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Truppenübungsplätze in Deutschland

Die Wüste lebt – auf Truppenübungsplätzen

Röhrenspinne
Röhrenspinne | Bild: HR

Wie so oft fegt ein Sturm über die anscheinend leblose Landschaft, lässt sie kalt und abweisend erscheinen… und am Wüstenrand lauern Panzer, auf dem Truppenübungsplatz der Bundeswehr in der Muskauer Heide. Seit Jahrzehnten durchwühlen Panzer hier den Boden und haben dadurch eine Landschaft geschaffen, wie man sie sonst kaum bei uns findet. Bizarre Lebensräume mit einer Flora und Fauna, die es ohne Panzerketten und Schießbetrieb nicht gäbe.

Ein Refugium für Überlebenskünstler

Dornflechte
Dornflechte | Bild: HR

Weil auf dem Truppenübungsplatz auch scharf geschossen wird, ist das Gelände für die Öffentlichkeit gesperrt. Und das ist gut für die Natur. Vor allem für seltene und bedrohte Arten wie die Rote Röhrenspinne.

Mit militärischer Gradlinigkeit durchzieht die Soldatensegge den Sand – das hat ihr den Namen gegeben. Das kleine Sauergras ist eine der wenigen höheren Pflanzen, die den Widrigkeiten hier zu trotzen vermögen.

Auch die Dornflechte kommt mit den harten Bedingungen zurecht. Flechten sind ebenso wie Moose sogenannte wechselfeuchte Organismen. Wurzeln oder andere Wasserspeicher haben sie nicht. Deshalb sind sie in Konkurrenz zu Blütenpflanzen zwar meist die Unterlegenen, an unwirtlichen Orten wie hier aber klare Sieger.

Vor allem Insekten und Spinnen erobern die kargen Flächen. Damit legen sie das Fundament für die weitere Besiedlung dieses ganz besonderen Lebensraums. Der Sand ist extrem trocken und heiß - im Sommer können die Temperaturen hier bis auf 70 Grad Celsius steigen.

Auf den Truppenübungsplätzen ist das Bibelwort "Schwerter zu Pflugscharen" Wirklichkeit geworden. Denn solange Panzer den Sand durchpflügen, lebt dieser Mikrokosmos weiter.

Tiere lassen sich von Panzern nicht stören

Truppenübungsplatz
Solange Panzer fahren, bleibt das Biotop bestehen | Bild: HR

Aber auch Wild lebt – unbeeindruckt von Panzern und Schießbetrieb – auf Truppenübungsplätzen. Streng geschützte Arten wie Wolf und Seeadler profitieren davon, und auch das vom Aussterben bedrohte Birkhuhn hat sich hier angesiedelt. Die Tiere haben sich daran gewöhnt, dass es hin und wieder knallt, und das große Gelände bietet ihnen auch genügend Rückzugsgebiete.

Die Zukunft dieses einzigartigen Biotops in Panzerspuren scheint ebenfalls gesichert: Im Januar 2010 schlossen die Bundeswehr und der Freistaat Sachsen eine umfangreiche Vereinbarung zum Schutz von Natur und Landschaft auf dem 13.700 Hektar großen Areal: Der Bund übernimmt künftig das Management und die Kosten des Naturschutzes, der Freistaat ist für die Kontrolle verantwortlich.

Autor: Heribert Schöller (HR)

Stand: 24.01.2013 16:36 Uhr

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