Fragen an Eleonore Weisgerber

Sie lebten ja selbst mehrere Jahre in Frankreich, haben Sie da gleich zugestimmt, die Rolle von Sophies französischer Schwiegermutter Brigitte zu spielen?
Ja, sofort. (lacht). Aber nicht nur, weil Brigitte eine Französin ist, sondern weil ich die Figur so vielschichtig, widersprüchlich und deshalb reizvoll fand. Einerseits ist Brigitte zwar eine Intrigantin, andererseits aber auch charmant, und ich fand die Situation witzig, dass da eine Pariserin in Oberbayern auftaucht und versucht, ihre Fäden zu spinnen, um zu verhindern, dass sich ihr Sohn von Sophie scheiden la sst. Die Mittel, die sie dabei einsetzt, sind etwas fragwürdig, aber für einen Film natürlich amüsant.
Und sie bringt französischen Chic auf den Fuchsbichlerhof, mit Kostüm und High Heels ...
Für mich ist es nicht schwierig, auch auf ungeeignetem Boden mit High Heels zu laufen. Als ich jung war, trugen Frauen viel häufiger Schuhe mit hohen Absätzen. Das habe ich gelernt. Ich kann noch heute mit High Heels rennen, wenn ich zum Beispiel den Bus erreichen will. Die Schuhe müssen nur gut gearbeitet sein. Dann ist das kein Problem.
Haben Sie auch eigene Ideen bei der Gestaltung der Rolle einbringen können?
Gleich am Anfang habe ich den Regisseur gefragt, wie er die Rolle sieht: Kommt Brigitte eher aus dem 16. Arrondissement? – da wohnt die „bessere Gesellschaft“ von Paris und lebt dort immer noch fast wie vor 100 Jahren – oder ist sie eine „Bobo“, eine Alt-68erin? Das sind Frauen wie z.B. Jane Birkin, sportlich-lässig, die schmale Hosen und flache Schuhe tragen. Wir einigten uns dann darauf, dass Brigitte mit ihrer Weltanschauung und den Vorurteilen, die sie ihrer künftigen algerischen Schwiegertochter gegenüber hat, doch besser ins Seizie me passt und eher elegant gekleidet sein sollte.
Warum will Brigitte eigentlich die Ehe zwischen ihrem Sohn Philippe und Sophie retten?
Es geht ihr um das Restaurant, das sie zusammen mit ihrem Mann aufgebaut hat und das sie heute noch führt. Sie fürchtet, dass sich Philippes neue Freundin Djamila dieses Restaurant krallen will, dass sie schwanger werden wird, möglicherweise auch mehrfach, Philippe damit an sich bindet, ihn schließlich dazu bringt, das Restaurant mit ihr gemeinsam zu führen, und sie, Brigitte, ausgebootet wird. Das will Brigitte um jeden Preis verhindern. Sophie war fu r sie diesbezüglich nie eine Gefahr – Sophie war Stewardess, hat sich nie für das Restaurant interessiert, und seit geraumer Zeit ist ihr „Ein und Alles“ dieser Hof in den bayerischen Bergen. Also keine Konkurrenz!
Was verbinden Sie selbst heute noch mit Frankreich – oder ist das Kapitel für Sie abgeschlossen?
Corona hat mich leider etwas ausgebremst, aber normalerweise bin ich oft in Paris. Ich habe noch viele Freunde dort, ich liebe die Sprache, die Mentalität und die Art, sich zu kleiden. Den Franzosen macht es Spaß, sich chic anzuziehen. Selbst in kleinen Städten auf dem Land sind Frauen – und Ma nner – auch mit über 50 oder 60 oft sehr geschmackvoll angezogen, auch, wenn sie nur auf den Markt gehen. In Großstädten wie Paris hat sich das ein wenig geändert. Da ist es inzwischen etwas lässiger geworden. Frankreich wird immer ein Teil meines Lebens bleiben. 1991 hatte ich in einer großen deutsch-französischen Ko-Produktion eine schöne Rolle, danach kamen Angebote aus Paris. Frankreich war immer mein Traum, und somit bin ich mit meinen beiden Kindern umgezogen. Ich habe mehrere Filme dort gedreht, aber nach drei Jahren wollten meine Kinder unbedingt nach Berlin zurück. Sie hatten sich nicht eingelebt. Da ich Angst hatte, sie würden mir irgendwann vorwerfen, sie wüssten nicht, wo sie hingehören, habe ich za hneknirschend eingewilligt.
Was ist typisch französisch für Sie?
Dass wesentlich mehr Flirt in der Luft liegt und die Männer Spaß daran haben, Komplimente zu machen. Wenn ich in Paris auf den Markt gehe und mich dem Gemüsestand nähere, höre ich erstmal „Ohh, die Sonne geht auf. Wir haben Sie so lange nicht gesehen, Madame.“ Das ist natürlich Spaß, aber es macht gute Laune. Menschen, die sich auf der Straße begegnen, schauen sich in die Augen, manchmal entsteht ein La cheln oder ein kurzes Gespräch – das fehlt mir in Deutschland.
Gibt es noch mehr Unterschiede zu Deutschland?
Wenn man sich in Paris anders verhält, als es die Pariser gewohnt sind, amüsiert das die meisten und erregt Interesse. In Deutschland hört man dann eher schon mal „Wie kann man nur...?“ Franzosen lieben das Besondere, bewundern gerne, freuen sich, wenn jemand eloquent ist, Humor hat oder gut angezogen ist. Sie loben gern, während man in Deutschland eher dazu neigt, Kritik zu üben. Ich finde die französischen Männer spielerischer, leichtlebiger, mehr so wie große Jungs, während die Frauen kühler, auch in der Diktion knapper sind und genau wissen, was sie wollen. Sie sind allerdings auch oft etwas stutenbissig, wittern eher die Konkurrenz. Ich habe den Eindruck, dass deutsche Frauen untereinander solidarischer sind und sich viel häufiger gegenseitig unterstützen.
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