Gespräch mit Katrin Sass
(spielt die Ex-Staatsanwältin Karin Lossow)

Das Leben von Karin Lossow ändert sich massiv. Was passiert und wie geht sie damit um?
Ein neues Leben beginnt. Wieder einmal. Für Karin Lossow beginnt eigentlich jede Woche ein neues Leben. Sie hat schon so viel erlebt und sie musste sehr harte Einschläge verarbeiten: Ob es der untreue Mann war, den sie im Affekt erschoss, und die Jahre im Gefängnis, die folgten. Ob es die Tochter war, die umgebracht wurde, oder ob es die Enkelin ist, die nicht mehr zurückkommt. Nun ist es die neue Liebe, die bröckelt, und ihr Haus, das abbrennt. Mit dem Verlust ihres Zuhauses endet auch das familiäre, freundschaftliche Zusammenleben mit Ellen und ihrem kleinen Sohn Jesper, die sich etwas Neues suchen muss. Karin geht durch große Aufs und Abs. Aber sie hat gelernt, Schicksalsschläge anzunehmen und damit zu leben. Irgendwie! Zugleich beginnt ein Lebensabschnitt, der ihr so etwas wie ein neues Familienleben bringen kann. Ihr Neffe Rainer Witt, Ellens Kollege im Kommissariat, nimmt Karin bei sich auf. Vorübergehend, bis sie eine Wohnung oder ein Haus gefunden hat. Rainers Lebensgefährtin und die Kinder sind inzwischen auf die Insel gekommen und Karin muss ihren Platz in dieser Familie finden. Ob ihr das gelingt, ob die Liebe zu Gadocha doch hält, wie sich das Verhältnis zu Ellen entwickelt – die Zuschauerinnen und Zuschauer dürfen gespannt sein, was die nächsten Folgen erzählen.
Sie haben seit 2014 am Motiv „Mörderhus“ gedreht, einem alten Reetdachhaus, das in Wirklichkeit das Atelier der Keramikkünstlerin Astrid Dannegger im Dörfchen Morgenitz beherbergt. Warum nun der Wechsel?
Astrid Dannegger war über all die Jahre eine fantastische Gast- und Motivgeberin. Unser ganzes Team hat das „Mörderhus“ sehr geliebt. Aber über Tage ein 40-köpfiges Drehteam um sich zu haben, ist keine Kleinigkeit. Da ist doch eine Menge los, und es gibt viel Unruhe. Frau Dannegger hat die Dreharbeiten rund um ihr Haus durchaus genossen, sie mochte die Gespräche, aß mit uns am Cateringwagen zu Mittag. Doch nun wurde es ihr ein bisschen viel. Zumal Corona die Drehbedingun - gen nicht gerade erleichtert hat. Sie hatte zuletzt Sorge, dass wir ihr – trotz eines umfangreichen Hygienekonzepts – Corona ins Haus tragen. Es gab im vergangenen November noch keine Impfungen, nur Tests. Es wurde schon sehr anstrengend für sie. Und nun gönnen wir ihr die Ruhe. Es war eine unheimlich schöne Zeit bei Astrid Dannegger und ich war, als das Haus im Film abbrannte, wirklich traurig. Es ging mir emotional nah, denn das „Mörderhus“ war auch ein Stück Filmheimat auf Usedom.
In der ersten Folge „Entführt“ wird Ellens Sohn Jesper entführt. Und zwar von Ellens Mutter Patrizia. Karin kommt bei der Ermittlung eine wichtige Rolle zu. Welche und warum?
Auf den Bildern einer Überwachungskamera erkennt Karin Lossow in der Entführerin ihre Jugendfreundin Patrizia Hardt wieder – Ellens Mutter, die vor 30 Jahren spurlos verschwand. Und so gerät Karin – wieder mal – mitten in einen Fall, weil sie die Einzige ist, die etwas über Patrizia weiß. Es stellt sich raus, dass Ellens Mutter unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidet. Karin hatte schon damals gemerkt, dass mit ihrer Freundin etwas nicht stimmt. Nun versteht sie besser, was Patrizia antreibt, warum sie handelt, wie sie handelt – getrieben von Neid einerseits und dem starken Gefühl andererseits, dass andere die Schuld an Patrizias Scheitern im Leben tragen. Gefühle, die der Lossow komplett fremd sind. Schließlich schafft sie es mit ihren Mitteln, das Kind zu retten und Patrizia zu konfrontieren. Der Showdown zwischen den beiden Frauen wird gruselig. Aber es war ein großartiger Dreh! Felix Herzogenrath hat eine wirklich tolle Regiearbeit geleistet.
Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit Marion Kracht erlebt?
Ich kannte Marion Kracht nicht persönlich. Zunächst dachte ich: Das wird etwas Kühles werden. Wir werden den Film abdrehen und dann auf Wiedersehen sagen. Irrtum. Es ist etwas Wunderbares zwischen uns entstanden. Sie hat die Rolle der Patrizia großartig gespielt und mit sehr sparsamen, sensiblen Mitteln diese psychisch kranke Frau verkörpert. Fantastisch, wie sie das gemacht hat. Und auch menschlich war es eine sehr schöne Begegnung. Wirkliches Teamplay zwischen uns. Vor Beginn der Dreharbeiten hat sie mich besucht, damit wir uns kennenlernen konnten. Wir haben uns auf Anhieb verstanden und einen ganzen Nachmittag verschwatzt. Den Besuch werde ich bald erwidern. Wir wohnen ja beide in Berlin.
Die Beziehung zu Gadocha scheitert. Was bringt die beiden auseinander?
Es schmerzt ganz doll, weil Karin in Gefühlsdingen einfach doof ist. Es fällt ihr schwer, sich zu öffnen, auf Gadocha zuzugehen und ihn zu bitten: „Gib mir noch eine Chance. Ich liebe Dich!“. Das kriegt sie einfach nicht hin. Gadocha geht, weil sie ihm immer wieder den kleinen Finger hinhält, aber dann die Hand ganz schnell zurückzieht. Das hält er nicht aus. Und sie überschreitet in der Folge „Entführt“ eine Grenze. Zwar, um das Kind zu retten, aber sie geht zu weit. Am Ende bleibt ein großes Fragezeichen. Siegt vielleicht doch die Liebe? Wir werden sehen.
Im Fall „Ungebetene Gäste“ steht Saskia Bernard im Mittelpunkt, die von einem Auto angefahren und fast getötet wird, „Langer Abschied“ erzählt von einer HippieClique, die in die Jahre gekommen ist. Wie kommt Karin Lossow in diese Fälle?
Karin ist mit einer Rauchvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert worden. Dort lernt sie Saskia kennen, die früher als Krankenschwester gearbeitet hat und die sich um ihren Mann kümmert, der im Wachkoma liegt. Saskias Schwiegermutter ist Maklerin und sollte Karins Haus verkaufen. Es gibt also eine Verbindung zwischen den beiden – und auf Anhieb Sympathie. Das weckt Karins Interesse an einer Antwort auf die Frage, wer Saskia überfahren hat – und warum. In „Der lange Abschied“ behauptet sie, den Alt-Hippie Ulf von früher zu kennen. Ulf wird verwirrt und mit einem Mordgeständnis auf den Lippen in einem Wald auf der polnischen Seite Usedoms aufgegriffen – also ist Kommissar Lucjan Gadocha zuständig. Zur Notlüge greift sie einzig und allein, weil sie an Gadocha dranbleiben will, und so gerät sie wieder in einen Fall, denn kurz darauf wird eine der beiden Hippie-Frauen tot aufgefunden. Wie sagt Staatsanwalt Dr. Brunner so schön: „Ich frage mich, warum wieder einmal eine vorbestrafte Zivilistin zur Wahrheitsfindung beiträgt.“ Das macht die Figur der Karin Lossow für mich so reizvoll. Die Suche nach den Wahrheiten hinter dem Vordergründigen.
Es gibt einen neuen Mitspieler an Ihrer Seite, einen vierbeinigen. Wie ist es, mit dem eigenen Hund zu drehen?
Das ist das Beste auf der Welt! Mein Hund ist auch der Beste auf der Welt. Und er ist der klügste, der begabteste, der intelligenteste dazu – sagt zumindest die Hundetrainerin. Denn auf mich hört Lucky so gar nicht. Die Hundetrainerin war eher eine Hundeflüsterin. Sie hat sich nur hingesetzt, hinter der Kamera die Hand gehoben und einfach „ruhig, Brauner“ gesagt. Und der Braune saß, mit 40 Leuten um ihn herum. Bei mir zu Hause dreht er schon mal durch und zerreißt alle Schuhe. Und hier hat Lucky alles gemacht, was und wie er sollte. Unglaublich! Es war eine große Freude!
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