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ARD Story: Mit Vollgas in den Tod

Das mörderische Rasen auf Deutschlands Straßen

PlaySymbolbild: illegale Autorennen
Mit Vollgas in den Tod | Video verfügbar bis 12.12.2024 | Bild: picture alliance/dpa | Frank Rumpenhorst

Illegale Autorennen und Raserei sind ein lebensgefährliches Problem auf deutschen Straßen. Ob Ampel-Duelle in der Innenstadt oder verbotenes Kräftemessen auf der Autobahn – das Rasen findet kein Ende. Obwohl der Gesetzgeber 2017 mit dem sogenannten "Raser-Paragraf" die Strafen drastisch erhöht hat, kam es zwischen 2019 und 2021 bei angezeigten Delikten zu einem Anstieg von über 100 %. Die abschreckende Wirkung bleibt aus. Politik, Ermittlungsbehörden, aber auch die Automobilindustrie, müssen sich fragen lassen, wie sich das Phänomen illegaler Rennen auf Dauer ausbremsen lässt. Zwangsläufig spielt dabei auch das Reizthema "Tempolimit" eine bedeutende Rolle.

Horror-Crash bei mehr als 300 km/h

Im Spätsommer 2019 kommt es nachts auf der A95 bei Starnberg bei mehr als 300 km/h zu einem Horror-Crash. Zwei Freunde, 22 und 23 Jahre jung, hatten sich einen 600 PS starken Audi R8 geliehen mit dem Ziel die Grenzen des Sportwagens auszutesten. Tagsüber haben sie 149 mal die erlaubte Geschwindigkeit überschritten, bevor es nachts zum tragischen Unfall kommt. Ben Apostoli verstirbt noch an der Unfallstelle. Alex K. überlebt und behauptet, der Beifahrer gewesen zu sein. Auch wenn der Polizei an dieser Darstellung schnell Zweifel kommt, braucht die Unfallanalyse viele Monate, bis ein belastbares Ergebnis über die Ereignisse der Unfallnacht vorliegen. Erst im Mai 2021 veröffentlicht die Staatsanwaltschaft das Gutachten, in dem festgestellt wird: Nicht Ben saß zum Zeitpunkt des Unfalls am Steuer, sondern Alex K. Gegen ihn erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen "verbotenem Kraftfahrzeugrennen mit fahrlässiger Tötung".

Anhand dieses Falls, der ab Februar 2023 in München vor Gericht verhandelt wurde, begibt sich der Film auf Spurensuche nach Ursachen und Tätern. Wer sind die Raser, die billigend das Leben unbeteiligter Verkehrsteilnehmer in Gefahr bringen? Niko Klassen, ehemaliger Raser, erzählt eindrucksvoll über seine persönlichen Erfahrungen, die ihn schlussendlich bekehrt haben. Die Schweizer Verkehrspsychologin Jacqueline Bächli-Biétry sagt: "Das Problem bei den Rasern ist häufig ihre unglaubliche Selbstüberschätzung, die denken wirklich, die hätten das im Griff, was sie da tun."

Ein ehemaliger Raser berichtet

Die Möglichkeiten, ihnen Einhalt zu gebieten, beschränken sich nicht nur auf Verbote und härtere Strafen. Die Polizei kontrolliert mehr und regelmäßiger, sucht auch den offenen Dialog mit potenziellen Tätern, um präventiv einzuwirken. Dennoch steigen die Fallzahlen. Allein in Berlin behandelt Oberamtsanwalt Andreas Winkelmann, der eine Spezialeinheit gegen illegale Rennen leitet, pro Jahr etwa 800 Fälle. Ein Problem, mit dem er ständig konfrontiert ist, sind Autovermieter, die Fahranfängern hochmotorisierte Pkw überlassen. "Da kommen dann drei, vier Jungs hin, legen zusammen, und wollen natürlich testen und zeigen, dass sie mit diesen Autos umgehen können. Dass da mitunter die Katastrophe vorprogrammiert ist, ist außer Frage."

Wer über Raser und illegale Autorennen spricht, kommt am Thema „Tempolimit“ nicht vorbei. Dennoch blockiert die Politik weiterhin und auch die Automobilindustrie will es nicht flächendeckend. Der ADAC, dessen Mitglieder beim Tempolimit uneins sind, spricht daher offiziell keine Empfehlung aus. Im Gegensatz zur Verkehrspsychologin Bächli-Biétry: „Die Geschwindigkeit ist hoch sicherheitsrelevant und mit einem Geschwindigkeitslimit in Deutschland, man kann es nicht anders sagen, könnte man ganz viele Leben retten“.

In München wird Alex K. vom Amtsgericht zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Wie so häufig wird auch dieses "Raser-Urteil" von der Öffentlichkeit als zu milde empfunden. Recht und Gerechtigkeit liegen beim Thema illegale Autorennen oft weit auseinander. Kreative Lösungen sind gefragt, die auch abseits von Strafen das Problem an der Wurzel packen.

Ein Film von Carsten Frank

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