"Sherlock Holmes ist nicht einfach nur klug, sondern exzentrisch"

Interview mit Steven Moffat

Die beiden Drehbuchautoren Mark Gatiss (links) und Steven Moffat
Die beiden Drehbuchautoren Mark Gatiss und Steven Moffat | Bild: ARD Degeto/BBC/Hartswood Films / Robert Viglasky

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, den Film im viktorianischen London spielen zu lassen?

Nachdem die Serie so erfolgreich ist, können wir – glaube ich – mit gutem Gewissen behaupten, dass Benedict und Martin die perfekte Besetzung für unsere heutige Zeit von Sherlock Holmes und Doktor Watson sind. Ein Teil der Idee kam von Mark und mir: Wir meinten, dass es sehr schade wäre, wenn man die beiden nie in einem authentischen Setting, sprich auf die ursprüngliche Art zu sehen bekäme. Rathbone und Bruce haben sowohl die viktorianische Version als auch die aktuelle Version gespielt, also können Cumberbatch und Freeman das auch. Wir wollten unbedingt ein viktorianisches Special produzieren, um zu zeigen, wie die Serie geworden wäre, wenn wir sie authentisch verfilmt hätten. Das wirkt sich natürlich auf alles aus und so unterscheidet sich das viktorianische Special sehr von der Serie, denn wir mussten das komplette 221B Set neu aufbauen.

Gab es irgendwelche Herausforderungen?

Wir hatten das Problem der viktorianischen Kulisse. Vorher konnten wir einfach die Kamera einschalten und auf London richten, aber das war hier natürlich nicht möglich. Wir mussten CGI verwenden, um ein viktorianisches London nachzubilden, das glaubhaft wirkt. Beim Schreiben wollten wir unserer Version der beiden Figuren die Treue halten, sie aber zugleich an einen Doyle‘schen Schauplatz versetzen, so dass sich beide Versionen gewissermaßen in der Mitte träfen. Ich glaube nicht, dass Sherlock Holmes sonderlich anders sprechen wird, denn der moderne Holmes hört sich fast genauso an wie der viktorianische Holmes. Tatsächlich klingt Benedict in der modernen Version der Serie jedes Jahr viktorianischer, weil ihm das so gut gefällt. Bei Doktor Watson ist das etwas anders. Er präsentiert sich selbst eher als traditioneller Doktor Watson, aber man merkt, dass in ihm andere Dinge vor sich gehen.

Wie werden die Fans auf das viktorianische Zeitalter reagieren?

Vor langer Zeit wurden wir gefragt, wie wohl die Fans auf das moderne Setting reagieren werden. Ich glaube, wenn ihnen "Sherlock" gefällt, mögen sie auch dieses Special. Aber es ist eine ganz andere und sehr spezielle Folge.

Worin besteht die anhaltende Faszination der Figur Sherlock?

Es ist sehr schwer zu sagen, warum eine Figur wie Sherlock Holmes seit über 100 Jahren geliebt wird und ohne jeden Zweifel einer der größten literarischen Erfolge ist. Warum? Nun ja, die erste zugegebenermaßen plumpe – aber wohl wichtigste – Antwort ist, dass Sherlock Holmes einfach sehr, sehr gut ist. Die Leute vergessen fast, wie gut diese Geschichten waren und immer noch sind. Holmes und Watson sind ein großartiges Figurenpaar und die Geschichten sind einfach brillant.

Wie hat Sherlock Holmes die modernen Detektivsendungen beeinflusst?

Alle wissen, dass jeder noch so schillernde, charakterfeste, faszinierende, geheimnisvolle und interessante Detektiv ein Nachkomme von Sherlock Holmes ist. Ich meine damit nicht unsere Version des Sherlock Holmes, sondern den ursprünglichen Sherlock Holmes aus dem Strand Magazine. Alle anderen gehen auf ihn zurück, das würde niemand auch nur für eine Sekunde bezweifeln. Den Einfall, Sherlock Holmes als Sonderling darzustellen, hatte Doyle. Sherlock Holmes ist nicht einfach nur klug, sondern exzentrisch. Keiner der großen Detektive ist gewöhnlich und keine ihrer Methoden ähnelt in irgendeiner Weise dem, was ein richtiger Detektiv macht – nämlich systematisch Daten sammeln. Sie arbeiten an genialen Erkenntnissen und sind immer gesellschaftliche Außenseiter. Alle großen Detektive haben ihren Ursprung in der Baker Street.

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