»Der vermeintliche Gegensatz von Recht und Gerechtigkeit ist ein sehr altes Problem. Gerechtigkeit ist ein Ziel, so wie 'Glück' oder 'Liebe' ein Ziel des Lebens ist. Wir streben danach, es ist unsere Natur, das zu tun. Aber Gerechtigkeit entsteht nicht dadurch, dass wir sie uns wünschen, sie ist keine Folge von Sentimentalität, sie wird nicht aus Wut, Rache oder Angst geboren.
Es gibt viele Gerichtsgebäude, in denen irgendwo der Satz steht: 'Durch Recht zur Gerechtigkeit'. Ich weiß, so ein Satz klingt abstrakt; wir wünschen uns einfachere Antworten. Aber die gibt es nur im Märchen. In der Wirklichkeit wird ein Mann freigesprochen, weil ein bestimmtes Beweismittel nicht verwertet werden darf. Wir halten den Mann für den Mörder, wir glauben zu wissen, was er getan hat. Die Prozessordnung lässt aber nicht zu, dass er verurteilt wird. Das ist schwer erträglich. Es erscheint uns ungerecht, wir sind empört. Die Boulevardpresse wünscht sich dann einen Richter, der endlich mal auf den Tisch haut und sagt, dass er in diesem Fall über den lächerlichen Formfehler hinweggeht und die Prozessordnung nicht anwendet. Der Film bietet den Zuschauern dagegen die Möglichkeit, beide Seiten zu sehen und zu verstehen, dass die Dinge oft nicht so einfach sind, wie sie im ersten Moment scheinen. Heute sind Parolen und Gebrüll wieder populär. In einer Welt, die ganz aus den Fugen geraten ist, in der eine TwitterKampagne Leben zerstören kann und die Jahrmarktsrohheit radikaler Parteien unveräußerliche Rechte missachtet, scheint es mir notwendig, solche Fragen zu stellen. Wenn das, was ich schreibe, eine Bedeutung hat, dann liegt sie darin, dass meine Texte versuchen, die Würde des Menschen zu verteidigen. Sie kann den Hass und die Dummheit lösen, sie ist lebensfreundlich, weil sie von unserer Endlichkeit weiß, und erst durch sie werden wir in einem tiefen und wahren Sinn menschlich.«
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