Drei Fragen an Regisseur Martin Enlen

Dr. Sina Kunz (Neda Rahmanian, li.) und Martina (Katja Studt).
Dr. Sina Kunz und Martina.

Die Dreharbeiten zu dem Film mussten wegen des ersten Corona-Lockdowns unterbrochen werden. Was macht das mit einem Team, wenn mehrere Monate zwischen den Dreh-Abschnitten liegen? Wie geht man als Regisseur damit um?

Martin Enlen: Tatsächlich war dieser Drehstopp ja wie noch keiner zuvor, in unser aller Drehleben, da es keinerlei Erfahrungswerte dafür gab, und wir im Umgang mit der Situation alle gemeinsam Neuland betraten. Aber möglicherweise ist man da als Filmschaffender ein wenig im Vorteil, da wir durchaus gewöhnt sind, uns spontan und kurzfristig auf ungewohnte Situationen einzustellen. Insofern sind wir, natürlich im Rahmen unserer Möglichkeiten und mit der gebotenen Vorsicht, auch gleich sehr lösungsorientiert an die neuen Verhältnisse herangetreten. Bei all dem Drama, das die ganze Situation in sich barg, war da also auch immer der unbedingte Wunsch und Wille, wieder zu arbeiten und diese neue Herausforderung gemeinsam anzugehen. Diese Grundhaltung half schon sehr, mit der Situation umzugehen - man hatte dadurch immer ein klares Ziel vor Augen, auch wenn man ja erstmal nicht wusste, wie man wieder vernünftige und für alle sichere Drehbedingungen herstellt. Es war also eher eine Frage des „Wann“ und „Wie genau“ geht es weiter, aber eben nicht, ob es überhaupt weitergeht. Sehr viele Mitarbeiter*innen haben dazu beigetragen, dass dies dann relativ bald wieder möglich war. Selten habe ich ein so starkes Gemeinschaftsgefühl bei einem Dreh gespürt, und diese große Lust an der Arbeit, die wir da ausüben dürfen.

Meine Aufgabe war es auch, die „Spannung“ zu halten über die Zeit des Wartens, und dann den Film so fortzusetzen, dass man ihm die Unterbrechung eben nicht anmerkt, und ich denke, das ist auch gelungen. Meinen großen Respekt zolle ich aber weiterhin dem gesamten Schauspieler-Ensemble, denn sie waren es, die – damals noch ohne irgendeinen Impfschutz und auch ganz ohne Masken – wieder vor die Kameras traten, und dabei auch die dramaturgisch so wichtige körperliche Nähe zuließen. Ich bin wirklich sehr dankbar, dass „Die Luft, die wir atmen“ nun doch genau der Film geworden ist, den ich, den wir alle, auch schon vor dem Drehstart, also vor Corona, machen wollten!

Am Anfang des Films gibt es eine Szene, in der eine Bewohnerin des Heims verstorben ist. Dabei inszenieren Sie den Tod beklemmend und würdevoll zugleich, auch die Pflegerin und die Heimleiterin zeigen trotz aller professionellen Distanz Emotionen und Respekt gegenüber der Toten. Ist dieser Umgang mit dem Tod Wunschdenken oder gibt es ihn auch in der Realität?

Ob es diesen Umgang mit dem Tod wirklich genau so in der Realität der Alten- und Pflegeheime gibt, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Er entspricht aber ganz sicher dem, wie ich es mir wünschen würde, und auch dem, was wir mit diesem Film erzählen wollen. Dieser Film ist ganz sicher keine Dokumentation über den Zustand in deutschen Altenund Pflegeheimen. Aber vielleicht ist er auch gar nicht so fern von der Realität, wie man sie ja sicher sehr unterschiedlich wahrnehmen kann. In jedem Fall ist dieser Umgang mit dem Tod die Realität in der Geschichte, die wir hier erzählen - und ich bin sehr sicher, dass so manche Pflegekraft sich auch schon allein, in der Stille eines Raumes, von dem Menschen verabschiedet hat, den er und sie während der letzten Tage und Wochen begleitet hat.

Der Film wurde als „grüner Dreh“, also mit einem besonders hohen Augenmerk auf Nachhaltigkeit, umgesetzt. Hat Sie das künstlerisch eingeschränkt und gab es besondere Herausforderungen?

Die größten Herausforderungen bei einem „grünen Dreh“ stellen sich ganz sicher für die Produktionsleitung und tatsächlich deutlich weniger für mich als Künstler. Eingeschränkt in meiner künstlerischen Gestaltung und Freiheit habe ich mich nie gefühlt, es gab nichts, was nicht möglich gewesen wäre. Der Weg dahin war manchmal ein anderer oder eben auch ein ungewohnter. Ich empfinde solche Herausforderungen als spannend und bereichernd und als Teil unseres Arbeitslebens. Viel wichtiger war mir aber, dass es überhaupt möglich war, einen Dreh „grüner“, und somit umweltfreundlicher und bewusster zu gestalten. Denn eigentlich sollte es selbstverständlich sein, oder zumindest schnellstens werden, genauso achtsam und nachhaltig zu arbeiten. Ja, ich wünsche mir wirklich, dass all diese „Maßnahmen“ einfach selbstverständlicher Alltag werden und nichts, was man als „unangenehme Kraftanstrengung“ versteht.

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