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Presse versus Regierung: "Die Spiegel-Affäre" in Bildern

Verteidigungsminister Franz Josef Strauß ist kontra Journalist Rudolf Augstein, der Chefredakteur des "Spiegel": Die Haltungen der beiden Männer 17 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges sind diametral entgegengesetzt. Wo für Strauß die Devise gilt "lieber tot als rot", lautet Augsteins Maxime "weg mit den Verkrustungen des Obrigkeitsstaates". | Bild: BR / Roland Suso Richter

Verteidigungsminister Franz Josef Strauß ist kontra Journalist Rudolf Augstein, der Chefredakteur des "Spiegel": Die Haltungen der beiden Männer 17 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges sind diametral entgegengesetzt. Wo für Strauß die Devise gilt "lieber tot als rot", lautet Augsteins Maxime "weg mit den Verkrustungen des Obrigkeitsstaates".

Strauß will den drohenden Atomkrieg durch ein "Gleichgewicht des Schreckens" verhindern. Das allein würde "die roten Socken" in Schach halten.

Nach einem denkwürdigen Treffen der beiden Männer in Augsteins Haus 1957 gibt Augstein die Parole aus: "Dieser Mann ist gefährlich. Er darf niemals Kanzler werden."

Der barocke Macht- und Instinktmensch Strauß, ein ebenso brillanter wie taktisch versierter Politiker, nutzt jedes Mittel zur Durchsetzung seiner Politik: Westdeutschland muss sich, nach der Erfahrung vom Mauerbau 1961, aus der Abhängigkeit der USA lösen.

Ein Mittel dazu: Er will die Bundeswehr im europäischen Verbund und der NATO zur Atommacht ausbauen. Die Nachfolge des Altbundeskanzlers Adenauer hat er dabei klar im Blick.

Seine bajuwarischen Amigo-Geschäfte bieten Augstein eine hochwillkommene Angriffsfläche. Er greift Strauß bei jeder sich bietenden und nicht bietenden Gelegenheit an: Von der Hahlbohm-Affäre über den Lockheed-Skandal bis hin zur FIBAG-Affäre, der "Spiegel" ist immer der erste Angreifer.

Dabei vergreift er sich oftmals im Ton, während "Spiegel"-Redakteur Conrad Ahlers, gewissenhaft und knochentrocken, systematisch daran arbeitet, die Politik von Strauß zu demontieren.

Der "Kalte Krieg" im Kleinen zwischen Strauß und Augstein, kulminiert im Herbst 1962, zeitgleich zur Kuba- Krise.

Während sich das Schicksal der Welt auf einer Karibikinsel entscheidet, erscheint Ahlers über Jahre recherchierter Artikel "Bedingt abwehrbereit“ am 8. Oktober 1962 im "Spiegel". Er weist anhand des NATO-Manövers "Fallex 62" nach, dass die Bundeswehr nicht in der Lage ist, die Bundesrepublik Deutschland konventionell vor einem Angriff des Ostens zu verteidigen.

Die Hintergrundinformationen, die auch Rudolf Augstein zuvor studierte, kamen zum Teil aus Kreisen der Bundeswehr.

Eine Gruppe von höheren Offizieren war gegen das Konzept der atomaren Aufrüstung von Deutschland und Europa.

Sie befürchteten einen Verlust der Macht, denn Strauß wurde nicht müde, sogar in der Presse zu verbreiten, dass die Panzerschlachten des Zweiten Weltkrieges endgültig vorbei seien – und der Frieden nur durch ein atomares Gleichgewicht zu sichern sei. Als der Verteidungsminister die "Spiegel"-Ausgabe in der Hand hält, ist er außer sich.

Der Artikel schlägt Wellen: Erst werden die Redaktionsräume durchsucht, dann steht Augstein vor Gericht. Denn ein Oberst erstattet Anzeige wegen Landesverrates gegen die Redaktion des "Spiegel".

Unzählige Zeugen füttern den Prozess an. Sein Vater Josef unterstützt den Chefredakteur während der Verhandlungen.

Mai 1965 der "Freispruch": Der Strafsenat des Bundesgerichtshofs entscheidet, dass keine Beweise vorlägen, die einen Verrat von Staatsgeheimnissen durch den Bericht des "Spiegel"-Redakteurs Conrad Ahlers belegen würden.

Als später klar wird, dass der Verteidigungsminister nicht nur überreagiert, sondern auch den Bundestag belogen hatte, ist er nicht mehr zu halten: Franz Josef Strauß muss gehen.