Gespräch mit Oliver Schmitz

Er führte Regie beim Film "Schandfleck – Der Usedom-Krimi"

»Für eine Krimireihe ist das sehr emotional und persönlich.«

Karin (Katrin Sass, li.) trifft zufällig auf ihre Tochter Julia (Lisa Maria Potthoff, re.) im Supermarkt.
Karin, gespielt von Kathrin Sass, trifft zufällig ihre Tochter Julia im Supermarkt. | Bild: NDR / Oliver Feist

Ihr Name steht hierzulande für den unterhaltsamen Fernsehfilm. "Schandfleck" ist Ihr erster Krimi. Was hat Sie daran gereizt?

Gerade habe ich in Südafrika meinen fünften Kinofilm abgedreht, und meine Kinofilme sind alle ernste Filme. Im Ausland habe ich einen ganz anderen Ruf als in Deutschland. Das ist ein bisschen Zufall und liegt vor allem daran, dass ich vor 14 Jahren eine Komödie als meinen ersten Fernsehfilm gedreht habe. Weil die sehr erfolgreich war, habe ich danach viele Angebote für Komödien bekommen. Etwa "Türkisch für Anfänge", da habe ich viele, viele Folgen gedreht, und "Doctor’s Diary". Dass ich auch anderes gemacht habe, ist in Deutschland weniger bekannt. Deshalb freut es mich, dass ich mit "Schandfleck" mal meine andere Seite zeigen darf.

Was gefällt Ihnen an den Usedom-Krimis?

Als ich das Buch gelesen und den ersten Film gesehen hatte, war ich sehr begeistert. Ich fand das sofort spannend, weil es nicht nur ein Krimi ist, sondern die Fälle sehr eng verflochten sind mit der Geschichte dieser Mutter-Tochter-Beziehung, die zentral in der Reihe ist. Dass beide Frauen auch Ermittler sind und wie sich das Private mit der Arbeit und dem Fall vermischt, fand ich toll gemacht.

Worin liegen für Sie die Qualitäten des Buchs zum zweiten Teil?

Die Episodengeschichte, der Fall im engeren Sinn, hat sehr starke Charaktere. Auch wenn sie vielleicht nur in dieser einen Folge auftauchen, sind sie sehr präsent und erzählen eine ganz eigene Geschichte. Darüber hinaus ist natürlich spannend, wie dieser Fall auch vieles andere aufkratzt, was wiederum die persönliche Geschichte zwischen Julia Thiel und Karin Lossow betrifft. Was hat der Vater gemacht? Wie war der Vater verwickelt in Geschäfte und Korruption in der Gegend? Das haben die Autoren geschickt miteinander verquickt. Generell gefiel mir sehr, wie in "Schandfleck" alle Ebenen der Geschichte miteinander verflochten sind. Alle Menschen in diesem Ort haben irgendwie miteinander zu tun, jeder hat einen Einfluss auf das Leben des anderen. Für eine Krimireihe ist das sehr emotional und persönlich.

Wo haben Sie eigene Gewichtungen gesetzt? Was war Ihnen in der Arbeit an diesem Film besonders wichtig?

Im Vordergrund stand für mich auf jeden Fall die zentrale Mutter-Tochter-Beziehung. Die ist ja maßgeblich für die Usedom-Krimis, und sie wäre nur halb so spannend, wenn sie nicht von Katrin Sass und Lisa Maria Potthoff gespielt würde. Die beiden haben mich sehr beeindruckt in der Arbeit. Emma Bading als nächste Generation spielt da natürlich auch eine wichtige Rolle. Ich wollte eine große Emotionalität in diese Familiengeschichte hineinbringen. Mir war es wichtig, die Schauspieler zu fordern und ihnen auch den Raum zu geben, diese Geschichte weiterzuentwickeln.

Nicht nur die Hauptfiguren der Reihe, sondern – Sie haben sie bereits angesprochen – auch die Episodenhauptfiguren sind bemerkenswert authentisch. Berichten Sie uns von der Arbeit mit "den Mahlows".

Die beiden Schauspieler, die Tochter und Vater Mahlow gespielt haben, Peter Franke und Ramona Kunze-Libnow, finde ich beide grandios. Was Peter Franke angeht, muss ich dem Produzenten danken. Tim Gehrke hat ihn vorgeschlagen, und ich hab schon auf dem Demoband gesehen, dass er vom Typ her genau das war, was ich mir vorgestellt hatte. Peter Franke hat seine eigene Farbe in die Figur eingebracht und es war wirklich toll, mit ihm zu arbeiten. Dasselbe gilt auch für Ramona Kunze-Libnow. Nachdem ich ein Bild von ihr auf ihrer Agenturseite gesehen hatte, wo sie ganz verweint war und ihre Haare durcheinander waren, wusste ich, dass sie die Richtige ist. Ihr Mut zur Hässlichkeit ist wichtig für diese Rolle. Ich dachte, wenn sie sich so zeigen lässt, dann hat sie auch den Mut, eine komplexe Figur zu spielen und eine innere Seele zu zeigen. Das hat sie wirklich gemacht, und es hat mir sehr imponiert, wie sie mit Katrin Sass zusammen gespielt hat.

Die Filme spielen im Grenzgebiet zu und teilweise auch in Polen. Wie funktionierte die deutsch-polnische Zusammenarbeit?

Ich finde es spannend, dass diese Geschichte über die Grenze hinaus spielt, zwischen den Ländern, und dass da auch verschiedene Dinge mitschwingen, alte Geschichten und Ressentiments. Ich komme ja aus Südafrika und arbeite international mit sehr vielen Menschen, aber das war das erste Mal, dass ich in Deutschland mit einem relativ internationalen Team gearbeitet habe, und das war sehr angenehm. Die Zusammenarbeit mit dem Team aus Polen in Swinemünde funktionierte sehr, sehr gut. Wir hatten auch ein Stuntteam von da.

Sind Sie mit den Vorurteilen, die beide Länder übereinander hegen, und mit der dahinterstehenden Geschichte vertraut?

Ich bin relativ vertraut mit der deutschen Geschichte. Meine Eltern waren ja Deutsche, und sie kamen aus der Kriegsgeneration. Also bin ich mit der ganzen Nachkriegszeit und der Trauma-Verarbeitung auch in meinem Zuhause in Kapstadt großgeworden. Insofern ist mir das nicht fremd. Wenn man mit der Apartheid aufwächst, macht man sich auch Gedanken über andere Gesellschaften. Was bringt Leute zusammen und was trennt sie? Deshalb interessiert mich auch, was Leute in der Vergangenheit getan haben und wie die Leute damit heute zurechtkommen.

Die Usedom-Krimis nehmen spezielle Themen dieser Region in den Blick und vermitteln ein norddeutsches Flair. Haben Sie leicht einen Zugang dazu gefunden?

Mir ist bekannt, dass die Leute von dort ein bisschen spröde sind, und ich finde das auf eine gewisse Art auch sehr sympathisch. Der trockene Humor, der dahintersteckt, und die Eigenartigkeit gefallen mir. Ich habe Kunst studiert und immer die Bilder von Caspar David Friedrich geliebt. Er hat ja auf Rügen gemalt, und in gewisser Weise hat er meine Arbeit an "Schandfleck" inspiriert. So gibt es in dem Film zum Beispiel ein paar Einstellungen von Menschen von hinten gesehen, als kleines Zitat.

Was hat Sie besonders gefordert bei diesen Dreharbeiten?

Es sind nicht immer unbedingt die großen Sachen, die schwierig sind. Manchmal sind es auch Motive wie ein Supermarkt, die Schwierigkeiten darstellen, weil es nicht einfach ist, sie so zu drehen, dass es gut aussieht. Aber der Supermarkt ist ein zentrales Motiv in der Geschichte. Das hat mir ein bisschen Kopfzerbrechen verursacht. Der Ort selbst ist wunderbar und bietet viele Motive, die atmosphärisch sind. Da muss man nur aufpassen, dass es nicht zu schön wird und zu malerisch im touristischen Sinne.

0 Bewertungen
Kommentare
Bewerten

Kommentare

Kommentar hinzufügen

Bitte beachten: Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern werden innerhalb von 24 Stunden durch die Redaktion freigeschaltet. Es dürfen keine externen Links, Adressen oder Telefonnummern veröffentlicht werden. Bitte vermeiden Sie aus Datenschutzgründen, Ihre E-Mail-Adresse anzugeben. Fragen zu den Inhalten der Sendung, zur Mediathek oder Wiederholungsterminen richten Sie bitte direkt über das Kontaktformular an die ARD-Zuschauerredaktion: https://hilfe.ard.de/kontakt/. Vielen Dank!

*
*

* Pflichtfeld (bitte geben Sie aus Datenschutzgründen hier nicht Ihre Mailadresse oder Ähnliches ein)

Kommentar abschicken

Ihr Kommentar konnte aus technischen Gründen leider nicht entgegengenommen werden

Kommentar erfolgreich abgegeben. Dieser wird so bald wie möglich geprüft und danach veröffentlicht. Es gelten die Nutzungsbedingungen von DasErste.de.