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Das Geiseldrama von Gladbeck

Ein Bild, das ins kollektive Gedächtnis der Bundesrepublik eingegangen ist: Dieter Degowski, einer der Geiselnehmer von Gladbeck, bedroht die Geisel Silke Bischoff mit einer Waffe. Die Medien sind live dabei. | Bild: dpa / Carsten Rehder

Ein Bild, das ins kollektive Gedächtnis der Bundesrepublik eingegangen ist: Dieter Degowski, einer der Geiselnehmer von Gladbeck, bedroht die Geisel Silke Bischoff mit einer Waffe. Die Medien sind live dabei.

Die Deutsche Bank in Gladbeck-Rentfort: Hier begann das Geiseldrama am 16. August 1988. Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski haben die Filiale überfallen und dann zwei Geiseln genommen.

Geldübergabe: Wie von den Gangstern gefordert, überbringt ein lediglich mit einer Unterhose bekleideter Polizeibeamter 300.000 Mark Lösegeld. Zudem gewährt die Polizei den Geiselnehmern freien Abzug in einem Fluchtauto.

Die Irrfahrt beginnt: über Bremen, Köln und die Niederlande. 54 Stunden lang hält das Geiseldrama die Republik in Atem. Die Medien, und damit Millionen Zuschauer, sind live dabei.

Bevor die Täter mit ihren beiden Geiseln Gladbeck verließen, stieg Marion Löblich, die Freundin Rösners zu. Sie begleitete die Geiselnehmer auf ihrer Flucht.

Den Entführern immer dicht auf den Fersen: die Presse. Distanzlose Reporter, auf der Jagd nach dem besten Bild, fuhren sogar im Fluchtwagen mit und behindeten die Polizeiarbeit. Hier gibt der Entführer Hans-Jürgen Rösner am 17.08.1988 bei Bremen ein Interview.

Geiselnehmer Hans-Jürgen Rösner telefoniert mit den Einsatzkräften. Die Medien sind live dabei. Anschließend gibt Rösner Interviews.

Als die Geiselnehmer in Bremen bemerkten, dass sie von Polizeikräften verfolgt wurden, kaperten sie einen Bus und brachten die 32 Fahrgäste in ihre Gewalt. Im Bild: Hans-Jürgen Rösner und (hinter ihm) der später ermordete Emanuele de Giorgi mit seiner Schwester im Arm.

Die bewaffneten Geiselnehmer Dieter Degowski und Hans-Jürgen Rösner stehen mit den Geiseln in dem gekaperten Linienbus. Die beiden jungen Frauen im Vordergrund werden sie später als Geiseln in ihr neues Fluchtauto mitnehmen: Silke Bischoff und ihre Freundin Ines.

Rösner und Degowski zwingen die Geiseln im gekaperten Bus, die Beute zu zählen.

Autobahnraststätte Bad Bentheim: Am 18. August 1988 gelingt es Polizeibeamten, Marion Löblich festzunehmen. Die Geiselnehmer drohen: Wenn Löblich in fünf Minuten nicht wieder zurück ist, erschießen sie eine Geisel.

Das Ultimatum verstreicht. Kurz darauf schießt Degowski auf den 14-jährigen Emanuele De Giorgi und presst seine Komplizin so wieder frei. Journalisten ziehen den schwer verletzten Jungen aus dem Bus, doch für ihn kommt jede Hilfe zu spät. Emanuele De Giorgi stirbt.

Die Flucht gerät zum Disaster für die Einsatzkräfte: Je nach Bundesland wechselt die Zuständigkeit und Gesetzgebung, eine Zugriffsmöglichkeit nach der anderen bleibt ungenutzt. Selbst als die Entführer einen ganzen Bus in ihre Gewalt bringen und eine Geisel töten, endet die Hilflosigkeit der Polizei nicht.

In Oldenzaal in den Niederlanden tauschen die Geiselnehmer den gekaperten Bus gegen einen BMW.

Mit mit nur mehr zwei Geiseln – Silke Bischoff und Ines Voitle (im Hintergrund) – setzten die Täter ihre Flucht fort. Aus den Niederlanden ging es zurück nach Deutschland.

Nach einer spektakulären Verfolgungsjagd wurde der Fluchtwagen der Geiselnehmer (r) von der Polizei (l) auf der Autobahn 3 bei Bad Honnef mit Waffengewalt gestoppt. Dabei starb die Geisel Silke Bischoff durch eine Kugel aus Rösner Waffe. Das Geiseldrama forderte insgesamt drei Menschenleben: Am Vortag hatte Degowski den 15-jährigen Emanuele de Giorgi erschossen und ein Polizist verunglückte während der Verfolgung tödlich.

Die Polizei bei der Spurensuche nach dem Ende der Geiselnahme am 18. August. Rösner und Degowski wurden am 22. März 1991 vom Landgericht Essen zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Degowski wurde jedoch im Februar 2018 unter Bewährungsauflagen auf freien Fuß gesetzt und erhielt eine neue Identität. Marion Löblich erhielt neun Jahre Gefängnis und wurde nach sechs Jahren wegen guter Führung entlassen.