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Fluch oder Segen für die Gesellschaft? – Wenn Roboter von KI gesteuert werden

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Wenn Roboter von KI gesteuert werden  | Video verfügbar bis 14.04.2025 | Bild: ARD
Ein menschenähnlicher Roboter steht einem Menschen gegenüber
Brett Adcock führt ein Gespräch mit dem Roboter "Figure 01". | Bild: ARD

Es ist der nächste Quantensprung in der so rasanten Entwicklung von künstlicher Intelligenz: Roboter, die von KI gesteuert werden, die handeln wie eigene, autonome Personen. Sie räumen den Geschirrspüler ein, kommunizieren und beurteilen ihr eigenes Handeln. Was bedeutet das für unsere Gesellschaft? Sind diese Maschinen eine sinnvolle Hilfe in Zeiten des Fachkräftemangels, oder ersetzen sie am Ende sogar einen Großteil der Menschen? Sind sie überhaupt sicher oder können sie auch durch Umprogrammierung missbraucht werden, wie man es aus der Science Fiction kennt? ttt besucht ein Bremer Forschungszentrum der Robotik.

"Hey Figure 01, was siehst du gerade", fragt Brett Adcock, CEO Figure. 
Roboter Figure 01 antwortet: "Ich sehe einen roten Apfel auf einem Teller in der Mitte des Tisches, ein Abtropfgestell mit Tassen und einem Teller und du stehst daneben mit der Hand auf dem Tisch." 
Adcock führt das Gespräch weiter: "Gut, kann ich etwas zu essen haben?"
"Klar", antwortet Figure 01.
Hier trifft Science Fiction auf Gegenwart: Figure 01, ein humanoider Roboter im Forschungsstadium. Gebaut hat ihn ein Start Up aus dem Silicon Valley. Dank einer KI der Chat-GPT-Entwickler kann man mit ihm sprechen. Und es wirkt, als würde die Maschine ihre Umwelt verstehen. 

Neue Möglichkeiten zwischen Faszination und Risikobegrenzung

"Diese Qualität der Interaktion plötzlich mit so einem System zu reden, gibt uns allen ein bisschen Einblick in die Zukunft", ist Sirko Straube vom Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DZKI) überzeugt. Philosophin Catrin Misselhorn von der Universität Göttingen erklärt: "Dieser Roboter verhält sich in einer sehr eingegrenzten Situation menschenähnlich, kommuniziert in natürlicher Sprache. Und das legt es uns natürlich nahe, ihm auch sehr viel weitergehende Fähigkeiten zu unterstellen." Es ist ein Spiel mit unserer Psyche. "Wir nehmen einen solchen Roboter, der auch nur sehr grundlegende menschliche Gestalt oder Mimik aufweist, als menschenähnlich wahr" weiß die Autorin. "Und wir behandeln ihn auch menschenähnlich, reagieren eben auch speziell emotional auf solche Roboter." Roboter könnten auch anders aussehen. Doch je perfekter sie uns imitieren, desto näher fühlen wir uns ihnen. Die Hemmschwelle sinkt. Sie fügen sich immer mehr in unsere Welt ein und könnten uns bald überall begegnen.  

Verändern die neuen Technologien unser Menschenbild?

Computergrafik des Teils des Herstellungsprozesses eines Automobils.
KI kann mittlerweile Roboter steuern, Herstellungsprozesse vereinfachen und beschleunigen. | Bild: ARD

Misselborn sieht vor allem Gefahren der Manipulation und das Aufkommen falscher Erwartungen: "Also beispielsweise im sozialen Bereich. Solche Systeme einzusetzen, um Einsamkeit zu lindern. Das ist etwas, was mich eigentlich traurig macht, weil ich sagen würde Na ja, was steht da für ein Menschenbild dahinter? Ein Menschenbild, wo wir nicht fordern, dass jemand wirklich mir zuhört und mich versteht, sondern ich rede eigentlich gegen einen Roboter, der letztlich nichts hört. Im Prinzip könnte ich also auch gegen eine Wand reden."
Am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, wird auch an einem Humanoiden gearbeitet. Die Königsdisziplin, sagen sie. Roboter-Forscher Dennis Mronga vom DFKI unterhält sich anschauungshalber mit einem Roboter: "Hi RH5, wie geht’s dir?"DFKI-Roboter RH5 antwortet: "Hallo, als Roboter habe ich keine Gefühle. Aber ich bin da und bereit, dir zu helfen."

 Wie autonom sollten Roboter handeln?

Straube erklärt: "Es ist hier bei uns immer schon die Frage ganz stark gewesen: Wie können Roboter eigentlich eigene Entscheidungen treffen? Also wie können sie den Kontext verstehen, in dem sie sich bewegen? Wie können sie wirklich autonom sein?" Und dann führt der Wissenschaftler vor, dass der Roboter auf Befehl auch Makarena tanzt.
Je mehr ein Roboter kann, desto schwerer wird es, ihn zu kontrollieren. Selbst hier ist Vorsicht geboten. 
Dennis Mronga weiß: "Das System ist zwar relativ leicht, also eigentlich kann nicht besonders viel passieren, aber ein bisschen Abstand ist auf jeden Fall besser." 

Sirko Straube ist überzeugt von den Sicherheitsmechanismen, die bestimmte Handlungen seitens der KI auszuschließen versprechen. Dann relativiert er: "Aber im Endeffekt wissen wir auch alle, Computer können gehackt werden. Sicherheitssysteme sind immer der Gefahr ausgesetzt, auch durchbrochen zu werden." Noch entscheiden Menschen, wie Roboter eingesetzt werden. Figure 01 soll in die Industrie, in den Haushalt. Dann sogar ins All. 

Catrin Misselhorn wirft eine weitere Frage auf: "Auf der Webseite der Firma findet sich zwar ein kleines Proviso, so dass dieser Roboter nicht für die Anwendung im militärischen Kontext gedacht sei, aber wer will das eigentlich verhindern?"

Wer begrenzt die technischen Multitalente der Zukunft?

Bislang konnten Roboter oft nur eine Sache. Und der Mensch musste sie führen. Doch durch KI werden Roboter selbstständiger, ihr Aktionsradius größer. Die neuste Roboter-Generation wird nun nicht mehr nur für einen Zweck entwickelt. Diese Maschinen sollen universell einsetzbar sein, selbst entscheiden und autonom handeln. Der Mensch wäre außen vor. 
"In der konkreten Situation ist das Verhalten so eines Roboters nicht mehr kontrollierbar", befürchtet Misselbach. "Und es ist auch nicht vorhersehbar, so dass Menschen letzten Endes keinen Einfluss darauf haben, also auch keine Verantwortung dafür übernehmen können. Die Maschine selbst aber eben auch nicht."

Wie diese Systeme zu Ergebnissen kommen, lässt sich heute schon oft nicht mehr nachvollziehen. Im Kern basieren viele KIs schlicht auf Wahrscheinlichkeiten. Wirklich verstehen können Roboter die Welt noch nicht. Aber sie sind schon gut darin, so zu tun. 

Zum Schluss der Interaktion regt CEO Figure Brett Adcock Figure 01 zur Selbstreflektion an: "Also, wie glaubst du, hast du dich geschlagen?" 
Figure 01: "Ich glaube ganz gut! Der Apfel hat einen neuen Besitzer gefunden, der Müll ist weg und das Geschirr da, wo es hingehört."

(Beitrag: Stefan Mühlenhoff)

Stand: 14.04.2024 18:47 Uhr

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