"Jetzt passiert es gleich, jetzt küssen sie sich!"

Julia E. Lenska über ihre Rückkehr als Kommissarin und Jonas Minthe über seinen Einstieg in die Serie

Gregor Michalski (Jonas Minthe) und Nina Weiss (Julia E. Lenska)
Gregor Michalski (Jonas Minthe) und Nina Weiss (Julia E. Lenska) | Bild: ARD / Thorsten Jander

Julia E. Lenska über ihre Rückkehr als Kommissarin und Jonas Minthe über seinen Einstieg in die Serie

Julia, du hast mit Jonas einen neuen Partner an deiner Seite. Warum passen die beiden Kommissare so gut zusammen?

JULIA E. LENSKA: Kommissarin Nina Weiss möchte schnell sein, im Denken und im Handeln, und die Fälle am liebsten im Handumdrehen lösen. Ihr inneres Tempo ist sehr hoch. Gregor Michalski geht die Sache ganz anders an. Er ist ein relativ entspannter, unaufgeregter Mensch und strahlt eine angenehme Gemütlichkeit aus, so wie ein Bär (lacht). Es sind zwei unterschiedliche Charaktere, aber sie ergänzen sich perfekt.

JONAS MINTHE: Gregor ist eine Art Gegenpol zur Kommissarin. Sie ist ja immer so auf Zack. Nicht, dass er langsam wäre, aber gemütlich trifft es recht gut. Er bringt eine gewisse Grundgelassenheit mit, ohne dass es heißt, er nehme seine Arbeit nicht ernst. Diese Haltung der Figur entspricht mir auch persönlich. In meinem privaten Leben gibt es wenige Dinge, die mich aus der Fassung bringen können. Ich rege mich selten über Kleinigkeiten im Alltag auf. Nur wenn ich etwas himmelschreiend ungerecht finde, könnte ich an die Decke gehen.

Gregor ist für die Zuschauer kein Unbekannter. Er war schon 2016 in einer Folge von "Morden im Norden" zu sehen – als Spurensicherer.

MINTHE: So wie wir die Geschichte erzählen, war er damals dem Rechtsmediziner Dr. Henning Strahl unterstellt. Natürlich ist Strahl nicht sonderlich amused darüber, dass er jetzt einen seiner besten Leute an die Mordkommission verliert, wie er sagt. Doch Gregor hat genug von der Einsamkeit der klinischen Ermittlungsarbeit. Er ist ein Menschenfreund, was ich echt schön finde. Bei der Polizei sucht er auch das menschliche Miteinander. Es ist ihm wichtig, anderen Leuten zu begegnen, im Team zu arbeiten und mit Kollegen unterwegs zu sein.

Julia, du bist Mutter geworden und hast ein Jahr Drehpause gemacht. Hat sich in dieser Zeit viel verändert?

LENSKA: Definitiv, für mich privat und natürlich auch für Nina Weiss hat sich vieles zum Positiven verändert. Sie hat sich von der Anfängerin zur selbstbewussten Kommissarin entwickelt. Sie kann das Vertrauen bestätigen, das Finn und Lars in sie als Kollegin setzen. Die beiden sind Nina gegenüber deutlich aufgeschlossener als früher. In der Anfangszeit war ich immer ein bisschen neidisch auf die Herren, die durch Lübeck zogen, während ich mit meinem großen Spieldrang im Büro herumsaß. Seit Gregors Einstieg erlebe ich eine wirkliche Vierer-Kombination. Wir Kommissare bewegen uns auf Augenhöhe, jeder ist voll involviert in die Fälle. Es macht richtig Bock, zur Arbeit zu kommen. Nina ist aber auch privat angekommen. Sie hat geheiratet und ein Kind zur Welt gebracht. Zwar wird das Privatleben so gut wie nicht erzählt, aber wir kennen jetzt Ninas Background. Mutter zu sein, das verleiht ihr nochmal eine andere Qualität, eine andere Reife in der Art, wie sie ermittelt und die Menschen sieht.

Zwischen Nina und Gregor hat es damals heftig gefunkt. Sind sich die beiden weiter sehr zugeneigt?

LENSKA: Wahrscheinlich kommt ihre Geschichte irgendwann an einen Punkt, an dem eine Entscheidung ansteht. Entweder sagen beide dann: stopp, oder sie lassen zu, dass es passiert. In der 9. Staffel hat man oft das Gefühl, jetzt passiert es gleich, jetzt küssen sie sich! Aber dann passiert irgendetwas anderes, die Arbeit platzt dazwischen. Das bedeutet: Dieses "irgendetwas passiert" müsste einmal wegbleiben, damit ES passiert zwischen den beiden (lacht). Ich weiß nicht, wie lange man dieses Flirten noch aufrechterhalten kann.

MINTHE: In der Folge "Tiefer Fall" wäre es fast zu einer körperlichen Annäherung gekommen, wenn nicht genau in diesem Augenblick hinter ihnen ein Mann vom Dach einer Turnhalle gestürzt wäre. Es ist eine Gradwanderung zwischen einem spielerischen Flirt, einer tief empfundenen Sympathie und vielleicht eben doch etwas mehr. Ich finde es schön, wenn so etwas wie ein Kuss im Raum steht. Aber es ist auch klar, dass Nina eine verheiratete Frau ist. Das ist ja nicht Nichts. Wenn das Flirten zum reinen Selbstzweck wird, läuft es Gefahr, dass die Ernsthaftigkeit verloren geht. Gregor hat in dieser Frage einen klaren Wertekompass: Wenn beide etwas miteinander anfangen, obwohl Nina einen Mann zuhause hat, dann muss man es thematisieren. Julia, weißt du was ich meine?

LENSKA: Total. Ich betrachte das Ganze als etwas sehr Natürliches. Gregor war schon einmal da. Ich stelle mir vor, die beiden hatten etwas miteinander, aber es ging nach ein paar Monaten auseinander, weil Nina eventuell nicht bereit dazu war, weiter zu gehen. Jetzt treffen sie im Kommissariat wieder aufeinander, und ich finde es vollkommen schlüssig, dass die Gefühle von einst wieder angeteasert werden.

MINTHE: Man kann auch Menschen toll finden, die schon vergeben sind. Deswegen schaltet man ja seine Gefühle nicht komplett aus. Für uns ist es im Übrigen superschön, diese emotionalen Szenen zu spielen. Unsere Regisseurinnen und Regisseure haben auch Spaß daran, das wiederkehrende Thema zu inszenieren.

Jonas, was schätzt du an deiner Kollegin Julia?

MINTHE: Sie ist eine großartige Schauspielerin. Das habe ich ihr schon oft gesagt. In der zehnten Staffel, die wir in 2022 abgedreht haben, legt Gregor einen Striptease hin. Wie ich mich in der Szene entblättere, wird zu 90 Prozent über deine Blicke erzählt, Julia. Die Zuschauer sehen, wie dir in diesem Moment 1000 Gedanken durch den Kopf schießen…

LENSKA: …wie ich auf deinen Hintern schaue (lacht).

Julia, was bietet dir Jonas beim Spielen an?

LENSKA: Wir kommen von der gleichen Schauspielschule. Einer unserer Lehrer hat mir einmal gesagt: Das Ich entsteht im Du. Einander zuhören, aufeinander reagieren, den anderen in sein Spiel aufnehmen, es ist eigentlich das Einmaleins des Schauspiels, und Jonas beherrscht das halt total krass, immer feinfühlig und aufmerksam für alles um ihn herum. Wir spielen beide mit so aufgestellten Antennen, um zu erspüren, wo gibt es Situationen, aus denen wir Aufregendes herauskitzeln können. Wie kriegen wir eine Szene im Kommissariat, die manchmal trocken sein kann, lebendig erzählt? Dafür sind wir sensibilisiert.

Ist es dein langer Wunsch gewesen, Jonas, fest in eine Serie einzusteigen?

MINTHE: Tatsächlich habe ich mit meiner Agentin über die Chancen gesprochen, fest in einer Serie mitzuspielen. Ich meinte wörtlich zu ihr, okay, ich bin jetzt 30, ich hätte auch einmal Lust auf eine Konstanz in der Rolle. Eine Serie wäre jetzt genau das Richtige! Dass es dann so gut funktioniert, war natürlich nicht abzusehen.

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