Nina Kronjäger als Sabine Krüger

Nina Kronjäger als Sabine Krüger
Nina Kronjäger als Sabine Krüger | Bild: NDR / Wolfgang Ennenbach

Sabine Krüger ist empathisch. Sie weiß, was wer wann will oder braucht. Und sie weiß auch, wer wann was nicht zu wissen braucht. Die neue Pille zur Marktreife bringen, das soll ihr entscheidender Karriereschritt sein. Der Chef vertraut ihr, sie hält die Fäden in der Hand, alles läuft wie am Schnürchen. In ihrem Kopf wachsen die Bäume in den Himmel. Es könnte so schön sein, aber Carsten macht Zicken. Er bauscht diese unbedeutende Studie auf, als würden die etwas höheren Nebenwirkungen die Zielgruppe interessieren. Die wollen doch die neue Pillengeneration, die auch noch schöne Haut macht. Und jetzt gefährdet Carsten, der für die Beantragung der Zulassung verantwortlich ist, den Starttermin. Entdeckt seine Skrupel, wo Tempo gefragt wäre. Und ihre schöne Strategie, das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden, droht zu scheitern. Sie hat ihn eng an sich gebunden. Sehr eng. Zu eng?

Gespräch mit Nina Kronjäger

»Gut, dass deutsche Fernsehfilme auch mal ein heißes Eisen anpacken.«

Sie spielen die Pharma-Managerin Sabine Krüger. Ist sie der Typ eiskalte Karrierefrau auf dem Weg nach oben?

Der Ausschnitt, den wir beleuchten, zeigt eine Frau, die mit den gegebenen Möglichkeiten kämpft. Sie steckt in Dilemmata, in denen sie Entscheidungen fällen muss. Wir versuchen, diese vielschichtig und für den Zuschauer nachvollziehbar zu erzählen. Das soll klar machen, dass die so genannten eiskalten Manager die Summe vieler solcher Entscheidungen sind – und wie es möglich ist, dass sie unmoralisch handeln.

Nimmt Sie Hunderte Opfer in Kauf, nur um in den Vorstand aufzusteigen?

Von außen gesehen wirkt es so. Ich denke, sie schiebt die Konsequenzen ihrer Handlungsweise von sich und versteht erst am Ende, dass sie Unrecht getan hat. Handelt sie kriminell? Sie würde dies mithilfe der Anwälte ihrer Firma bestreiten. Diesen Graubereich – es geschieht Unrecht, aber rechtlich ist den Beteiligten schwer beizukommen – machen wir zum Thema des Films.

Sie hat im Konzern eine Affäre mit dem Arzt Carsten Gellhaus, der seine Frau verlässt. Empfindet sie weniger für ihn als er für sie?

Sie setzt andere Prioritäten. Sie stellt sich eine unverbindliche Affäre vor, auch wenn sie viel für ihn empfindet. Sabine Krüger ist ehrgeizig und braucht viel Raum für sich. Da passt ein Mann, der große Erwartungen an sie hat und viel Nähe einfordert, nicht rein. Ihre Freiheit ist ihr wichtiger als eine definierte offizielle Beziehung. Seinen Vorwurf, er sei für sie nur eine "Nutzen-Risiken-Abwägung", findet sie ungerecht. Er versteht ihre Prioritäten nicht und hat die Trennung von seiner Ehefrau auch nicht mit ihr besprochen.

Nutzt sie ihre Weiblichkeit als Legitimation für ihr skrupelloses Handeln?

Frauen müssen in bestimmten Leitungsebenen besser als Männer sein, sonst kommen sie tatsächlich nicht weiter. Das haben die Frauen so gelernt. Sämtliche Eigenschaften werden optimiert und eingesetzt, denn eher ist es so: Wenn sie nicht perfekt mitspielen, wird alles Anlass zu Kritik.

Was zeichnet eine Top-Managerin aus?

Ich kenne Managerinnen und bin immer baff, wie sie schauspielern müssen, um die Spielregeln einzuhalten. Ruhe bewahren, wenn es knifflig wird. Versuchen, Kritik konstruktiv umzusetzen. Von daher ist mein Beruf schon relativ nah dran. Außer dass wir andere Sprache benutzen, andere Codes verwenden. Sich das drauf zu schaffen, war meine Aufgabe.

"Lets face the facts": Warum spricht Sabine Krüger so künstlich?

Das "Wording" in Branchen wie der Pharma-Industrie ist abenteuerlich und natürlich – wenn ich wieder und wieder über Worte stolpere – lustig. Mit der Sprache werden Territorien abgesteckt, Zugehörigkeiten geklärt, Gefühle draußen gehalten. Die Anglizismen sind normal, da die meisten großen Firmen international operieren.

Sind Sie froh, Schauspielerin zu sein – und nicht Managerin in einem Konzern?

Ich freue mich jeden Drehtag auf das "in den Groove kommen" mit dem Team, daher ist mein Beruf im Kern der Beste, den es gibt. Wenn ich von einer guten Firma ausgehe, dürfte es dort aber ähnlich zugehen. Je größer und gewinnorientierter die Firma, desto weniger Raum ist für Spinner. Das ist an einem großen Set nicht anders. Alle müssen funktionieren.

Haben Sie vor dem Filmprojekt gewusst, welche Risiken die Anti-Baby-Pillen der 3. und 4. Generation haben?

Nein, das war mir neu. Gut, dass deutsche Fernsehfilme auch mal ein heißes Eisen anpacken und nicht immer nur für Wohlgefühle sorgen, damit die Leute die Probleme ihres Alltags vergessen.

Stephan Kampwirth spielte die Rolle des Arztes nach eigener Aussage "unaufwändig". Wie haben Sie Ihre Figur angelegt?

Bei jeder Figur springt mir am Anfang ein Charakterzug ins Auge, mit dem ich sofort etwas anfangen kann. Von da aus betrachte ich den Rest der Figur, ihre Beziehungen zu den anderen. Bei Sabine ist es der Freiheitsdrang und der Spaß an ihrem Beruf, an den täglichen Aufgaben, daran, auf einem hohen Niveau zu kämpfen und Einsatz zu zeigen. Sie hadert – anders als der Arzt – nicht ständig mit sich selbst. Die Zusammenarbeit mit Stephan war wunderbar, er ist ein sehr offener Partner. Genauso offen und neugierig ist Isa Prahl, die Regisseurin. Dank ihrer ungewöhnlichen Ideen konnten wir Schauspieler in die Tiefe gehen oder auch mal experimentieren.

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