ja das Besondere an "Mörderhus", dass nicht alles der Reihe nach aufgelöst wird. In deutschen Fernsehkrimis wird immer alles genau erklärt – das ist der Grund hierfür, das ist der Grund dafür. Und wo waren Sie zwischen 7 und 17 Uhr? Aha. Wie langweilig! Im ersten Teil von "Mörderhus" bleiben noch viele Fragen offen. Die Figuren geben ihre Geheimnisse nicht gleich preis. Dieses Mysteriöse des Films gefällt mir sehr. Am Set habe ich manchmal zu Regisseur Andreas Herzog gesagt: "Lass die Frau doch einfach nichts sagen, lass die Bilder sprechen! Man versteht die Szene auch ohne Worte." Wunderbarerweise sah Herzog das genauso. Dieses Gerede in Fernsehfilmen macht mich noch ganz kirre. Und es erstickt die Fantasie der Zuschauer.
Begegnen Sie allen Figuren, die Sie spielen, mit Sympathie?
Das ist wohl so. Selbst an einer ausgebufften, grausamen Mörderin, die ich gerade in einer Knastserie gespielt habe, konnte ich sympathische Züge entdecken. Und sie tat mir leid, obwohl sie einfach nur böse ist. Beim Spielen wollte ich erreichen, dass die Zuschauer sie wenigstens ein Stückchen mögen. Also musste ich sie auch ein bisschen lieben.
Was empfinden Sie für Karin Lossow?
Die Staatsanwältin ist für mich eine außergewöhnlich starke, entschlossene Frau. Sie hat ihre Strafe abgesessen, muss aber mit einer ewig währenden Schuld leben. Sie könnte von Usedom fliehen, ihre Familie verlassen, woanders die Fühler neu ausstrecken – aber nein, sie geht zurück ins Mörderhaus. Allein. So beginnt der Film. Sie schlägt quasi einen Pflock ein, mit enormer Wucht. Sie sagt ihrer Familie: Ich will euch zurück, aber wenn ihr nicht wollt, mache ich ohne euch weiter.
Ist "Mörderhus" ein Frauenfilm?
Natürlich. Es geht um drei Frauen, Mutter, Tochter, Enkelin, die aus dem gleichen Holz geschnitzt sind. In deutschen Fernsehfilmen steht ja meistens der Mann im Vordergrund. Um ihn herum werden die Frauen besetzt. Diese männliche Fixierung hat in den letzten Jahren sogar noch zugenommen. Umso schöner, dass hier die Frauen im Zentrum stehen. "Mörderhus" erinnert mich in gewisser Weise an meine Defa-Jahre Anfang der Achtziger, als wir fürs Kino viele Frauengeschichten erzählt haben. In den Filmen "Bis dass der Tod euch scheidet" oder "Bürgschaft für ein Jahr" ging es um Frauen in der Gesellschaft, Konflikte in der Ehe, häusliche Gewalt. Noch heute müssen Frauen um ihre Rechte kämpfen, ob in der Politik oder in der Kunst. Sie werden für ihre Arbeit schlechter bezahlt. Wie kann das sein? Es ist absurd.
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