Faktencheck zu "maischberger"
Sendung vom 29.04.2025
Faktencheck

Bei Maischberger wird engagiert diskutiert, Argumente werden ausgetauscht, es wird auch schon mal emotional und manchmal bleibt am Ende keine Zeit, um alles zu klären. Wenn Fragen offen bleiben, Aussagen nicht eindeutig waren oder einfach weitere Informationen hilfreich sein könnten, schauen wir nach der Sendung noch einmal drauf – hier in unserem Faktencheck.
Und das schauen wir uns an:
- Wie geht es mit dem Wahleinspruch des BSW weiter?
Wie geht es mit dem Wahleinspruch des BSW weiter?
Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht äußerte sich in der Sendung zur Entscheidung ihrer Partei, Einspruch gegen das Ergebnis der Bundestagswahl 2025 einzulegen. Laut amtlichem Endergebnis verpasste das BSW den Einzug in den Bundestag knapp. Die Partei sieht jedoch Anhaltspunkte dafür, dass es Fehler bei der Stimmenauszählung gegeben haben könnte. Wie es mit dem Wahleinspruch nun weitergeht, schauen wir uns hier genauer an.
Wagenknecht: "Uns fehlten am Ende, zumindest nach offizieller Zählung, 9.500 Stimmen. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass die noch nicht mal fehlten. Deswegen haben wir jetzt auch Wahlprüfungsbeschwerde eingelegt. Weil es gibt tatsächlich bei Parteien, die sehr weit unten auf dem Wahlzettel stehen, offensichtlich systematische Zählfehler. Also, so klar ist das noch gar nicht, ob wir drin sind oder nicht."
(…)
Maischberger: "Wir haben auch gesprochen eben mit denen, die letztlich auch entscheiden, ob man so eine Auszählung aller Stimmen tatsächlich macht. Also, da geht es um den Bundeswahlausschuss. Die Einschätzung ist, das wird erst mal eine Hürde, ob er angenommen wird. Wenn es ausgezählt wird, dann muss man auch sehen, ob das Ergebnis rechtlich Bestand hat."
Hintergrund: Wie geht es mit dem Wahleinspruch des BSW weiter?
Wie am 23. April 2025 bekannt wurde, hat das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) beim Wahlprüfungsausschuss des Bundestags Einspruch gegen das Ergebnis der Bundestagswahl eingelegt. Ziel der Partei ist eine bundesweite Neuauszählung aller Stimmen.
BSW fehlen 9.500 Stimmen
Laut amtlichem Endergebnis, das am 14. März 2025 vom Bundeswahlausschuss festgestellt wurde, verpasste das BSW den Einzug ins Parlament knapp. Insgesamt kam die Partei von Sahra Wagenknecht auf 4,981 Prozent der Stimmen. Rund 9.500 Stimmen fehlten für das Überschreiten der Fünf-Prozent-Hürde. Die Partei beklagt jedoch Fehler bei der Auszählung. Sie geht davon aus, dass sie in Wirklichkeit mehr als fünf Prozent der Stimmen erreicht hat und somit doch im Bundestag sitzen müsste.
Wagenknechts Co-Chefin Amira Mohamed Ali betonte, dass man nicht von einer bewussten Manipulation der Wahl ausgehe. "Wir glauben, dass da Fehler passiert sind", sagte sie. Konkret sieht die Partei zwei Fehlerquellen. So könne die Namensähnlichkeit mit der Kleinpartei "Bündnis Deutschland" zur Verwechslung bei den auszählenden Wahlhelfern geführt haben. Außerdem seien wegen der Platzierung des BSW auf den Wahlzetteln knapp unter einer Faltung Stimmen für die Partei übersehen worden. Das BSW verweist in seinem Einspruch auf bereits durchgeführte Neuauszählungen von knapp 50 Wahlbezirken in Berlin, Sachsen und Niedersachsen. Nach Angaben des BSW wurden dort insgesamt 15 zusätzliche Stimmen für das BSW gefunden. Hochgerechnet würde das reichen, um bundesweit auf die fehlenden gut 9.500 Stimmen zu kommen.
Bundestag entscheidet über Einspruch
Mit dem Einspruch des BSW muss sich nun der Wahlprüfungsausschuss befassen. Dieser setzt sich aus Mitgliedern der im Bundestag vertretenen Fraktionen zusammen. Denn laut Grundgesetz (Artikel 41) liegt die Überprüfung einer Bundestagswahl in der Verantwortung des Bundestags selbst. Die personelle Zusammensetzung des Ausschusses ändert sich somit zu Beginn jeder Legislaturperiode. Wer im neuen Wahlprüfungsausschuss sitzen wird, steht derzeit noch nicht fest. Was aber klar ist: Vertreter von Union und SPD, den voraussichtlichen Regierungsparteien, werden die Mehrheit stellen.
Manche Beobachter sehen hierin einen möglichen Interessenkonflikt. Denn sollte das BSW nach einer Neuauszählung doch noch in den Bundestag einziehen, würden die 630 Mandate noch einmal neu aufgeteilt werden. In diesem Fall hätte eine schwarz-rote Regierungskoalition wahrscheinlich keine Mehrheit mehr. Die Ausschussmitglieder sind jedoch, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit, dazu verpflichtet, den Einspruch ordnungsgemäß zu prüfen.
So oder so ist mit einer schnellen Entscheidung wohl nicht zu rechnen. Denn eine Frist für die Beratungen des Wahlprüfungsausschusses gibt es laut Gesetz nicht. Der Einspruch des BSW ist außerdem nur einer von fast 900 Einsprüchen, die gegen die Wahl eingelegt wurden. Über all diese Eingaben muss der Wahlprüfungsausschuss nun beraten.
Sollte der Wahlprüfungsausschuss dem BSW-Antrag zustimmen, würde das Gremium dem gesamten Bundestagsplenum einen entsprechenden Entscheidungsvorschlag zukommen lassen. Erst wenn das Parlament mit einfacher Mehrheit dem Entscheidungsvorschlag zustimmt, würde es zu einer Neuauszählung kommen.
Michael Brenner, Rechtswissenschaftler und Mitglied des Bundeswahlausschusses, erklärt auf Anfrage der "maischberger"-Redaktion, er gehe davon aus, dass das ganze Prozedere bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen könnte.
BSW kündigt Klage vor Verfassungsgericht an
Sollte der Wahlprüfungsausschuss den Einspruch ablehnen, könnte sich das BSW in einem nächsten Schritt an das Bundesverfassungsgericht wenden. Im März 2025 hatten die Karlsruher Richter bereits einen Eilantrag des BSW abgelehnt, das damals eine Neuauszählung noch vor der Feststellung des amtlichen Endergebnisses erwirken wollte. Das Gericht lehnte dies ab, argumentierte aber vor allem formal und verwies auf das für Wahlprüfungen vorgesehene Verfahren, das zunächst den Einspruch beim Wahlprüfungsausschuss vorsieht.
Dass man sich nach einer ablehnenden Entscheidung durch den Wahlprüfungsausschuss erneut an das Bundesverfassungsgericht wenden werde, kündigte die Partei bereits an.
Fazit: Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) verpasste den Einzug in den neuen Bundestag nur knapp. Weil die Partei jedoch Anhaltspunkte für Fehler bei der Stimmenauszählung sieht, legte sie Einspruch gegen das Ergebnis ein. Das BSW fordert eine Neuauszählung aller Stimmen. Ob es tatsächlich dazu kommt, entscheidet der Bundestag auf Empfehlung des sogenannten Wahlprüfungsausschusses. Dieses Prozedere kann jedoch nach Experteneinschätzung mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Für den Fall, dass der Wahlprüfungsausschuss den Einspruch ablehnt, kündigte das BSW bereits an, im nächsten Schritt vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
Stand: 30.04.2025
Autor: Tim Berressem