Maria Schrader zu ihrem Film

"Ich bin dein Mensch"
Autorin und Regisseurin Maria Schrader mit Maren Eggert und Dan Stevens, den Hauptdarstellern der Near-Future-RomCom "Ich bin dein Mensch" | Bild: SWR / Christine Fenzl

»Ich hatte aus der Ferne von einer Kurzgeschichte gehört, die verfilmt werden sollte. Ich wusste nicht mehr als »Frau trifft Roboter» und habe mein Interesse bekundet. Diese simple Logline war nur zwei Schritte entfernt von Billy Wilders berühmtem »Boy meets Girl», allerdings zwei große Schritte: »Girl meets Boy« und »Girl meets Robot-Boy».

Zwischen der Produzentin Lisa Blumenberg, den Redakteur*innen Jan Berning und Katharina Dufner sowie den Autor*innen Jan Schomburg und mir begann ein kreativer Dialog, der den Film bis zur Fertigstellung unterstützte.

Der Traum vom künstlichen Menschen ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. In der Antike war es noch ein mythisch-künstlerischer Schaffens-Akt, der die Hilfe der Götter brauchte. Prometheus erschuf Menschen aus Lehm und Wasser, der Künstler Pygmalion baute eine weibliche Statue, verliebte sich in sie und bat die Göttin Aphrodite, ihr Leben einzuhauchen. Aber mit wachsendem Vertrauen in die eigene Kompetenz nahm der Mensch die Erschaffung seines Ebenbilds den Göttern aus der Hand. Von den ersten mechanischen Automaten bis zur gegenwärtigen Entwicklung künstlicher Intelligenzen scheint jegliche Transzendenz oder göttliches Zutun verschwunden.

Sollte es aber tatsächlich dazu kommen, dass Roboter Lebens- und Liebespartner für den Menschen sein können, bekommen die Fragen nach dem »Geheimnis des Lebens», nach der Seele, nach Empfindung und Bewusstsein wieder zentrale Bedeutung.

Oft bewegen sich die Geschichten um den künstlichen Menschen im Spannungsfeld zwischen Faszination und Schrecken. Der Mensch spielt Gott und erschafft sich Untertane. Zugleich bekommt er Angst, seine künstliche Schöpfung könnte unkontrollierbar und ihm überlegen sein. Viele Erzählungen, vom mittelalterlichen Golem bis »Ex Machina» enden mit Zerstörung und Tod.

Tom ist weiterentwickelt als seine künstlichen Vorgänger. Er ist den Menschen in fast allem überlegen, zugleich aber frei von persönlicher Ambition, frei von Angst, frei von Freiheitsdrang. Von ihm geht keine Gefahr aus. Tom ist vielleicht der ultimative Untertan. Aufgeklärt und einverstanden mit der Tatsache, dass sein Auftrag seine Existenzberechtigung ist. Sein Auftrag wiederum ist nichts Geringeres als die schönste Sache der Welt: Einen Menschen glücklich machen. Als perfekter Lebenspartner programmiert, mit individuell passenden Charakterzügen und Eigenschaften ausgestattet, soll er die Einsamkeit vertreiben, die Sehnsucht nach Vertrauen und Liebe erfüllen und käuflich zu haben sein – eine Idee, die Alma vehement verabscheut. Roboter sollen Flugbahnen und Ampelschaltungen überwachen, Rasen mähen und Schließanlagen kontrollieren. Aber die Liebe, das wahre Gefühl, das Glück und das Unglück ist in ihren Augen allein dem Menschen vorbehalten.

Alma verteidigt die Idee der romantischen Liebe, der Unabhängigkeit, des sogenannten freien Willens. Tom ist in ihren Augen nichts weiter als eine Erfüllungsmaschine ihrer Bedürfnisse. Kein Gegenüber, nur eine hohle Illusion.

Alma konfrontiert uns (und sich selbst) mit den Paradoxien des menschlichen Begehrens. Ist es ein zentraler Wesenskern der menschlichen Existenz, dass immer eine Differenz bestehen muss zwischen dem, was man will und dem, was man hat? Und ist dies gerade in der Liebe eine notwendige Voraussetzung für das Begehren? Ja, es wird oft eine Sehnsucht nach dem sogenannten »perfekten Partner» formuliert, aber was bedeutete es denn, tatsächlich mit einem perfekten Partner zu leben? Mit einem Partner, der die eigenen Sehnsüchte und Wünsche so präzise analysiert, dass er sie erfüllen kann, noch ehe man sie formuliert hat? Und was bedeutet es für die Liebe zu wissen, dass der Partner dies nicht aus Liebe tut, sondern schlicht und ergreifend deswegen, weil er genau darauf programmiert ist?

Dass Alma sich dennoch in Tom verliebt, stellt sie vor eine unlösbare Aufgabe. Sie folgt ihrer Sehnsucht und handelt gleichzeitig gegen ihre Überzeugung. Vernunft und Gefühl verstricken sich im Widerspruch. Nur sieht sie, zumindest für den Moment, sehr glücklich dabei aus. Was war noch mal der Unterschied zwischen »Liebe» und einem sehr komplex programmierten Algorithmus? Und stellen wir uns nicht auch in herkömmlichen Beziehungen längst freiwillig auf die Bedürfnisse unserer Partner ein? Was ist da wahr? Was ist erlernt? Verändert? Einprogrammiert?

Wenn Alma das Gutachten für ihren Dekan diktiert, wenn sie von der Zulassung eines Roboters wie Tom abrät, spricht vielleicht doch nicht die reine Überzeugung aus ihr. Vielleicht befällt auch sie die Angst, dass Tom und seine künstlichen Gefährten die höher entwickelten Wesen sein könnten, jedoch nicht gewalttätiger und kälter, sondern altruistischer, zivilisierter, friedlicher. Höhere Wesen, die auf kurz oder lang den herkömmlichen Menschen obsolet machen könnten.«

Drehbuch

Jan Schomburg und ich haben nach »Vor der Morgenröte» das zweite Mal zusammen geschrieben. Für »Ich bin Dein Mensch» haben wir nach einer verspielten und leichten Tonalität gesucht, die gleichzeitig die großen Themen dieser Geschichte nicht ausspart. Wenn man beginnt, sich mit künstlichen Intelligenzen und humanoiden Robotern zu beschäftigen, könnte natürlich ein Entwurf der Zukunft ebenfalls ein großes Thema sein. Wir haben darüber nachgedacht, diese Geschichte in der Zukunft spielen zu lassen und uns dagegen entschieden. In einer Welt, in der wir bereits von Algorithmen begleitet und angeleitet werden, in der die humanoide Roboterin Sophia, von Angela Merkel zum Gespräch empfangen wird, ist die Idee eines so hochentwickelten Roboters wie Tom bereits gegenwärtig, wenn auch in der Umsetzung noch weit entfernte Zukunftsmusik.

»Ich bin Dein Mensch» spielt also in unserem bekannten Berlin. Alma ist eine Frau von heute. Die einzigen Vorboten aus der Zukunft sind die Firma Terrareca, ihre seltsamen Mitarbeiter und ihre Produkte, von denen Tom ein Prototyp ist. Diese Entscheidung macht es leicht, sich mit Alma zu identifizieren, sie hat keinen Erfahrungsvorsprung, sie weiß nicht mehr über die Zukunft als wir. Die Begegnung mit Tom ist für sie so neu und fremd wie für uns. Das erlaubt der Geschichte die Konzentration auf ein Gedankenspiel, eine märchenhafte Versuchsanordnung und nicht zuletzt eine komödiantische Dimension.

Cast

Maren Eggert ist eine Schauspielerin, die sich so unverstellt und offen einer Szene und der jeweiligen Situation aussetzt, die gleichzeitig so wandelbar und durchlässig ist, dass sie im allerbesten Sinne einen Menschen aus Alma macht. Durch sie wird Alma klug und hilflos, witzig und streng, haltlos und diszipliniert, selbstvergessen und fordernd. Ein anstrengender, liebenswerter, liebender, ein wunderschöner und unvollkommener Mensch.

Dan Stevens ist wie Maren Eggert ein Glücksfall für den Film. Wir haben lange im Ausland nach einem Schauspieler gesucht, der so gut Deutsch spricht, dass er nicht an den komplizierten Sätzen von Tom verzweifelt, der so präzise sein kann wie eine Maschine, der gut aussieht und dennoch Selbstironie hat, der ein so guter Schauspieler ist, dass man nie vergisst, dass Tom ein Roboter ist und man sich dennoch in ihn verliebt. Dan ist das gelungen.

MISE EN SCÈNE

Gemeinsam mit dem Kameramann Benedict Neuenfels, der Szenenbildnerin Cora Pratz und der Kostümbildnerin Anette Guther habe ich nach einer gewissen Zeitlosigkeit in den Bildern, vor allem im Kostüm und Almas Wohnung gesucht. Schon bei den ersten Proben wurde ich durch das Dialogtempo und die Spielfreude der Schauspieler an Filme mit Katherine Hepburn, James Stewart und Cary Grant erinnert. Es war schnell deutlich, dass die Szenen mit einer recht klassischen Kameraführung und einer eleganten Einfachheit in den Bildern am besten funktionierten. Die Wohnung von Alma sollte einen schönen Blick haben, eine urbane Romantik, gleichzeitig sollte sie chaotisch und nicht zu schick sein. Der Plattenbau gegenüber des Doms schien ideal - und die Möglichkeit, eine solche Wohnung im Studio nachzubauen, wurde durch die fantastische Abstimmung von Farben, Licht und Raum durch Kamera, Ausstattung, Kostüm und Maske das dritte große Geschenk vor der Kamera.

Montage und Musik

Es ist meine vierte Zusammenarbeit mit dem Editor Hansjörg Weißbrich, der mit einem seltenen Gespür für Spiel und Rhythmus die Szenen skulpturiert hat. Die Musik hatte die schwere Aufgabe, Gefühl zu transportieren ohne vordergründig zu sein, eine eigene Stimme für den Film zu finden, was Tobias Wagner gelungen ist.

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