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Max Schmeling

Max Schmeling vor Kampf mit Stribling, 1931
Max Schmeling vor Kampf mit Stribling, 1931. | Bild: NDR/Keystone

Das Leben von Max Schmeling ist eine durch und durch deutsche Geschichte. Sie erzählt von einem Hamburger Jungen aus einfachen Verhältnissen, der es mit Fleiß, Disziplin und einer guten Portion Talent bis zum Box-Weltmeister aller Klassen gebracht hat.

Max Schmeling war Liebling der Berliner Bohème in den Zwanzigern, Vorzeigesportler der Nazis in den Dreißigern und er ist schließlich – nach dem Krieg, bis heute – das mit Ehrungen überhäufte Sportidol einer ganzen Generation geworden.

Vor allem ein Kampf bringt die Legende Max Schmeling zum Strahlen: Am 19. Juni 1936 schlägt Schmeling in der 12. Runde den haushoch favorisierten "Braunen Bomber" Joe Louis k.o. 90.000 geschockte Zuschauer im New Yorker Yankee-Stadium und Millionen Menschen weltweit an den Radios verfolgen "die größte Sportsensation aller Zeiten". Schmelings Sieg über den Schwarzen Joe Louis ist für das Regime in Berlin ein perfekter Propagandacoup. Hitler tönt: "Jeder Deutsche kann heute stolz sein!" Max Schmeling lässt sich zwar feiern, doch ein Nationalsozialist oder gar ein Antisemit ist er nicht. Als man ihm nahe legt, sich von seinem jüdischen Manager Joe Jacobs zu trennen, wehrt er sich mit Erfolg.

Max Schmelings sportliche Karriere beginnt im Kino. 1921 – als 16-Jähriger – sieht er einen Film über den Weltmeisterschaftskampf zwischen Jack Dempsey und Georges Carpentier und überzeugt den Vater, einen Steuermann, Profi-Boxer werden zu müssen. Vier Jahre später zieht er zusammen mit seinem Trainer Max Machon nach Berlin. Er wird zum Held der "kleinen Leute" im Sportpalast und zum Liebling der Künstlerszene. Bert Brecht, Marlene Dietrich, Hans Albers heißen seine neuen Freunde. Bereits 1926 wird Schmeling Deutscher Meister, ein weiteres Jahr danach Europameister im Halbschwergewicht. 1930 reist er nach New York, ins "El Dorado" des Boxsports, wo sich die Weltelite trifft und das ganz große Geld wartet und gewinnt gegen den Amerikaner Jack Sharkey die Weltmeisterschaft im Schwergewicht.

Zu Hause wartet die Liebe auf ihn. 1930 sieht Max Schmeling die tschechische Schauspielerin Anny Ondra in einem Kinofilm. Er selbst ist zu schüchtern, um sich der prominenten Schönen zu nähern. Ein Freund muss zweimal bei ihr für Schmeling werben, bis sie sich zu einem Rendezvous erweichen lässt. Kaum ist Max selbst im Spiel, ist der Bann gebrochen. Von nun an legt er jeden Morgen einen Strauß Blumen auf die Kühlerhaube ihres Cadillacs. Das Paar heiratet im Juli 1933 und führt 54 Jahre lang eine Musterehe.

Max Schmeling bleibt bis Juni 1938 eines der wichtigsten Aushängeschilder für die NS-Propagandamaschinerie – solange, bis er im Revanchekampf gegen Joe Louis nach nur 124 Sekunden ausgezählt wird. Der "Arier" unterliegt in dem von den Nazis hochstilisierten "Kampf der Rassen" – damit existiert Schmeling für Hitler nicht mehr. Ein Glück, wie Schmeling später selbst erkennen wird. Zusammen mit Anny zieht er sich auf sein Landgut Ponickel in Pommern zurück. Im Juni 1939 gewinnt Max noch einmal die Europameisterschaft im Schwergewicht. Ein Jahr später wird er zum Militär einberufen, zu den Fallschirmjägern und damit einer der prominentesten deutschen Spitzensportler, der an die Front muss.

Nach dem Krieg – im Alter von 42 Jahren – steigt Max Schmeling noch einmal in den Ring – um Geld zu verdienen, denn die Schmelings haben im Krieg fast alles verloren. Schon ein Jahr später hat er genug erboxt, um sich mit seiner Anny eine Lebensgrundlage zu schaffen. Schließlich holt ihn ein alter Freund aus Box-Zeiten, der Coca-Cola-Chef James A. Farley, als Manager in den Getränkekonzern. Schmeling wird ein wohlhabender Mann, der stets Großzügigkeit beweist, wenn er um Hilfe gebeten wird. Als Joe Louis 1981 verarmt stirbt, übernimmt Schmeling wie selbstverständlich die Kosten der Beerdigung.

Max Schmeling, der freundlich-sanfte und tolerante Hühne, ist ein Produkt so genannter deutscher Tugenden. Fleißig, systematisch, bescheiden, mit Willenskraft und Selbstdisziplin hat er seine Siege errungen. Das scharfe Auge des Boxers Schmeling hat außerhalb des Rings nicht immer alles erkannt, was zu sehen war. Geschah es aus Naivität, aus Kalkül oder gar aus Opportunismus? Für die weltweite Boxgemeinde und für alle die, denen er geholfen hat, bleibt er ein Held.

Die Boxlegende Max Schmeling ist am Mittwoch, 2. Februar 2005, im Alter von 99 Jahren gestorben.

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