Faktencheck zu "maischberger"

Sendung vom 17.10.2023

Faktencheck

Die Gäste (v.l.n.r.): Markus Feldenkirchen, Carlo Masala, Iris Sayram, Marcel Reif, Gil Yaron
Die Gäste (v.l.n.r.): Markus Feldenkirchen, Carlo Masala, Iris Sayram, Marcel Reif, Gil Yaron | Bild: WDR / Oliver Ziebe

Bei Maischberger wird engagiert diskutiert, Argumente werden ausgetauscht, es wird auch schon mal emotional und manchmal bleibt am Ende keine Zeit, um alles zu klären. Wenn Fragen offen bleiben, Aussagen nicht eindeutig waren oder einfach weitere Informationen hilfreich sein könnten, schauen wir nach der Sendung noch einmal drauf – hier in unserem Faktencheck.

Und das schauen wir uns an:

  • Verdient ein Topmanager in den USA fast 400-mal mehr als ein Angestellter?

Verdient ein Topmanager in den USA fast 400-mal mehr als ein Angestellter?

Der demokratische US-Senator Bernie Sanders beklagte in der Sendung eine zunehmende Entfesselung des Kapitalismus. Als Beispiel nannte er das Ungleichgewicht der Gehälter von Chefs und Angestellten. Heutzutage verdiene ein Topmanager in den USA fast 400-mal so viel wie ein durchschnittlicher Mitarbeiter, so Sanders. 

Soziale Ungleichheit: Verdient ein Topmanager in den USA 400-mal mehr als ein Angestellter? | Video verfügbar bis 17.10.2024

Maischberger: "Sie benutzen in Ihrem Buch das Wort Hyperkapitalismus. Wie unterscheidet der sich von dem Kapitalismus, den wir kennen?"

Sanders: "Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Vor 30 oder 40 Jahren verdiente ein Chef eines großen Unternehmens vielleicht 30- oder 40-mal mehr als ein durchschnittlicher Angestellter. Das ist eine Menge. Wissen Sie, wie groß dieser Unterschied heute ist? Fast das 400-Fache."

Englischer Wortlaut:

Maischberger: "In your book you refer to the term hyper capitalism. So what’s the difference between this and the capitalism we know so far?"

Sanders: "I’ll give you one example. 30 or 40 years ago, [if] you were the CEO in America, the head of a large corporation, you might make 30 or 40 times more than your worker made. It’s a lot. You know what that gap is today? It is close to 400 times."

Stimmt das? Verdient ein Topmanager in den USA fast 400-mal mehr als ein Angestellter?

Das Verhältnis der US-amerikanischen Gehälter wird regelmäßig durch die in Washington ansässige Denkfabrik Economic Policy Institute (EPI) ermittelt. Die aktuellen Zahlen wurden am 21.9.2023 veröffentlicht. Demnach verdienten die CEOs, also die Vorstandsvorsitzenden, der 350 größten US-Firmen im Jahr 2022 344-mal so viel wie ein durchschnittlicher Angestellter. 2021 war es sogar das 399-Fache. Zum Vergleich: Im Jahr 1965 lag dieser Faktor laut EPI noch bei 21, im Jahr 1989 bei 58. 

Das durchschnittliche Jahresgehalt der in der Studie betrachteten CEOs betrug 2022 rund 25,2 Millionen US-Dollar. Das sind 14,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Diesen Rückgang führen die Autoren der Studie vor allem auf negative Entwicklungen am Aktienmarkt zurück. 

Besonders groß ist die Diskrepanz zwischen Vorstands- und Angestelltengehältern im Niedriglohnsektor, wie eine aktuelle Erhebung der US-Denkfabrik Institute for Policy Studies (IPS) zeigt. Untersucht wurden hierbei die 100 Firmen, die unter den 500 größten börsennotierten US-Unternehmen die niedrigsten Löhne zahlen. Vereinfacht ausgedrückt: die größten Unternehmen mit den niedrigsten Löhnen. Laut der Studie verdienten die CEOs dieser Firmen im Jahr 2022 durchschnittlich 603-mal so viel wie ihre Angestellten. 

Und wie sieht es in Deutschland aus? Laut einer jährlichen Studie der Technischen Universität München (TUM) und der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) verdienten die Vorstände der 40 Dax-Unternehmen im Jahr 2022 durchschnittlich das 38-Fache eines Mitarbeiters. Im Vorjahr war es noch das 52-Fache. Im Schnitt erhielten die Dax-Chefs zuletzt ein Jahresgehalt von rund 5,1 Millionen Euro. Damit fällt ihr Verdienst im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich aus. Die Vorstandsvorsitzenden der im Aktienindex EuroStoxx 50 gelisteten nicht-deutschen Unternehmen bekamen durchschnittlich 7,5 Millionen Euro, die CEOs im US-amerikanischen Dow-Jones-Index 24,9 Millionen Euro. 

Fazit: US-Senator Bernie Sanders sagte in der Sendung, dass ein Topmanager in seinem Land heutzutage fast 400-mal so viel verdienen würde wie ein Angestellter. In den USA trifft das tatsächlich zu. Im Jahr 2021 verdienten die Vorstandsvorsitzenden der 350 größten US-Firmen im Schnitt 399-mal mehr als ein Angestellter. Im Jahr 2022 ging die Zahl aufgrund negativer wirtschaftlicher Entwicklungen etwas zurück. Besonders groß ist die Diskrepanz im Niedriglohnsektor, wo der CEO über 600-mal so viel verdient wie einer seiner Mitarbeiter. In Deutschland geht diese Schere deutlich weniger weit auseinander. 2022 verdienten die Vorstände der 40 Dax-Unternehmen durchschnittlich das 38-Fache eines Mitarbeiters. Im Jahr zuvor war es noch das 52-Fache.

Stand: 18.10.2023

Autor: Tim Berressem