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Tsunami von Seaside

Der Tsunami von Seaside
Es nur ein Modell des Küstenstädtchens Seaside, Oregon, das dem Ansturm eines Tsunamis erleiden muss.

Die Forschung im Kleinformat an der University of Oregon in Corvallis soll helfen, Leben zu retten.

In einem riesigen Tsunami-Simulationstank sammeln die Wissenschaftler wichtige Erkenntnisse, wie die Bewohner von Seaside und auf der ganzen Welt eine der gefürchteten Sturzwellen überstehen können.

Die Wellenmaschine

An der Oregon State University in Corvallis steht im Hinsdale Wave Research Laboratory der größte Tsunami-Simulationstank der USA: 50 Meter lang, 25 Meter breit, bis zu zwei Meter tief. An einem Ende des Tanks setzen riesige, hydraulische Paddel das Wasser in Bewegung. Sensoren, Unterwasserkameras und -mikrophone kontrollieren und analysieren die Wellenform und -geschwindigkeit.

Die Wellenforscher an der Oregon State University haben in ihrem Labor eine reale Situation im Maßstab 1:50 nachgebaut: Eine Kleinstadt am Pazifik im Nordwesten der USA.

Das Experiment hat einen realen Hintergrund. Nur wenige Kilometer vor der dicht besiedelten Pazifikküste verläuft auf dem Meeresgrund eine große Erdbebenzone. Projektleiter Dan Cox weiß: Dort kann jederzeit eine Riesenwelle entstehen.

Viele Küstenbewohner ahnen nichts davon: "Ein Tsunami würde etwa dreißig Minuten nach dem Erdbeben die Stadt überfluten. So lange braucht man auch, um sich in sicheres Gelände zu retten. Die Frage lautet also: Wie retten wir viele Menschen - in möglichst kurzer Zeit?"

Der Tsunami von 1964

Die Modellstadt der Forscher gibt es wirklich. Haus für Haus haben sie die Innenstadt des Touristenortes Seaside nachgebaut, der rund 250 Kilometer vom Labor entfernt liegt. Einige der 5.000 Einwohner haben schon Erfahrung mit einem Tsunami sammeln müssen. So wie der Geologe Tom Horning.

Er war zehn Jahre alt, als die Wellen eines fernen Seebebens Seaside erreichten: "Der Tsunami von 1964 kam in einer Freitagnacht um elf Uhr dreißig. Die Wellen stiegen immer höher und höher. Sie schossen dort in die Flussmündung hinein und durch die Seitenkanäle in die Stadt. Innerhalb kurzer Zeit standen etliche Viertel unter Wasser. Autos wurden gegen die Häuser gedrückt. Der Gesamtschaden in der Stadt lag bei umgerechnet 10 bis 12 Millionen Dollar."

Der Tsunami von 1964 entstand durch ein Seebeben vor der Küste Alaskas und war deshalb relativ klein, als er Oregon erreichte. Trotzdem drang er mit großer Geschwindigkeit entlang des Flusses in das Hinterland vor und drückte mit Gewalt in die Wohngebiete. Damals konnten sich die Bewohner retten. Doch wenn ein Tsunami durch ein Seebeben direkt vor der Küste entstehen sollte, dann rechnen die Forscher mit einer gewaltigen zehn Meter hohen Welle.

Der Weg der Welle

Bislang lautet der Evakuierungsplan der Behörden: Einwohner und Touristen sollen aus der Stadt fliehen - auf die Hügel im Hinterland. Aber wird die Zeit dafür reichen? Noch wissen die Forscher zu wenig, um das abschätzen zu können.

Wie bewegt sich eine Riesenwelle durch die Straßen einer Stadt? Mit Kameras und Drucksensoren verfolgen die Wissenschaftler wieder und wieder den Weg der Welle. Die Messwerte fließen in ein Computermodell ein. Damit können die Forscher später den Ernstfall auch für andere Küstenstädte durchspielen. Ihr Projekt steht noch am Anfang. Die Computersimulationen stimmen jedoch schon gut mit dem Laborexperiment überein.

Fluchttürme

Neben der Höhe der Flut können die Forscher auch die Kräfte auf einzelne Gebäude berechnen. Ein erstes Ergebnis: Nur große Steinhäuser wie das Hotel direkt an der Promenade von Seaside können der Welle sicher widerstehen. Die Forscher empfehlen, Fluchttürme zu bauen. Das sei besser, als vor der Welle ins Hinterland zu fliehen. Ob es neue Fluchtpläne geben wird, muss die Politik entscheiden. Bis dahin, lautet der Rat der Tsunamiforscher: Ab ins steinerne Strandhotel und zwar so hoch wie möglich.

Autor: Daniel Münter

Stand: 07.06.2013 11:03 Uhr

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