Faktencheck zu "maischberger"

Sendung vom 17.06.2025

Faktencheck

Die Gäste (v.l.n.r.): Hans-Ulrich Jörges, Katharina Hamberger, Matthias Deiß, Sandra Navidi, Roland Berger
Die Gäste (v.l.n.r.): Hans-Ulrich Jörges, Katharina Hamberger, Matthias Deiß, Sandra Navidi, Roland Berger | Bild: WDR / Oliver Ziebe

Bei Maischberger wird engagiert diskutiert, Argumente werden ausgetauscht, es wird auch schon mal emotional und manchmal bleibt am Ende keine Zeit, um alles zu klären. Wenn Fragen offen bleiben, Aussagen nicht eindeutig waren oder einfach weitere Informationen hilfreich sein könnten, schauen wir nach der Sendung noch einmal drauf – hier in unserem Faktencheck.

Und das schauen wir uns an:

  • Wie hart geht die Trump-Regierung gegen Migranten vor?

Wie hart geht die Trump-Regierung gegen Migranten vor?

Die USA-Expertin Sandra Navidi äußerte sich in der Sendung zum Fall des deutschen Staatsbürgers Fabian Schmidt, der bei der Einreise in die Vereinigten Staaten festgenommen wurde und zwei Monate in Abschiebehaft saß. Navidi betonte, dass das kein Einzelfall sei, sondern die Konsequenz einer rigiden Abschiebepolitik, die die Trump-Regierung seit der Amtseinführung verfolge. Welche Maßnahmen das Weiße Haus seitdem konkret ergriffen hat, schauen wir uns hier genauer an.

US-Einwanderungspolitik: Wie hart geht die Trump-Regierung gegen Migranten vor? | Video verfügbar bis 17.06.2026

Maischberger: "Ist das ein Einzelfall Ihrer Meinung nach? Oder ist das eben jetzt, wo 600 Verhaftungen, glaube ich, pro Tag durchgeführt werden sollen, etwas, das man da mitkriegt einfach?"

Navidi: "Nein, das fing schon an im Januar. Sein Fall (gemeint ist der Fall des aus den USA zugeschalteten Fabian Schmidt, Anm. d. Red.) war relativ spät. Ich habe mich gewundert, wie lange das gedauert hat, bis das überhaupt in die Presse gekommen ist. Also erstmals von Deutschen hat man gehört von der Tätowiererin, die aus Deutschland kam."

Maischberger: "Die kam über die mexikanische Grenze, ne?"

Navidi: "Genau. Dann war ein anderer, Lucas Sielaff. Und dann habe ich angefangen, das zu recherchieren, jeden Abend, manisch schon. Auf Message Boards, Social Media, auch aus dem Ausland, in anderen Sprachen, und ich habe gesehen: Auf jeden Fabian kommen hunderte andere, deren Fälle überhaupt nicht an die Öffentlichkeit kommen."

(…)

Maischberger: "Sie sind ja Juristin, also eigentlich vom Fach. Ist das alles rechtsstaatlich gedeckt, was da passiert?"

Navidi: "Nein. Ich bin auch US-Volljuristin, Rechtsanwältin. Zwar ist mein Fachgebiet nicht Einwanderungsrecht, aber ich kann natürlich schon sehen, wie da Rechte systematisch missachtet werden und wie sich da ein Muster gebildet hat, dass immer mehr Menschen auch illegal deportiert werden, weil die zum Beispiel einen legalen Aufenthaltsstatus hatten."

Hintergrund: Wie hart geht die Trump-Regierung gegen Migranten vor?

Wie Sandra Navidi in der Sendung sagte, häuften sich in den vergangenen Monaten die Fälle, in denen deutsche Staatsbürger bei der Einreise in die Vereinigten Staaten festgenommen wurden. Fabian Schmidt etwa, der uns während der Sendung aus Washington zugeschaltet war, war am 7. März bei der Rückkehr von einer Deutschlandreise am Flughafen Boston festgesetzt und inhaftiert worden, obwohl er seit 2007 mit seiner Familie in den USA lebt und mit der sogenannten Greencard über eine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung verfügt. Erst zwei Monate später ordnete ein Gericht die sofortige Freilassung an.

Deutsche Staatsbürger in Abschiebehaft: Auswärtiges Amt rügt US-Behörden

Das Auswärtige Amt in Berlin kritisierte die US-Behörden, weil sie Fabian Schmidt nicht umgehend eine Betreuung durch das deutsche Generalkonsulat in Boston ermöglichten. Denn laut "Wiener Übereinkommen" von 1967 ist ein Anspruch auf konsularische Betreuung völkerrechtlich garantiert. Eine Sprecherin der Auswärtigen Amts erklärte, dass man eine Verletzung des Abkommens "grundsätzlich rügt und gegenüber den Behörden anspricht."

Bereits im Januar war die Berliner Tattoo-Künstlerin Jessica Brösche festgenommen worden, als sie von Mexiko aus in die USA einreisen wollte. Brösche verfügte über eine gültige elektronische Einreisegenehmigung (ESTA), doch die Grenzbeamten warfen ihr wegen ihres mitgeführten Tätowier-Equipments vor, illegal in den USA arbeiten zu wollen. Sechs Wochen saß sie in Abschiebehaft, ehe sie nach Deutschland zurückkehren durfte.

Im selben Gefängnis wie Jessica Brösche saß auch der 25-Jährige Lucas Sielaff aus Sachsen-Anhalt. Auch er wurde an der mexikanisch-amerikanischen Grenze festgesetzt. Seit drei Jahren führt er eine Fernbeziehung mit einer US-Amerikanerin. Seine Verlobte lebt in Las Vegas, wo er sie zuvor bereits mehrere Male besucht hatte. Mit seinem gültigen ESTA-Visum war das bislang kein Problem. Im Februar jedoch, als die beiden von einem Kurztrip durch Mexiko zurück in die Vereinigten Staaten fahren wollten, wurden sie an der Grenze gestoppt. Sielaff vermutet, dass man ihn für einen illegal in den USA lebenden Deutschen gehalten und deshalb inhaftiert habe. Während seine Verlobte nach Las Vegas weiterfahren durfte, musste Lucas Sielaff 16 Tage lang im Abschiebegefängnis bleiben. Erst dann durfte er zurück nach Deutschland fliegen.

Trump-Regierung verschärfte Migrationskurs

Diese Fälle stehen beispielhaft für die rigide Abschiebepraxis, die die Trump-Regierung seit der Amtseinführung im Januar 2025 verfolgt. Bereits im Wahlkampf hatte Donald Trump Massenabschiebungen angekündigt. Dabei verunglimpfte er Einwanderer zum Teil als "Schmarotzer", die den Amerikanern "die Arbeitsplätze wegnehmen" und "das Blut unseres Landes vergiften".

Der extreme Migrationskurs der US-Regierung äußert sich dabei auf zwei Ebenen: Erstens sollen die Grenzen der Vereinigten Staaten stärker gesichert und deutlich mehr Menschen zurückgewiesen werden als unter Trumps Amtsvorgänger Joe Biden. Zweitens sollen Einwanderer, die bereits ohne gültige Papiere in den USA leben, massenhaft außer Landes gebracht werden.

So verabschiedete der US-Kongress am 22. Januar, nur zwei Tage nach Trumps Vereidigung als 47. US-Präsident, ein umstrittenes Gesetz, das die Gangart gegenüber Migranten ohne gültigen Aufenthaltsstatus deutlich verschärft. Der sogenannte "Laken Riley Act" verpflichtet die Bundesbehörden, Betroffene auch für geringfügige Vergehen wie Ladendiebstahl in Einwanderungshaftzentren festzuhalten – vorher war dies nur bei schweren Straftaten der Fall. Direkt von dort sollen sie so schnell wie möglich abgeschoben werden, es sei denn, es bestehen rechtliche Hindernisse. Dabei muss die Schuld wegen des konkreten Delikts nicht unbedingt nachgewiesen sein. Ein Verdachtsmoment reicht aus. Betroffene haben kein Recht auf eine Anhörung zum Vorwurf, Freilassung gegen Kaution, oder eine Prüfung, ob sie tatsächlich ein Sicherheitsrisiko darstellen.

Zudem kippte die Trump-Regierung ein von Joe Biden ins Leben gerufenes Programm, das seit 2022 jeden Monat bis zu 30.000 Einwanderern aufgrund der Menschenrechtslage in ihren Heimatländern eine Einreise in die USA und einen zunächst auf zwei Jahre begrenzten Aufenthalt erlaubte. Konkret geht es dabei um Menschen aus Kuba, Haiti, Nicaragua und Venezuela, die die US-Behörden künftig abschieben wollen. Eine Bostoner Bundesrichterin hatte das zwischenzeitig gestoppt. Doch Ende Mai gab der Oberste Gerichtshof dem US-Präsidenten Recht und machte den Weg frei für massenhafte Ausweisungen. Fast eine Million Menschen sind davon potentiell betroffen.

Trump schiebt weniger ab als Biden – Festnahmen jedoch auf Rekordniveau

Nach Angaben der US-Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) wurden zwischen Februar und Mai 2025 insgesamt etwa 200.000 Menschen abgeschoben. Das sind fast 20 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum: Zwischen Februar und Mai 2024 verbuchte die Biden-Regierung insgesamt 257.000 Ausweisungen.

Die Zahl der Festnahmen ist unter Trump jedoch deutlich gestiegen. Nach Informationen des Weißen Hauses wurden zwischen der Amtseinführung am 20. Januar und der ersten Juni-Woche mehr als 100.000 Migranten inhaftiert. Das entspricht einem Durchschnitt von etwa 750 Festnahmen pro Tag – ein Rekord. Zum Vergleich: Der Tagesdurchschnitt der letzten zehn Jahre lag bei 350 Festnahmen. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Zahlen aber nicht.

In den Augen von Trumps stellvertretendem Stabschef Stephen Miller sind diese Zahlen noch nicht hoch genug. Er fordert künftig mindestens 3.000 Verhaftungen pro Tag – also das Vierfache. Trump selbst wies die Einwanderungsbehörde ICE in einem langen Beitrag auf seiner Plattform "Truth Social" an, Festnahmen und Abschiebungen insbesondere in den demokratisch regierten Metropolen Los Angeles, Chicago und New York auszuweiten. Die Beamten müssten "alles in ihrer Macht Stehende tun" für die "größte Massenabschiebung in der Geschichte". An ICE und weitere Behörden appellierte Trump: "Erledigt den Job!"

Eine kleine Kurskorrektur nahm der US-Präsident aber kürzlich vor: Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf Regierungsmitarbeiter, ICE sei intern angewiesen worden, Razzien und Festnahmen in Landwirtschaftsbetrieben, Hotels und Restaurants weitgehend auszusetzen. Das zuständige Heimatschutzministerium bestätigte die Recherche der Zeitung. Der Hintergrund: Ein Großteil der Menschen, die ohne Papiere in den USA leben, leisten wichtige Arbeit in den oben genannten Branchen. Verbände der US-Landwirtschaftsindustrie fordern seit langem, dass Trump ihren Sektor vor Massenabschiebungen verschont.

"No Kings": Landesweite Proteste gegen Trump-Regierung

In etlichen US-Städten war es in den vergangenen Tagen zu Protesten gegen Trumps Migrationspolitik gekommen. Unter dem Motto "No Kings" gingen laut den Veranstaltern bislang mehr als fünf Millionen Menschen in rund 2.100 Städten auf die Straße. Neben der Kritik am harten Vorgehen der US-Regierung gegenüber Migranten warfen die Demonstranten dem Präsidenten vor, seine gesetzlichen Befugnisse zu überschreiten und wie ein König regieren zu wollen.

Fazit: Wie in der Sendung am Beispiel des bei der Einreise in den USA inhaftierten Fabian Schmidt deutlich wurde, hat sich die Migrationspolitik in den Vereinigten Staaten unter Donald Trump deutlich verschärft. Mit entsprechenden Gesetzesänderungen nimmt man dort vor allem Menschen ins Visier, die ohne Papiere in den USA leben. Trotzdem schiebt die Trump-Regierung derzeit weniger Menschen ab als der vorherige Präsident Joe Biden. Bei den Festnahmen illegaler Einwanderer habe man nach eigenen Angaben aber bereits einen Rekordwert erzielt. Wenn es nach dem Weißen Haus geht, soll in Zukunft noch härter gegen illegale Migranten vorgegangen werden. Eine Ausnahme ordnete Trump zuletzt für Angestellte in Landwirtschaft und Gastronomie an, nachdem Branchenvertreter dies gefordert hatten.

Stand: 18.06.2025

Autor: Tim Berressem