v1.0
Untertitel: WDR mediagroup GmbH
im Auftrag des WDR
Wir begrüßen Sie
zur Live-Untertitelung
Herzlich willkommen
zum Talk am Dienstag.
Diesmal mit dem Kölner Treff.
Wir haben tolle Gäste heute Abend.
Wir beginnen mit ihm.
Schauspieler, Musiker, Autor.
Einer, der keine Grenzen akzeptiert.
Ulrich Tukur (UT)
Freue mich sehr,
herzlich willkommen.
Die beiden sind Weltmeister
der Mentalmagier.
Ich kann nur sagen, Vorsicht.
Die können in Ihre Köpfe gucken.
Amelie van Tass (AT)
Thommy Ten (TT)
Herzlich willkommen.
Ihre ersten Erfolge
am Schauspiel Bochum
hatte sie als Theaterfotografin.
Längst zählt sie zur allerersten
Garde deutscher Schauspielkunst.
Ich freue mich sehr.
Margarita Broich (MB)
Spätestens seit dem Eurovision Song
Contest im vergangenen Jahr startete
er komplett durch
und wurde zum Publikumsliebling.
Michael Schulte (MS)
Man kennt sie als Schauspielerin.
Ihre Mutter stammt aus dem Iran,
aus dem sie floh.
Jetzt enthüllt sie
ein Familiengeheimnis.
Ich bin sehr gespannt.
Maryam Zanee (MZ)
Herzlich willkommen.
Und ich freue mich sehr auf ihn,
den Comedian.
Der alle und sich selbst
durch den Kakao zieht.
Kaya Yanar (KY)
Schön, dass du da bist.
Du bist seit vielen Jahren
sehr erfolgreich auf den Bühnen
unterwegs.
Es gibt dieses Label Ethno-Comedy.
Das ist bei dir schwierig.
Deine Eltern sind Türken,
du lebst in der Schweiz.
Was passt jetzt?
Ich bin verwirrt. Es ist so, meine
Eltern haben Türkisch, Arabisch und
Deutsch gesprochen zu Hause.
Sie haben eigentlich versucht mir
Deutsch beizubringen, aber auf
Deutsch, was nicht gut geklappt hat.
Ich habe meine Eltern zum Teil gar
nicht gut verstanden.
Mein Vater hat gesagt: Kaya,
gehst du Schule, Abitur, Banane.
Wie ein Lückentext, ich musste den
selber ausfüllen.
Ich hatte die türkische Seite
und habe Deutsch eigentlich im
Kindergarten gelernt,
und jetzt lebe ich in der Schweiz.
Jetzt wiederhole ich das Karma
meines Vaters.
Er ist von der Türkei nach
Deutschland, ich von Deutschland in
die Schweiz.
Das ist wie beim Spiel des Lebens:
Gehen Sie zurück auf Start.
Du bist jetzt in der Schweiz.
Dein Vater wollte aus dir einen
perfekten Deutschen machen,
damit du nie Schwierigkeiten
bekommst.
Jetzt bist du in die Schweiz
gegangen.
Wie hat dein Vater reagiert?
Gar nicht mehr. Er ist 2002 leider
schon verstorben. Er hat gerade noch
meinen Erfolg mitbekommen. 2001 war
mein Durchbruch.
Er war mein größter Fan.
Er hat am Anfang nicht so richtig
verstanden,
was ich im Fernsehen mache.
Aber ich hatte Einspieler, wo ich
unter die Leute gegangen bin und die
Leute veräppelt habe, aber ich hatte
auch Sketsche und Schauspielerei.
Und mein Vater konnte das nicht
unterscheiden.
Ich habe einen heißblutigen
Italiener gespielt,
und eine Frau
klatscht mir eine und geht.
Und mein Vater hat mich jedes Mal
nach der Sendung angerufen und
gesagt, das kann die nicht machen,
Kind. Er hat nicht unterschieden,
dass sie Schauspielerin ist. Aber er
war mein größter Fan.
Aber er hat ja auch 5 Jahre in der
Schweiz gelebt.
Was ist an dir wirklich
typisch deutsch geworden?
Das merkst du vielleicht erst jetzt,
wo du in der Schweiz bist.
Das ist korrekt. Man merkt erst, was
typisch deutsch an einem ist, wenn
man ins Ausland geht. Denn dann hat
man die Möglichkeit zu vergleichen.
Ich fahre gerne flott und schnell
Auto,
das ist an mir typisch deutsch.
UT: 120 km/h
Geschwindigkeitsbegrenzung bei uns.
KY: 120, so parken wir in
Deutschland rückwärts ein.
Aber egal ob in der Schweiz oder
sonstwo, diesen Satz zu sagen, es
ist nicht wie in Deutschland hier,
das ist ein Spruch, den bringe ich
auch oft, auch in meinem Buch.
In dem Buch bekennst du, dass du
anonymer Auto-Choleriker bist.
Das traut man dir gar nicht zu.
Ich bin eigentlich ein netter Kerl,
aber kaum habe ich Blech um mich
herum... Meine Frau kommt gar nicht
mehr mit.
Ich mecker die ganze Zeit beim
Autofahren.
Was macht der Twingo hier? Der muss
ab ins Gehege.
Es gibt auch immer wieder neue
Sachen, die sich die Leute einfallen
lassen.
Ich war auf dem Weg von Zürich nach
München, da habe ich 3,5 Stunden
gebraucht,
3 Stunden in der Schweiz, eine halbe
Stunde in Deutschland.
Und dann bremsten ein anderer und
ich uns gegenseitig aus.
Und ich sagte: Junge, das ist die
Beschleunigungsspur, keine
Bremsspur. Eine Bremsspur hast du
gleich in der Hose.
Das sind so die Sprüche.
Deswegen fährst du jetzt Zug.
Ja, Zug, ab und zu muss ich auch
fliegen.
Ja, aber dein Vater wollte, dass du
dich immer gut und korrekt
verhältst.
Du solltest Arzt werden.
Meine Mutter sagte oft zu meiner
Frau, ich bin stolz auf den Sohn, er
hat es geschafft, aber er sollte
eigentlich Arzt werden. Aber ich
hatte nie Talent für gar nichts.
Meine Frau kennt mich, die sagt,
du und deine Diagnosen.
Ich habe überhaupt keinen Bezug zu
Körper oder Medizin.
Meine Mutter wollte gerne, dass ich
Arzt oder Anwalt werde.
Diese typischen Ideen vom Aufstieg
bei Migrationsfamilien.
Und dann wird er Komiker.
Ja, zum Glück.
Das ist ganz lustig.
Es gibt oft Verbindungen zwischen
den Gästen.
Bei Margarita Broich weiß ich, deine
ganze Familie bestand aus Ärzten.
Und du als Mädchen solltest bitte
einen Arzt heiraten.
MB: Ja, ich war dafür ausgerüstet,
ich konnte Tennis spielen, reiten.
Aber der kam nicht.
Es war eine große Enttäuschung.
Du bist auch Künstlerin geworden.
Nichts mit den familiären Plänen der
Eltern.
Obwohl ich Arzt einen tollen Beruf
finde, je älter ich werde.
Was ich rührend finde, was du
in deinem Buch beschreibst,
deine Mutter
ist eine liebenswerte ältere Dame,
die wollte für dich
ernsthaft die Braut aussuchen.
Mit Ende 30.
KY: Ja, sie wollte alles für mich
aussuchen. Meine Mutter ist lieb,
aber sie hat mein ganzes Leben
durchgetaktet.
Ich wollte nicht mal, dass sie einen
Pullover für mich auswählt,
und sie wollte eine Frau für mich
auswählen.
Ich war Single bis ich 39 war.
Diese lange Zeit, wo ich solo war,
hat meine Mutter gedacht, das geht
nicht, der Junge kriegt das nicht
selber hin.
Sie hat gesagt, ich bringe eine aus
der Türkei.
Eine gute, türkische Frau.
Ich liebe meine Mutter.
Aber ich verstehe sie teilweise
heute auch nicht,
weil ihr Deutsch ist...
eben ihr Deutsch.
Sie spricht deutsch,
aber so, wie es ihr gefällt.
Namen merkt sie sich überhaupt
nicht.
Sie nennt dich so, wie sie möchte.
Wenn du Hans heißt, sagt sie,
wie heißt du?
Du sagst, Hans, und sie sagt,
Peter, bitte setz dich.
Und nach 2 Stunden gehst du und
denkst wirklich, du heißt anders.
Aber sie ist eine tolle Frau.
Sie sagt zum Beispiel statt
Räucherstäbchen Geräusch-Stäbchen,
sie erfindet oft eigene Worte.
Und das hat mich geprägt.
Ich überlege mir gerade.
Deine Frau ist aus der Schweiz.
Da ist alles ein bisschen langsamer,
nicht nur die Autos auf der Straße.
Wie hält deine Frau dich und dein
Temperament aus?
Sie hat so eine Energie, sie ist das
Gegenteil von mir.
Der Züricher würde sagen, die in
Bern sind viel langsamer als wir.
Meine Frau ist das Gegenteil von mir
und irgendwie gleicht sich das aus.
In meinem neuen Bühnenprogramm rede
ich darüber, dass ich ausraste und
laut werde, so wie jeder in
Deutschland.
Man tickt halt hier aus.
Und meine Schweizer Frau ist genau
das Gegenteil.
Sie rastet nicht aus, sie rastet
ein.
Wenn sie sauer wird, wird sie leise,
so, dass ich sie irgendwann gar
nicht mehr höre.
Am Anfang der Beziehung habe ich
gefragt, Schatz, was machst du da?
Betest du?
Es ist nicht nur meine Frau, ich
kenne die Schweizer seit einigen
Jahren. Die Schweizer Sprache ist
eine andere Sprache.
Wenn die Schweizer ausrasten,
klingt das sehr niedlich.
Die sagen nicht, ich raste aus,
sondern:
"Do hauts mir den Nuggi use".
Der Nucki ist der Schnuller.
Die ganze Sprache ist sehr niedlich.
Du hast vor Kurzem geheiratet.
In dem Buch, was du geschrieben
hast, gibt es eine Stelle.
Es ist eine der schönsten
Liebeserklärungen, die ich je
gelesen habe.
Du schreibst, du musst einfach nur
auf dem Sofa sitzen.
Mehr brauchst du nicht zu machen.
Da war sie das 1. Mal bei mir zu
Hause
und wir verbrachten die Nacht sehr
nett miteinander.
Und sie saß auf der Couch und hatte
die Füße so angezogen
mit diesem Look nach der 1. Nacht.
Ich habe sie angeschaut und gesagt,
du bist unverschämt, du kannst
einfach nur da sitzen, und ich bin
glücklich.
Und diesen Satz habe ich bei der
Trauung auch gesagt.
Die Frau muss einfach nur in meiner
Nähe sein, mehr braucht es nicht.
Liebeserklärung.
Ich muss Michael Schulte fragen.
Du hast auch vor Kurzem geheiratet.
Welcher Satz passt auf deine Frau?
Du musst einfach nur
das und das machen.
MS: Das ist schwer zu toppen.
Wenn man die richtige Person
gefunden hat, mit der man das ganze
Leben verbringen möchte, dann reicht
es, wenn sie einfach da ist.
Ich bin als Musiker oft unterwegs,
jetzt haben wir auch noch ein Kind
bekommen, da ist es echt doof, von
zu Hause weg zu sein.
Man freut sich so sehr, nach Hause
zu kommen.
KY: Machen wir einen Song zusammen.
Wobei man sagen muss,
es treffen in dem Fall
Mentalitäten aufeinander.
Der Deutsche mit türkischen Eltern
in der Schweiz.
Wenn ihr auf Tour seid,
deine Frau kommt sicher oft aus dem
Staunen und Lachen nicht heraus.
Weil du dich im Ausland als
Deutscher mit deiner Mentalität
entpuppst.
Auf deiner Reise bist du der
deutschen Leidenschaft nachgekommen.
FKK-Kultur.
Ich stelle mir vor, Kaya Yanar steht
in Kanada ohne Badehose da.
Da hat deine Frau gelacht.
KY: Sie wirft mir generell vor, dass
ich erst mal ablehnend Dingen
gegenüberstehe. Das ist aber die
Mentalität eines Komikers.
Dann waren wir an einem FKK-Strand
in Kanada.
Und plötzlich waren wir in dieser
Nudisten-Kolonie.
Und ich habe einen Spruch nach dem
anderen gemacht.
Und 20 Minuten selber war ich selber
der stolze Pfau, der dann nackt
rumgelaufen ist. Das hat Spaß
gemacht, das war das 1. Mal.
Und damit zieht mich meine Frau
immer auf.
Wenn etwas Neues in mein Leben
kommt, muss ich es immer erst
ablehnen und Witze machen, und dann
bin ich begeistert.
Spricht für die Lebensfreude.
Sie hilft mir ja auch dabei. Sie ist
diejenige, die mich am meisten auf
den Arm nimmt.
Oft sagt man über Komiker, die mögen
es nicht, wenn man sie auf den Arm
nimmt. Aber ich mag das sehr.
Es ist ein liebevolles
Widerspiegeln,
ich mag das sehr.
Wenn ich das in meiner Comedy mache,
ist das eine Liebeserklärung.
Veräppeln ist für mich die größte
Aussage zu sagen, ich liebe dich.
Wunderbar. Kaya Yanar.
Liebe Grüße an deine Frau.
Danke, dass du da bist.
Margarita Broich, du bist an so
vielen Bühnen gewesen.
Bin ich dran?
Ja, du bist dran.
Ich möchte einfach zuhören.
Du bist es so gewohnt, gesehen zu
werden.
Du hast in vielen Filmen und
Fernsehrollen gespielt.
Aber die Tatort-Kommissarin-Rolle
gibt immer einen solchen Schub an
Popularität.
Hast du irgendwann gedacht, hoppla,
jetzt bin ich Tatort-Star?
Nein, aber was einen verwundert,
man müsste 500 Jahre alt werden,
um die Zuschauer zu erreichen mit
Vorstellungen,
wo 800 Leute drinsitzen.
Und dann macht man im Fernsehen
etwas,
und die halbe Welt steht Kopf.
Theaterarbeit ist anders.
Wir haben vor kurzem eine Reportage
gemeinsam gedreht
über dich und dein Leben.
Da bin ich auch an das Schauspiel in
Bochum gegangen, wo du angefangen
hast, als Theaterfotografin.
Du kamst aus dem Westerwald, als
eine behütete, fast höhere Tochter.
Und du kamst in diese wilde
Theaterwelt.
Warst du da die Kleine, Naive?
Nein, das glaube ich nicht.
Ich hatte das ja gelernt.
Ich habe mich
als Theaterfotografin beworben.
Ich wusste nichts von Theaterarbeit
und habe die ersten Proben
mit einem Holzklotz...
Das schlechteste Werkzeug.
Das habe ich aber dann begriffen.
Ich wusste nicht, was wichtig ist.
Welche Probe ist wichtig?
Dann gab man mir noch Ferienfotos,
die man abziehen kann.
Ich habe tagsüber gearbeitet,
nachts war ich in der Dunkelkammer.
Nach ein paar Monaten merkte ich,
dass ich immer alleine
im Dunkeln bin.
Und die anderen
mit mehreren im Hellen.
Und dann dachte ich, blöd.
Dann habe ich versucht, die
Aufnahmeprüfung in Berlin zu machen.
UT: Hast du sie bestanden?
MB: Ich habe sie bestanden.
Das war aber eine böse Frage.
Eine tolle Schauspielerin
und eine tolle Fotografen.
MB: Wenn sie mich nicht genommen
hätten,
hätte ich sofort
etwas anderes gemacht.
Es war nicht so, dass ich schon
mit 5 wusste, was ich machen möchte.
Wenn die gesagt hätten, nein,
hätte ich sofort umgeschaltet.
Du wolltest doch als junge Frau
Rennfahrerin werden?
Ja, zum Beispiel so was.
Wir haben auch ein Foto von dir als
sehr kleines Kind
mit deinem 1. Auto.
Vor deinem Elternhaus im tiefen
Westerwald.
Ja.
Das 1. Auto, neben der Kinderfrau.
Aber die Fotografie hat dich nie
losgelassen.
Auch als Tatort-Kommissarin bist du
ja immer mit der Kamera unterwegs.
Und es gibt ein berühmtes Foto von
Ulrich Tukur, das du gemacht hast.
UT: Auf dem FKK-Strand.
Was war das?
MB: Das war nach einer Vorstellung.
UT: Du hast tolle Fotos gemacht mit
Schauspielern nach der Vorstellung.
MB: Das Foto von dir
habe ich schon sehr gerne.
Ich mag das.
Du siehst da so elegant
und trotzdem bäuerlich aus.
Aber was zu deiner Biografie auch
gehört, du hast ja damals...
Ich war mal so jung.
Du hast eine Liaison gehabt mit
Heiner Müller.
Was hat er dir ganz neu gezeigt an
der Welt?
Ja, der war 30 Jahre älter.
Das habe ich gar nicht mehr
wahrgenommen.
Das war ein ziemlich junger Vogel
im Kopf.
Ich weiß es nicht.
UT: Er war entzückend. Ein
wahnsinnig unterhaltsamer Mensch.
MB: Ich weiß auch nicht.
Wir sind zusammen in die Wohnung
nach Ostberlin gefahren.
Wo ich jahrelang
nachts eingereist bin.
Um 12:05 Uhr, dann wartete Heiner.
Dann sind wir nach Hause gefahren.
Am anderen Tag 11:50 Uhr
bin ich wieder ausgereist.
Heiner saß da und trank Wein.
Dann bin ich um eine Säule
und bin wieder eingereist.
Ich dachte,
das war nicht mein Leben.
Das versteht man heute gar nicht
mehr. Man hatte immer nur ein Visum
für eine begrenzte Zeit?
Als Westberliner konnte man
einreisen, musste aber vor 12
ausreisen.
Man konnte nicht dableiben.
Ich sehe mich immer
um diese Säule herumlaufen.
Er hat mir Welten eröffnet.
Es war ein toller Kopf.
Wir sind viel gereist, obwohl er
lange in Ostberlin gelebt hat.
Das ist ein Stichwort, Welten
eröffnen. Das ist immer ein gutes
Stichwort.
Du hast viele Jahre mit Martin
Wuttke zusammengelebt.
Jetzt kommt aber einiges zusammen.
Wir waren ja gemeinsam auf deinen
Lebensspuren.
Deine beiden Söhne, Hans und Franz,
die ja schon erwachsen sind.
Du bist erwachsen, musst dich nicht
mehr kümmern,
und aus heiterem Himmel
trifft dich eine neue Liebe. Wie
hast du deinen neuen Mann
kennengelernt?
UT: Ich weiß es,
ich sag es aber nicht.
MB: Im Flugzeug.
Und?
Er ist toll.
UT: Er ist Pilot.
Ich sehe eine Spur von Verlegenheit
bei dir.
MB: Ja, ich bin ganz rot, nicht?
UT: Weil es der Pilot war.
Nein, war es nicht.
Ich fand es toll, wir haben bei der
Reportage darüber gesprochen,
dass du dein ganzes Leben in
Künstlerkreisen verbracht hast.
Und plötzlich lernst du einen Mann
kennen, der mit Kunst überhaupt
nichts zu tun hat. War das befreiend
oder befremdlich?
Der hätte sein können, was er will.
Ich habe in meiner Umgebung
nicht zu viele Künstler.
Ich habe alles durcheinander.
Meine Freunde sind Lehrer, Arzt,
alles durcheinander.
Er interessiert sich
genauso wie ich.
Deswegen passt das so.
Er ist wie ich.
Ich kann das jetzt nicht so sagen.
Ich trinke mal was.
Alkohol hilft.
Manchmal.
UT: Guckt er zu?
MB: Ich weiß nicht,
er hat keinen Fernseher.
Das gehört eigentlich zu der
Flugzeug-Geschichte, die du mir
erzählt hast.
Die Geschichte ist deshalb komisch,
weil dieser Mann, Dirk,
dich nicht kannte.
Nee, der hat keinen Fernseher.
Gott sei Dank.
Womit hast du denn dann Eindruck
gemacht?
Viele Menschen erstarren doch, wenn
ein Star neben ihnen sitzt.
Der kannte dich aber nicht.
Nee, ich meine,
ich war noch nie so attraktiv,
dass da einer umgefallen ist,
wenn ich angekommen bin.
Dann setze ich mich. und dann kommt
so etwas: Kennen Sie den Witz?
Das war Zufall,
weil alle umgesetzt wurden.
Und wir auch und saßen plötzlich
nebeneinander.
Dann waren die Gurte vertauscht.
Ich sah den Anzug neben mir.
Und dachte so, okay.
Bank oder so etwas.
Und sage: Kennen Sie den Sketch
von Loriot im Flugzeug?
Das ist aber eine billige Anmache.
Das habe ich eher
zu mir selber gesagt.
Ich habe mit keiner Antwort
gerechnet.
Dann drehte er sich um und sagte,
ja.
Das sind die "Duineser Elegien"
von Rilke.
Er kannte den Sketch
vorwärts und rückwärts.
Und da war es um dich geschehen.
Wir haben eben eine besonders schöne
Liebeserklärung gehört, jetzt hören
wir von dir den absoluten Urknall
aller Liebesbeziehungen.
Am 20. September habt ihr
geheiratet.
Ja.
In unserem Ring
steht auch 7A und 7B.
Die Sitznummern vom Flugzeug?
UT: Hast du dich von Martin
auch scheiden lassen vorher?
MB: Ulli, das war eine wilde Ehe.
Wenn man so lange in einem
Familienverbund ist
mit 2 Söhnen...
Jetzt komme ich stark in Bedrängnis.
Wie ist es dann, so spät noch mal zu
heiraten?
Das war schon sehr schön.
Man muss sich in dem Alter
nicht mehr streiten,
wer die Kinder
in den Kindergarten bringt.
Das ist super.
Das ist schon komisch.
Weil es natürlich anders ist
als mit 30.
Der Satz: Bis dass der Tod euch
scheidet, wird anders wahrgenommen.
Man hat nicht mehr so viel Angst,
wie lange das noch werden kann?
Ja, es ist bittersüß, weil man weiß,
dass man nicht mehr
die nächsten 50 Jahre zusammen hat.
Es ist deshalb auch besonders.
Und wie haben deine beiden
erwachsenen Söhne darauf reagiert,
dass ihre Mutter
noch mal auf einem Honeymoon ist?
Ich glaube,
die haben sich sehr gefreut.
Das kann ich jetzt hier nicht alles
so erklären. Das war alles gut.
Gott sei Dank alles sehr gut.
Wenn du auf dein Leben guckst, mit
den Irrungen und Wirrungen,
an welcher Stelle bist du?
Du hattest eine nicht so einfache
Kindheit, bist jetzt eine sehr
erfolgreiche Schauspielerin,
hast 2 tolle Söhne, die du sehr
liebst,
hast einen neuen Mann, den du
liebst.
Ich kriege Angst, wenn du so
über mein Leben redest.
Ist das zu schön?
Ich weiß nicht.
Ich glaube, bei mir ist es schön,
dass alles so spät ist.
Ich bin, glaube ich, ein Spätzünder.
Ich habe mich sehr lange aufgehoben.
Ich habe eine sehr späte
flache Karriere gemacht.
Bei mir dauert alles länger,
glaube ich.
Vielleicht.
Aber 1/3 ist ja vor dir.
Ja, jetzt trinke ich noch was.
Wir trinken auf Margarita Broich.
Und auf dein Glück.
Vielen Dank.
Und grüß bitte deinen Mann.
Ja, das mache ich sehr gerne.
Ich bin knallrot.
UT: Nein, du siehst ganz bleich aus.
Ihr habt auch mal zusammen gedreht.
UT: Sie spielt die Kommissarin in
dem Film und ich den Kommissar.
MB: Der war toll.
Ich fand den ganz toll.
UT: Sehr abgedreht.
Die Rolle des Schauspielers trennt
sich vom Kommissar, er sagt, ich
habe keine Lust mehr immer nur in
der Virtualität zu existieren.
2 Tatort Kommissare in einer
Sendung, ich freue mich sehr.
Und eine frühere Gerichtsmedizinerin
aus einem früheren Tatort.
Danke noch mal.
Alles Gute für dich.
Jetzt mal ehrlich.
Wir hatten schon
ein paar magische Momente.
Aber jetzt setzen wir
noch einen drauf mit euch.
Amelie van Tass und Thommy Ten.
Ihr seid Weltmeister
der Mentalmagie.
Ihr seid absolute Superstars
in den Vereinigten Staaten.
Ihr hattet
bis zu 18 Mio. Zuschauer.
Heidi Klum ist fast umgefallen.
Eines hat mich
total sprachlos gemacht.
Vor Kurzem, am 29.09,
gab es die österreichischen
Nationalratswahlen.
Die beiden haben unter notarieller
Aufsicht das Wahlergebnis
bis auf die Stelle hinterm Komma
in eine verplombte Box getan.
TT: In ein Briefkuvert.
Die war
unter öffentlicher Beobachtung.
Bis 1/10 hinter dem Komma
lagen die richtig.
ÖVP 38,4, SPÖ 21,5, FPÖ 17,3.
Was schlimm genug ist, aber das ist
ein anderes Thema.
Die haben das
so genau prognostiziert.
Das ist mir ein Rätsel.
TT: Wir sind sogar einen Schritt
weiter gegangen. Eine Woche vorher
durften wir die Spitzenkandidaten
treffen.
Wir haben Selfies mit ihnen gemacht.
Und wir haben Ihnen dabei schon,
ohne dass sie es gemerkt haben,
ihr Ergebnis vor die Nase gehalten.
Das war sehr spannend.
AT: Spannend auch für uns.
Angefangen habt ihr mit dem Zaubern.
Dann seid ihr zu Mentalmagie.
Also was in den Köpfen los ist.
Natürlich verratet ihr nicht,
wie ihr das macht.
Aber könnt ihr uns
einen Hinweis geben,
wie man das so genau
prognostizieren kann.
TT: Bei uns geht es immer über die
Verbindung, zwischen allen Menschen.
AT: Das war das größte Experiment,
es ging ins Eingemachte.
Wenn das so geklappt hat,
muss ich ehrlich sagen,
wenn du die Gabe hättest, könntest
du auch die Lottozahlen vorhersagen.
KY: Absolut. Oder ich würde Arzt
werden, endlich.
Ich weiß nicht, ob ihr
noch einen Lottogewinn braucht.
So erfolgreich wie ihr seid,
Las Vegas, Hollywood.
TT: Gewonnen haben wir noch nicht,
sonst wäre hier mehr Geld drin. Ich
habe hier nur ein paar Dollarnoten
drin. Und einen Lottoschein aus
Kalifornien. Aber ich habe gedacht,
wir probieren einfach etwas mit
euch. Michael, ich habe eine kurze
Frage an dich.
Tu mir einen Gefallen, spontan,
intuitiv, wie viele Paar Schuhe hast
du zu Hause?
MS: Eins.
Nein, ich hab ein paar mehr. 8.
TT: Ich notiere die Nummer 8.
AT: Was ist dein Lieblingsessen zum
Beispiel?
MZ: Gute Pasta.
AT: Wie viel mal Pasta isst du im
Jahr?
MZ: 365 Tage. Nein, aber bestimmt
150 mal im Jahr.
TT: In der Woche.
Im Monat?
MZ: Ich habe eine ganz schlimme
Dyskalkulie...
TT: Jeden 3. Tag?
Dann sind wir bei 10.
10 oder 11?
MZ: 10.
TT: Ulrich, was ist dein
Lieblingsgetränk?
UT: Weißwein.
Wie viel Weißwein
trinkst du im Jahr?
UT: Flaschen oder Gläser?
TT: Das darfst du dir aussuchen.
UT: Wie viele Flaschen ich am
Wochenende trinke? Sagen wir mal 2.
TT: 2, sehr schön.
Margarita, was ist dein liebstes
Reiseziel?
MB: Ich dachte, jetzt muss ich
mit einer Zahl kommen.
Ein Lieblingsort.
Dann sage ich mal ganz kurz...
MB: Ich glaube, das ist Sizilien.
AT: Wie oft warst du dort?
MB: Vielleicht 15- oder 20-mal.
17.
Irgendeine Zahl zwischen 17 und 49?
23.
Und irgendeine Zahl zwischen 23 und
49?
48.
Wir haben euch ein paar Fragen
gestellt.
AT: Es kommen immer Fragen, ihr habt
die Nationalratswahl vorausgesagt.
Und ich muss euch sagen, wir haben
Lotto gespielt und wir haben
gewonnen. 2,75 Euro.
Vielleicht ist dieser kleine Gewinn
etwas ganz Wichtiges für uns hier
heute Abend.
Meine Geldbörse liegt ja hier, mit
einem Lottoschein drin.
Kannst du mir mal die Zahlen
vorlesen?
KY: Die 02.
Ulrich, du trinkst gerne 2 Flaschen
Wein.
UT: 08.
Wir hatten auch die 8 dabei.
KY: 17,23.
Wir hatten die 10, die 17 und die
23.
6 aus 49.
Kaya wird es unheimlich neben
euch.
Die Zahlen würde ich übrigens
spielen.
Ihr seid Weltmeister der Mental...
Du hast auch mal gezaubert.
MB: Mein Vater hat gezaubert. Der
war Arzt und Zauberer.
Behaupten viele Ärzte von sich.
MB: Der konnte aus einer komplett
geschlossenen Orange einen
10-Mark-Schein rausholen. Und ich
habe nie verstanden, wie.
Und dieser Trick mit dem Daumen und
der Zigarette.
TT: Die Zigarette
verschwinden lassen.
Bei Ihnen hat es auch angefangen.
Bei dir hat es angefangen mit einem
ganz normalen Zauberkasten.
TT: Das 1. Kunststück war, wie man
ein Schuhband zerschneidet und
wieder ganzmacht.
Ich habe es mit den Schuhen meiner
Eltern probiert,
es hat die ersten Male
nicht funktioniert.
Thommy Ten, der Name kommt daher,
die 10 ist eine Glückszahl für dich.
Du wurdest ganz früh in den
Magierzirkel aufgenommen.
Du warst ein hochbegabter Magier.
TT: Ich habe mit 10 Jahren meinen
1. Zauberkasten bekommen, dann habe
ich in der Schule Aufführungen
gemacht. Aber die meisten Schüler in
meinem Alter hatten den gleichen
Kasten. Ich habe also gemerkt, ich
muss mir eigene Tricks ausdenken.
Du hast uns vorher gesagt, okay, das
sind die Gäste heute Abend.
Da spielt der "Tatort" eine Rolle.
Lassen wir uns etwas einfallen
über einen Tatort.
TT: Wir sind wahnsinnige Fans von
Tatort. Wir würden gerne einen
magischen Tatort heute spielen.
Wir beginnen mit Maryam.
Tatorte gibt es mittlerweile über
2.000.
Maryam, wir gehen jetzt in die
Zukunft.
Du darfst wählen, welche Episode es
ist.
Sagen wir, eine Episode zwischen
2.000 und 9.999.
MZ: 4.444.
Margarita, Tatorte gibt es in vielen
verschiedenen Städten. Du darfst
aussuchen, wo wir unseren Tatort
spielen.
Es kann einer von den klassischen
Orten sein, oder etwas Absurdes.
Wo spielt unser Tatort?
MB: Neuwied.
Neuwied am Rhein, für die Bayern.
Meine Damen und Herren, willkommen
zum Tatort 4.444 in Neuwied.
Und wir brauchen natürlich einen
Täter.
Ulrich, ich habe dich vor der
Sendung gebeten, überlege dir, wer
ein Täter sein kann. Du darfst es
aber keinem sagen oder zeigen.
Nur auf einen Zettel notieren und
den Zettel einstecken.
Den Zettel hat niemand gesehen.
UT: Das stimmt.
Meine Damen und Herren, Ulrich Tukur
ist der einzige,
der unseren Täter kennt.
Willkommen in unserem Tatort 4.444
aus Neuwied.
Lieber Ulrich, ich möchte,
dass du dich konzentrierst.
Ich glaube, ich höre im Hintergrund
ein bisschen Musik.
AT: Du bist auch Musiker.
Deswegen glaube ich, du hast dich
für ein Musikinstrument entschieden.
Es ist eine Frau, du denkst an eine
Klavierlehrerin als Mörderin.
Ja, wie habt ihr das...
Wie habt ihr das... Das stimmt.
TT: Meine Damen und Herren,
Amelie hat den Fall gelöst.
Wie geht das?
TT: Ganz kurz, Maryam,
du hast die 4.444 ausgewählt.
Und Margarita,
du hast gesagt Neuwied.
Wir haben vorher
nichts abgesprochen.
Und hier steht es.
Es war der Tatort 4.444 aus Neuwied.
Ich klatsche und staune.
Um auf euch persönlich
zurückzukommen.
Jetzt seid ihr zusammen.
Amelie, du hast dich als Assistentin
beworben mit einem Foto,
das den unteren Teil deines Körpers
zeigt.
Nicht dein Gesicht.
Darauf hast du, Thommy, reagiert?
TT: Es kam ein Bild von diesen
Beinen in diesen Strümpfen und ich
dachte, wer so viel Selbstvertrauen
hat...
AT: Mein Mathelehrer hat gesagt...
Ich habe früher
für ihn Choreografien gemacht.
Das sieht man auf dem Foto nicht.
Er hat gesagt,
was machst du am Samstag?
Ich kenne einen Magier,
der braucht jemanden,
der auf der Bühne erscheint. Er hat
gesagt, wir bräuchten noch ein Foto.
Dann sagte ich,
du weißt doch, wie ich aussehe.
Dann sagte er, nein, der Magier.
Dann dachte ich, sicher nicht.
Ich schicke doch
kein normales Bewerbungsfoto.
Aber man muss dazu sagen, ihr seid
Anfang des Jahres...
Da hat Thommy
ihr einen Heiratsantrag gemacht.
TT: Genau.
Ich stelle mir vor, 2 Hellseher sind
ein Paar.
Da weiß doch der eine...
Der braucht doch nichts zu sagen.
TT: Jetzt muss man sich vorstellen,
wie schwer das ist, wenn deine Frau
die Gedanken immer lesen kann.
Aber ich habe es, glaube ich,
hinbekommen.
AT: Also 30 min vorher habe ich
schon so ein Gefühl gehabt, aber es
war trotzdem wunderschön und eine
Überraschung.
KY: Du hast nicht damit gerechnet,
dass sie Nein sagt?
Amelie van Tass und Thommy Ten,
vielen Dank.
Es ist heute ein Zufall im Grunde
genommen, dass wir über so viele
glückliche Begegnungen reden können.
So viele Hochzeiten.
Michael, Margarita,
und die anderen sind verlobt.
MB: Die jüngste Braut.
MZ: Es ist in Ordnung,
allein zu sein.
Maryam, ich fürchte, Sie sind die
einzige in der Runde, die nicht
geheiratet hat.
2018 war für dich, Michael Schulte,
ein besonderes Jahr.
Der Höhepunkt war der Eurovision
Song Contest.
Für viele ist das eine
Angstveranstaltung, weil Deutsche
häufig weit hinten liegen. Und jetzt
hast du Platz 4 gemacht.
* Applaus *
Und zwar ohne große Show.
Einfach mit diesem
Song "You let me walk alone".
Ein Song über deinen Vater, der
verstorben ist, als du 14 warst.
Wieso hast du dich getraut, so ein
persönliches Lied dort zu bringen?
Ich habe mir das schon lange
überlegt, ob ich das machen möchte.
Weil es ein Thema ist, wo man nicht
so schnell auf eine Bühne geht,
wo 2 Mio. Menschen zuschauen.
Das war damals 2018.
Ich habe ihn mit 14 verloren.
Und ich habe realisiert,
wie viele Menschen schon einen
Elternteil verloren haben.
Da muss man nicht schweigen.
Das sollte man ansprechen.
Ich hatte die Chance,
beim ESC zu singen für Deutschland.
Und ich wollte über das Thema
singen, was mich am meisten bewegt.
Weil der Zuschauer merkt, wenn
derjenige, der auf der Bühne steht,
das auch meint und fühlt.
Und es ist nach 10 Jahren
immer noch das Thema,
was mich am meisten bewegt.
Deswegen habe ich
das Lied geschrieben,
hätte aber nicht gedacht, dass ich
so viel Erfolg damit habe.
Du hast auch vorher einen Aufruf
gemacht, Leute, schickt Fotos von
euch, Söhne und Väter. Aber ein
eigenes hast du nicht hochgeladen?
Nein, habe ich nicht gemacht.
Ich glaube, weil ich meinen Vater
hätte fragen wollen,
ob das okay ist,
es auf einer großen Bühne zu zeigen.
Mein Vater hat nicht mitbekommen,
was nach seinem Tod passiert ist.
Dass ich als Musiker erfolgreich
geworden bin.
Das ist schade.
Weil ich würde mir wünschen, dass er
sieht, dass ich Erfolg habe.
Damals, als er noch da war,
ich habe ihm gerne
auf der Gitarre etwas vorgesungen.
Er hat oft Tränen bekommen.
Wir hatten
eine ganz besondere Beziehung.
Was hat diese Beziehung ausgemacht?
Er war einfach
ein wahnsinnig toller Mensch.
Jemand, der schon etwas älter war.
Es war die 2. Ehe von ihm.
Er hatte schon Kinder aus 1. Ehe.
Er war so wunderbar weise und ruhig.
Er war entspannt.
Das hat er mir
mit auf den Weg gegeben.
Ich habe das genossen.
Die Person, die als starker Mann
für mich immer da war.
Ich war 14.
Da schaust du zu deinem Vater
in den meisten Fällen hoch.
Und willst so werden wie er.
Und dann ist er nicht mehr da.
Das ist in dem Alter fies.
Mein größter Wunsch wäre,
mit ihm an der Bar zu stehen
und ein Bier zu trinken
und über Frauen zu reden.
Das ist etwas,
was ich leider nicht machen kann.
Du hast eben schon gesagt,
200 Mio. Menschen haben damals
zugeguckt.
Hast du bis heute das selbst mal
angeguckt, was du da performt hast?
Nee, ich habe den Auftritt
selbst noch nicht gesehen.
Ich habe mich noch nicht getraut.
Es gibt ein Juryfinale
und ein richtiges Finale.
Am Vorabend gibt es das Juryfinale,
dass für die Jury da ist,
um es zu bewerten.
Nach dem Juryfinale
war ich sehr glücklich.
Nach dem Finale,
was live im Fernsehen war,
war ich nicht so ganz zufrieden.
Ich habe nachher viele Nachrichten
bekommen, du hast so toll gesungen.
Ich wusste aber, dass ich für mich
nicht perfekt gesungen habe.
Ich habe Angst, wenn ich mir das
ansehe, dass ich sehe,
es ist nicht so perfekt gewesen.
Das war im Grunde genommen auch der
vorläufige Höhepunkt
eines sehr langen Weges.
Du hast ja eben gesagt, du hast sehr
früh angefangen, hast deine Songs
auf YouTube hochgeladen. Vorher
wolltest du Profifußballer werden?
Das war lange Zeit
mein großer Wunsch.
Ich habe 12 Jahre lang
aktiv gespielt.
Teilweise 5- bis 6-mal die Woche
Fußball in der Jugend.
Das war meine große Leidenschaft.
Ich bin immer noch
großer Fußballfan.
Aber ich habe gemerkt,
es gab immer Jungs,
die besser waren als ich.
Deswegen habe ich aufgehört und bin
in Richtung Musik gegangen.
Ich habe als 1. Musiker Deutschlands
2006 YouTube Videos hochgeladen.
Ich war meist abonnierter
deutscher YouTuber.
Danach haben alle
YouTube für sich entdeckt.
Aber du hast ja auch Angebote
bekommen, in eine Castingshow zu
gehen. Du hast aber gesagt, das
möchte ich eigentlich nicht.
Bis ein Anruf kam von einem ganz
Großen, den du bewundert hast.
Es war so,
dass wir große Reamonn-Fans wearen.
Es gibt noch ein Video.
Ich hatte meine 1. Digitalkamera
gekauft und habe meinen Vater
gefilmt.
Im Hintergrund lief "Supergirl".
Es war verrückt, dass genau der
Musiker später anrief,
der die krasse Verbindung zu uns
in der Familie hat.
Er hat mich gefragt, ob ich nicht
Lust habe, mit ihm zu singen.
Das war auf der Kieler Woche.
Er war Coach
bei "The Voice Of Germany".
Ob ich nicht Lust hätte zu singen.
Ich war ein sehr schüchterner Typ.
Kameras und Fernsehen, ich weiß
nicht, ob das meins ist.
Ich habe es probiert.
Und es lief gut.
Es läuft seitdem wie am Schnürchen,
kann man sagen.
Du kommst aus dem hohen Norden,
du hast eine ganz enge Verbindung
zu Dänemark.
Das war so grenznah,
du hast auch Dänisch gelernt.
Nicht direkt eine Sprache,
wo viele sagen, das muss ich
unbedingt noch lernen.
Es ist eine schöne Sprache.
Ich bin im Umkreis von Flensburg
aufgewachsen.
Da gibt es eine dänische Minderheit
und in jedem 5. Dorf
eine dänische Grundschule.
Ich hatte die Wahl, auf welche
Schule ich meine Kinder schicke.
Meine Eltern konnten kein Dänisch
sprechen.
Aber dieses System der dänischen
Schule gefiel uns gut.
Da wird alles auf Dänisch
unterrichtet.
Mit 3 oder 4 bin ich in den
Kindergarten gekommen.
Da lernt man es
wie die 2. Muttersprache.
Was heißt denn:
Mein Bambi steht auf dem Kaminsims?
Das kann ich nicht mehr.
Das ist zu lange her.
Wir haben leider auch keinen Kamin.
Aber der kommt vielleicht noch.
Du bist jemand, der sich gerne an
andere Mentalitäten, Nationalitäten
annähert. Hast du einen Bezug zum
Dänischen?
Ja. Es ist eine interessante
Sprache.
Wenn du rote Grütze mit Vanillesauce
bestellst, heißt das:
(imitiert Dänisch)
Es kursiert im Internet, ich weiß
nicht, ob es stimmt, dieser Satz,
Ich bin böse und knalle die Tür zu.
D.h. auf Dänisch: Ich bin schwul
und bumse einen Stier.
MS: Davon weiß ich jetzt nichts.
Nein.
KY: Das geistert
durch das ganze Internet.
MS: Ich werde mich schlaumachen.
Aber was die Sprachbegabung angeht,
Margarita Broich hat ja mal
Ulla Hahn, "Der Teufelsbraten"
gemacht.
Da musstest du Kölsch lernen.
Das wurde minutiös geübt.
Jedes Kölsche Wort
wurde genau festgelegt.
Da war so ne Situation:
Mein Kind liest zu viel,
und ich verstehe das nicht.
Das Kind sollte besser
im Garten arbeiten.
Dann sagte man, das heißt Böscher,
nicht Bücher.
Das ging stundenlang.
Das hörte sich jetzt genauso an.
Es ist wirklich fies. Dieses stumme
"D" ist als Deutscher nicht
auszusprechen. Die Deutschen können
das nicht.
Meine Frau versucht es immer wieder,
aber es ist ganz schwierig,
wenn man es nicht als Kind direkt
lernt.
UT: Das ist die einzige von den
germanischen Sprachen, von denen man
nichts versteht.
Ich verstehe bisschen norwegisch,
bisschen schwedisch, aber dänisch...
MS: Für mich ist Norwegisch ein
bisschen so, wie für einen
Hochdeutschen Bayerisch.
Also ich verstehe es, aber ich
empfinde einen komischen Dialekt.
Aber Schwedisch finde ich noch
komischer.
Kannst du dir vorstellen,
mal auf Dänisch zu singen?
MS: Ich habe ein Video auf YouTube,
wo ich Dänisch gesungen habe.
Und bei den Pressekonferenzen beim
Eurovision Song Contest habe ich
auch immer Dänisch gesprochen,
um mir die Punkte aus Dänemark
zu sichern.
Im vergangenen Jahr
gab es viele berufliche Erfolge.
Es kam aber auch
dein Sohn zur Welt.
Als du über deinen Vater erzählt
hast und das Glück und die Trauer,
was möchtest du
für deinen Sohn bedeuten?
Was möchtest du für ihn sein?
MS: Im Idealfall möchte ich, dass er
so über mich denkt, wie ich über
meinen Vater gedacht habe und immer
noch denke.
Ich habe meinen Vater vergöttert.
Ich weiß nicht, ob es daran liegt,
dass ich meinen Vater so früh
verloren habe.
Ich habe immer gedacht, mein größtes
Lebensziel ist, Vater zu werden.
Es hat funktioniert. Letztes Jahr
war ein verrücktes Jahr.
Es geht weiter. Am 25.10.
erscheint dein neues Album.
Du singst jetzt einen Teil.
Hier live im Kölner Treff.
Einen kleinen Teil davon.
Michael Schulte.
Der Mann,
der nur eine Gitarre braucht.
Danke, dass du da bist.
Alles Gute für dich.
Und Grüße an Frau und Sohn.
Ulrich Tukur.
Du bist dran.
Was war das Lieblingsziel?
Sizilien hattest du gesagt.
Die meisten Deutschen wollen
unbedingt irgendwann
mal nach Venedig fahren.
Sie leben an die 20 Jahre in Venedig
und verlassen Venedig.
UT: Ja, weil jedes Ding hat seine
Zeit. 20 Jahre ist ein ordentlicher
Zeitraum.
Man fragt sich sowieso, wenn man
Venedig ein bisschen kennt,
unfassbar viele Touristen,
unfassbar teuer.
UT: Touristen gab es schon zu
Albrecht Dürers Zeiten.
Warum gehen Sie weg?
Weil ich mal da wohnen möchte, wo
ich auch arbeite.
Und weil die Stadt irre anstrengend
ist.
Ich mochte das natürlich gerne, die
ersten 10 Jahre,
Sie schleifen Ihre Koffer aus dem
Bahnhof, alles ist überall voll.
Und übermorgen geht das Ganze
von vorne los.
Das ist eine tolle, wunderbare
Stadt, aber es ist anstrengend,
wie Italien überhaupt
als 1. Wohnsitz anstrengend ist.
Alles ist schwierig, die Leute sind
hinreißend,
aber das Land ist nicht
unkompliziert.
Aber warum war Italien überhaupt
der gewünschte Wohnort?
Oder kann man sagen, Sehnsuchtsort
Das war nicht mein Sehnsuchtsort. Es
war eigentlich eher Frankreich. Ich
konnte Französisch gut, habe mich
für die französische Kultur
interessiert.
Ich lernte eine Frau kennen, mit der
war ich dann verheiratet.
Bravo.
Ich hatte die Beziehung ein bisschen
versaubeutelt.
Ich habe viele Fehler gemacht, dann
war die Dame weg.
Dann bin ich zu Kreuze gekrochen und
habe gesagt, bitte, ich möchte mit
dir mein Leben verbringen. Du darfst
auch den Wohnort aussuchen.
Und sie sagte, nach Frankreich will
sie nicht,
Franzosen sind wie Deutsche, die
Italiener spielen.
Das ist interessant.
Und sie sagte, ich will nach
Italien.
Und ich habe gesagt, na gut.
Dann sind wir nach Genua geflogen,
das war aber nichts, und dann kamen
wir bei Hochwasser in Venedig an.
Diese Stadt war so irrsinnig schön,
wir saßen da,
bis zu den Knien im Wasser
in einer Pension
in antikem Mobiliar,
es kam eine kleine Kellnerin rein,
die hatte eine Schürze, die schwamm
dann auf dem Wasser. Und ich sagte,
das kann ich mir vorstellen.
MB: Mein Sohn Hans war vor einer
Woche das 1. Mal in Venedig.
Er rief mich morgens an und sagte,
hier ist der ganze Marmor.
Das fand ich eine ziemlich lustige
Bemerkung.
Aber Sie haben sich in die Sprache
vertieft? Sie sprechen Italienisch?
Ja, das muss man auch.
Wenn du in eine andere Kultur gehst,
musst du die Sprache lernen.
Und Sie sind auch ein Kommunikator,
Ulrich Tukur. Es gibt da einen
Dokumentarfilm, da sieht man,
wie Sie in einer Trattoria in
Italien mit den Leuten kommunizieren
und Musik machen.
Das ist auch ganz einfach in
Italien.
Die Leute sind wunderbar verspielt
und offen. Das liebe ich.
Und das Essen ist auch fantastisch.
Trotzdem, ich gehe nach Belmonte.
Belmondo.
- Nicht Belmondo, Belmonte.
Aber die Musik nehmen Sie mit?
Die Musik nehme ich mit, klar.
Italienische Chansons.
Die sind wunderbar.
Sie sind Schauspieler, international
erfolgreich, Sie sind Musiker mit
einer eigenen Gruppe, die im
Schlafanzug auftritt. Sie sind
Autor, haben gerade ihren 1. Roman
vorgelegt.
Morgen kommt er raus.
"Der Ursprung der Welt".
Ein spannendes Buch.
Wie das berühmte Gemälde.
Das hat auch mit dem Skandalgemälde
von 1866 sehr viel zu tun.
Aber zurück ins Italien von heute,
welches Lied möchten Sie uns als
Abschiedslied aus Venedig spielen?
Das wäre schon ein Nachtlied,
ein Abschiedslied.
Ich liebe Domenico Modugno,
ein italienischer Poet.
Berühmt geworden durch "Volare".
Ein wunderbarer Text.
In kurzen Sätzen ist er in der Lage,
eine romantische,
heitere, lichte,
wunderbare Welt zu zaubern.
Es ist die Geschichte
eines alten Mannes,
der durch ein mittelalterliches
Städtchen läuft.
Mit Zylinder und Frack und
Halsschleife und Spazierstock.
Er grüßt den Mond,
die Straßenlaterne.
Ein Fuhrwerk
verschwindet im Dunkeln.
Eine Katze verschwindet im Dunkeln.
Dann singt er noch "Bon nuit".
Zum nächsten Vers komme ich
wahrscheinlich nicht mehr,
weil wir so einen Druck haben.
dann sieht er auf dem Fluss
etwas davon schwimmen.
Es ist ein Lied von einem Suizid.
Ein Abschied von Italien.
Abschiede sind kleine Tode.
♪ Neulich war ich in Dänemark.
Da ging ich in den Nansen-Park. ♪
Falsch.
Es ist Mitternacht.
Die Straßenlaternen erlöschen.
Ein letztes Wirtshausschild
erlischt.
(singt italienisch)
* Musik: Domenico Modugno
"Vecchio frac" *
(pfeift)
Ich kann nicht pfeifen.
Ist es manchmal eine Last, so viel
zu können?
Ach, ich kann viel halb.
Mann muss sich irgendwann mal
auf etwas ganz konzentrieren.
Man verzettelt sich leicht.
In dem Roman geht es um die
Hauptfigur, die im Grunde genommen
mit der Gegenwart nicht klarkommt.
Sie dockt an, an die Vergangenheit
und an die Zukunft.
Ein Roman über 60 Jahre.
Er spielt 2033 in einem Europa,
das sich in einem ziemlichen
Durcheinander befindet.
Und es spielt 1943.
Es geht um eine Figur, die in
verschiedenen Zeiten lebt.
Was hat das mit Ihnen zu tun? Sind
Sie auch ein Typ, der sich schwer
tut in der Realität?
Ich bin in einer Familie
großgeworden.
Ich hatte auch eine Mutter, die
sprach nicht türkisch,
sondern schwäbisch. Ein typischer
Satz meiner Mutter war:
Als ich Hamlet
am Schauspielhaus spielte.
Ich fragte meine Mutter,
wie hat es dir gefallen.
Sie sagte,
es war nicht schlecht, aber fass dir
doch nicht andauernd ins Gesicht.
Das war mein Elternhaus.
Es es waren eigentlich
wunderbare Eltern.
Aber es war sehr spießig,
bürgerlich, schwäbisch.
Ich bin großgeworden
mit der Literatur meines Großvaters.
Also der Generation
vor der Generation.
Es war diese Nachkriegszeit.
Ich habe mich weggeträumt
in andere Welten.
In andere fantastische Bereiche.
In Märchen und Sagen.
Das Haus meiner Großmutter
hat mich geprägt.
Das findet sich
in diesem Buch wieder.
Man schreibt natürlich über sich.
Da geht es auch um bestimmte Häuser,
um bestimmte Personen.
Es geht darum, dass ein junger Mann
auf einmal ein Fotoalbum findet,
ein historisches
aus den 1920er-Jahren,
und sieht sich
dutzendfach abgebildet.
Wir befinden uns in Paris 2033.
Er fährt in einen Ort an der
französisch-spanischen Grenze.
Er merkt, dass er eine Reise
in seine eigene Seele und
Familiengeschichte und die der
letzten 100 Jahre macht.
Wenn Sie sagen, das hat immer mit
demjenigen zu tun, der schreibt,
dann reden Sie jetzt von dem, wo man
sich überhaupt nicht zurechtfindet.
Wenn man aber Ihr Leben anschaut,
haben Sie ein extrem gutes Leben.
Ich beklage mich auch nicht. Aber
ich bin trotzdem dunkel grundiert.
Ich komme aus einer
eher düsteren Familie.
Ich habe Glück, dass ich ein
bisschen Blut von meiner Großmutter,
die heiter war, in mir fließen habe.
Man ist als Komiker besonders gut,
wenn man unten drunter
eine Verzweiflung hat.
Das macht so eine Komik
plastisch und komplex.
Das Leben ist dunkel und hell.
Und Sie sind eigentlich immer
unterwegs als Schauspieler, der
international spielt.
Sie haben mal gesagt, ich sehe meine
Frau immer nur die Hälfte des
Jahres. Das ist unser Geheimnis.
Wir sehen uns nicht sehr oft.
Das stimmt.
Sie haben Ihre Frau noch nie
ungeschminkt gesehen?
Das ist einer dieser Sprüche,
die man mal ablässt.
Nein, ich habe sie schon...
Sie ist auch ungeschminkt
sehr schön.
Es ist eine von diesen Menschen,
die sich toll schminken können,
ohne dass man es merkt.
Und sie ist eine Erscheinung.
Es ist eine sehr spezielle Person.
Eine wunderbare Person.
Übrigens auch eine Fotografin.
Herr Tukur, Sie haben vor 9 Jahren
angefangen,
auch einen Tatort-Kommissar zu
spielen.
Er hat einen Gehirntumor,
er lebt aber immer noch.
Ja,
das war die Möglichkeit, möglichst
schnell aussteigen zu können.
Der nächste Tatort kommt
übernächsten Sonntag. Und jetzt
halten wir uns alle fest, wir haben
einen kurzen Ausschnitt.
Scheiße.
Wer sind die da draußen?
Sie haben sich zusammengetan.
Verdammte Scheiße, das ist Krieg.
Wenn sich der Abschaum der Welt
zusammenrottet, gnade uns Gott.
Wir müssen uns gemeinsam gegen diese
Plage wehren.
Viva la revolucion.
Wir sind am Arsch.
Wir müssen diese Plage ausbrennen.
Wahnsinn.
Ein Mann mit unendlich vielen
Facetten.
Ulrich Tukur, vielen Dank.
Bin ich durch?
Darf ich jetzt trinken?
Sie dürfen trinken. Zum Wohl.
Maryam Zaree, Sie sind vielen
als Schauspielerin bekannt
durch viele Rollen
im Fernsehen und im Kino.
Aber heute geht es
um Ihre eigene Geschichte.
Ihre Eltern kommen aus dem Iran.
Ihre Mutter ist geflohen, Sie sind,
als sie klein waren,
in Frankfurt aufgewachsen.
Wussten Sie damals,
warum Ihr Vater nicht bei Ihnen war?
MZ: Es ist schwierig zu sagen.
In meinem Dokumentarfilm gibt es
Ausschnitte, wo es Videobotschaften
von ihm gibt. Ich wusste, dass er
nicht bei uns sein konnte.
Aber ich hatte keine wirkliche
Vorstellung davon, wo er war.
Kinder ahnen manchmal, dass
irgendetwas nicht in Ordnung ist.
Das etwas als Schatten
über dem Leben liegt.
Hatten Sie eine Vorstellung von dem,
woher Sie kommen?
Oder warum Sie
nach Deutschland gekommen sind?
Hat Ihre Mutter davon erzählt?
MZ: Nein. Ich habe das erst mit 12
Jahren erfahren, durch einen Zufall.
Meiner Tante, die in Frankreich
lebt, ist es rausgerutscht.
Da habe ich erfahren, dass ich im
politischen Gefängnis geboren bin.
Mein Vater war zu diesem Zeitpunkt
schon in Deutschland
und meine Eltern haben keinen Weg
gefunden, mir das zu sagen.
Man möchte natürlich seinem Kind
ein lebensbejahend Bild vom Leben
vermitteln
und es ist schwierig, zu sagen,
du bist in einem Foltergefängnis
geboren.
"Born in Evin", so heißt der Film,
der Premiere in Frankfurt hat,
dann in Berlin.
Er kommt auch in die Kinos.
Wir zeigen einen Ausschnitt, wo man
Sie als kleines Mädchen sieht.
Ich weiß 2 oder 3 Dinge über
meine Kindheit.
Meine Mutter und ich kamen aus dem
Iran, aber lebten alleine in
Deutschland. Ich hatte auch einen
Vater, aber damals wusste ich nicht,
warum er nicht bei uns war.
Heute bin ich 35 Jahre alt.
Und ich weiß dass er nicht bei uns
sein konnte,
weil er in einem politischen
Gefängnis saß.
Außerdem weiß ich, dass ich in
diesem Gefängnis geboren bin.
Vielmehr weiß ich allerdings nicht.
Meine Mutter und ich verstehen uns
sehr gut.
Und trotzdem können wir nicht über
die Vergangenheit sprechen.
Ich will wissen, was meine
Geschichte ist.
Aber wo in aller Welt fängt man an?
Es ist ein Film,
der jetzt erst in die Kinos kommt,
aber schon 4 Preise eingeheimst hat.
Unter anderem auf der Berlinale.
Es ist nicht nur Ihre
eigene Geschichte,
sondern die vieler Menschen,
die im Iran Folter erlebt haben.
Warum war es Ihnen ein Bedürfnis,
diesen Film zu drehen?
MZ: Es gibt viele Gründe. Einer war,
auf der einen Seite sind die Täter
nach über 40 Jahren immer noch an
der Macht.
Menschen wurden entwürdigt,
gefoltert, ermordet.
Und es gibt keine Aufarbeitung.
Der Film geht also auch über diese
Straflosigkeit.
Darüber hinaus war es mir ein
Anliegen, darüber zu erzählen,
was es bedeutet,
wenn innerhalb der Familie nicht
gesprochen werden kann.
Gerade in Deutschland.
Wenn man die Eltern oder Großeltern
nicht fragen kann, was ist denn
eigentlich passiert.
Haben Sie denn Ihre Mutter gefragt?
Ja, das erzählt der Film. Ich wollte
sagen,
es ist nötig, diese Fragen zu
stellen.
Denn unsere Gegenwart basiert auf
dieser Vergangenheit.
Und diese Traumata prägen uns.
Deshalb ist es wichtig, die
Verdrängung nicht fortzusetzen,
sondern einen Ausdruck dafür zu
finden.
Ihre Mutter
ist eine beeindruckende Frau.
Ich kenne sie nur durch den Film.
Sie hat sich zur Wahl als
Oberbürgermeisterin in Frankfurt
gestellt.
Sie ist studiert, ist Psychologin
geworden ist
in die Kommunalpolitik gegangen.
Können Sie verstehen, warum Ihre
Mutter nicht mit Ihnen darüber
sprechen wollte,
darüber, was vorher geschehen ist?
Absolut. Ich kann es sehr gut
verstehen und ich habe auch eine
große Anerkennung dafür. Ich denke,
Menschen, die solche schrecklichen
Sachen überlebt haben, das ist schon
ein Akt der Resilienz und des
Widerstandes gegenüber dieser
Gräueltaten. Und deshalb liegt es
nicht in ihrer Verantwortung,
unbedingt sprechen zu müssen. Aber
ich denke auch, man kann nicht
wirklich von Schweigen sprechen. Wir
kommunizieren durch so viele
verschiedene Kanäle.
Ich fand das interessant, bei diesem
Lied, das ja auf Italienisch war.
Man spürte trotzdem, worum es geht.
Durch die Art, wie wir unser Leben
gestalten,
kommunizieren wir ganz viel.
Wie stand Ihre Mutter
zu dem Vorhaben Film?
Es kam doch nah an sie ran.
Meine Mutter bildet die Klammer des
Filmes. Ich habe den Film in 5
Ländern gedreht, ich habe sehr viele
Überlebende gefunden, Kinder, die
mit mir im Gefängnis geboren waren.
Meine Mutter und mein Vater sind
aber natürlich Protagonisten im
Film. Und sie waren von Anfang an
einverstanden. Aber es war trotzdem
nicht einfach.
Aber ich glaube, es gibt eine
Aufgabe, die über das Persönliche
hinausgeht. Und ich denke, sie
wollten eine Stellvertreterfunktion
übernehmen. So viele ihrer Freunde,
die nicht sprechen können,
sie stellen sich dafür zur
Verfügung.
Wir erzählen unsere Geschichte und
hoffen, dass wir die Geschichten von
vielen anderen miterzählen.
Sie sind sozusagen
auf Ihre eigenen Spuren gekommen.
Sie haben sich klargemacht, was
bedeutet es für Ihre Mutter,
ein Kind im Gefängnis
zur Welt zu bringen.
Unter unvorstellbaren Bedingungen.
Was hat der Film
bei Ihnen ausgelöst?
Es ist nicht so einfach, das zu
beschreiben, diesen Prozess. Denn
ich bin ja die Regisseurin und
begleite mich selbst als
Protagonistin. Oft denken Menschen,
ich habe den Film gemacht,
um etwas aufzuarbeiten.
Aber ich glaube, wenn ich nicht
selbst jahrelang Psychoanalyse usw.
in meinem privaten Raum gemacht
hätte,
wäre ich gar nicht in der Lage
gewesen, mich künstlerisch und
politisch mit dem Thema
auseinanderzusetzen.
Aber es waren 4 Jahre meines Lebens,
ich habe 4 Jahre an diesem Film
gearbeitet. Es hat mich enorm
geprägt
und teilweise musste ich in Abgründe
hineinschauen und das aushalten.
Dann darin aber auch Schönheit zu
finden.
Und auch ein Vertrauen ins Leben.
Man gewinnt da ganz schön viel,
gerade wenn man Leuten zuhört, die
Seiten vom Leben mitbekommen haben,
die nicht so schön sind.
Es gibt sehr schöne Szenen
in diesem Film.
Wir haben ein paar davon gesehen.
Auch die Bilder von Ihnen als Kind
und der glücklich wirkenden
Mutter.
Gleichzeitig gibt es
Schilderungen von Folterungen.
Wo man ganz tief durchatmen muss,
um das auszuhalten.
Was sagt dieser Film denen,
die keinen persönlichen Bezug haben?
Ich muss gestehen, ich war
vorgestern in Ravensbrück,
ein Konzentrationslager in der Nähe
von Berlin.
Ein Frauenlager, da sind auch Kinder
geboren worden, sind Menschen
vergast und umgebracht worden. Und
das ist nur ein bisschen von Berlin
entfernt. Es ist viel, was mit uns
zu tun hat.
Ich glaube, es ist schwierig, sich
das anzuschauen.
Und es ist trotzdem notwendig.
Und es ist auch politisch notwendig.
Sie haben eben angedeutet, dass Ihre
Mutter Psychologie studiert hat.
Der 2. Mann, den sie geheiratet hat,
ist Psychoanalytiker.
Man hat sich also sehr viel
mit dem Verarbeiten von Traumata
beschäftigt.
Wenn das nicht gewesen wäre, wie
hätte Ihr Leben anders ausgesehen?
Wenn die nicht Psychologen gewesen
wären?
Wenn diese Tradition nicht
in der Familie dagewesen wäre,
sich damit zu beschäftigen?
Das prägt einen natürlich. Nicht nur
auf psychologischer Ebene.
Meine Mutter ist auch Politikerin,
die sich immer wieder gegen
Ungerechtigkeit und Ungleichheit
einsetzt. Mein Vater ist auch ein
politisch aktiver Mensch. Und was
ich von all diesen 3 Eltern, die ich
nun mal habe, mitbekommen habe, ist
ein großes Gefühl für die Suche nach
Integrität, nach Wahrhaftigkeit.
Etwas zu tun, das einen Wert hat,
das Bedeutung hat. Und die Wege, die
sie sich gesucht haben, spielen
natürlich auch eine Rolle.
Wenn ich es richtig verstehe,
hat Ihre Mutter versucht,
das war ihr Wunsch und Wille,
diesen Schatten von der Tochter
fernzuhalten.
Damit sie nicht in dieser Dunkelheit
aufwächst, sondern ins Helle geht.
Wenn ich sehe, wie erfolgreich Sie
als Schauspielerin sind,
dann hat das doch geklappt.
UT: Wenn der Knoten nicht gelöst
ist, geht das immer weiter. Man muss
diese Dinge ansprechen. Der Mensch
ist ein Abgrund.
MZ: Ich denke, es geht darum,
anzuerkennen, was stattgefunden hat.
Und trotzdem sich für das Ja
zum Leben zu entscheiden.
Es ist ein "trotzdem".
Deswegen muss man da hinschauen,
kann es nicht
unter den Teppich kehren.
Ansonsten hat es fatale Folgen.
Das war eine Art Schlusswort.
Dieses Ja zum Leben.
Dass dieser Film, der viele Dinge
vermittelt, die traurig, brutal
und schrecklich sind, aber trotzdem
hinterlässt als Gefühl.
Ich kann den Film nur empfehlen.
Ich danke Ihnen,
dass Sie ihn gemacht haben.
Maryam Zaree.
Vielen Dank.
Das war der heutige Talk
am Dienstag.
Heute mit dem Kölner Treff.
Nächste Woche mit den Kollegen
von "2nach9",
"3nach9", Entschuldigung.
Aber es sind 2: Judith Rakers
und Giovanni di Lorenzo.
Bis dahin alles Gute.
Tschüs zusammen.
Copyright WDR 2019