Interview mit Robert Atzorn

Das Erste: Der Film "Feuerkämpfer" weist auf ein schwieriges Problem hin: Vielen Erwachsenen gelingt es nach der Trennung vom Partner nicht, einen verantwortungsbewussten Umgang mit den Kindern zu pflegen. Wo liegen Ihrer Ansicht nach die Ursachen für dieses Problem?
Robert Atzorn: Gute Frage. Das hat wahrscheinlich sehr vielfältige und jeweils unterschiedliche Ursachen. Zum Beispiel liegt es in der Charakterstruktur der Beteiligten begründet oder in der Art von Beziehung, die da vorher geherrscht hat, an den Verletzungen, die die Beteiligten sich vielleicht gegenseitig zugefügt haben. Sehr oft gehen die Eheleute ja im Streit oder sogar Krieg auseinander, und für die Kinder ist es so oder so immer eine Tragödie, wenn die Eltern sich trennen.

Dieses Problem ist weit verbreitet in unserer Gesellschaft. Eigentlich kennt jeder Menschen, die in der einen oder anderen Weise davon betroffen sind ...
Ja, allerdings. Auch ich kenne solche Beispiele und Väter, die es erleben müssen, dass die Mütter die gemeinsamen Kinder instrumentalisieren. Nicht umsonst gibt es inzwischen Selbsthilfegruppen betroffener Männer, die versuchen, gemeinsam gegen die Missstände anzugehen. Von dieser Gruppe der Trennungsväter ist im Film ja auch die Rede. Es gibt viele Väter, die genauso an ihren Kindern hängen wie Angelo Panigua in unserer Geschichte, denen es nach der Trennung aber fast unmöglich gemacht wird, einen normalen Umgang mit ihnen zu haben.

Casstorff hat Mitgefühl mit den Vätern, die sich nach ihren Kindern sehnen. Er kennt diese Sehnsucht, denn sein Sohn ist ja jetzt weit weg in Amerika. Gab es zwischen ihm und seiner Ex eigentlich je solche Probleme?
Nein, das nicht. Da sind die Probleme ganz anders gelagert. Inzwischen weiß der Casstorff ja, dass sein Sohn ein untergeschobenes Kind ist. Nicht er ist der Vater, sondern ein Spanier. Der Sohn ist aus einer Urlaubsaffäre hervorgegangen, und die Mutter hatte daher anfangs sehr gemischte Gefühle, ob sie das Kind überhaupt haben will. Aber Casstorff, der von dieser Affäre nichts wusste, hat sich so gefreut, Vater zu werden, dass sie es dann doch bekommen hat. Jan Casstorff liebt seinen Sohn sehr, auch wenn er inzwischen weiß, dass er nicht der leibliche Vater ist. Er hat ihn groß gezogen und ist sehr eng mit ihm verbandelt. Deshalb hat er im jetzigen Stadium auch so große Probleme, mit dessen Abnabelung klar zu kommen.

Und Robert Atzorn selbst? Hatten Sie trotz Ihrer vielen Arbeit als Schauspieler selbst auch noch Zeit, für Ihre Kinder da zu sein? Oder gab es zwischen Ihnen und Ihrer Frau die klassische Aufteilung?
Bei uns war es so, dass wir sehr schlechte Erfahrungen mit Kindermädchen gemacht haben und schnell kein Vertrauen mehr hatten. Also haben wir uns überlegt, wenn wir Kinder wollen, dann betreuen wir sie auch selbst. Meine Frau, die ja auch Schauspielerin ist, hat beschlossen, zu Hause bei den Kindern zu bleiben und ihren Beruf nur noch dann auszuüben, wenn es mit der Erziehungsarbeit vereinbar war. Sie hat auf jeden Fall den größeren Teil dieser Aufgabe übernommen, aber auch ich habe immer wieder Pausen einlegt, damit ich Zeit für die Kinder hatte, und dafür verlockende Angebot abgelehnt. Heute bin ich sehr froh darüber, weil meine Söhne und ich ein wirklich wunderbares Verhältnis zueinander haben, eine sehr freie Beziehung, in der gegenseitige Kritik möglich ist und in der wir freundschaftlich über alles diskutieren können.

"Feuerkämpfer" formuliert auch Kritik an der deutschen Rechtsprechung: Das Todesopfer ist eine sogenannte "Kampfanwältin", der es gelungen sein soll, vielen Trennungsvätern übel mitzuspielen. Halten Sie so etwas in der Realität auch für möglich?
In familienrechtlichen Dingen kenne ich mich nicht aus, und mit diesen speziellen Fragen habe ich mich in meinem Leben auch Gott sei Dank nie beschäftigen müssen. Aber aus meinen wenigen eigenen Erfahrungen mit der Justiz, bei denen es um ganz andere Dinge ging, muss ich sagen, dass es eine Illusion ist zu glauben, bei Gericht gehe es immer gerecht zu.

Atmosphärisch hat sich im Hamburger Kommissariat ja ein enormer Wandel vollzogen. Casstorff gibt sich lockerer, weniger streng und ernst als vorher – weil er verliebt ist. Es macht Spaß, Ihnen dabei zuzusehen. Macht es für Sie selbst auch einen Unterschied?
Oh ja, einen Riesenunterschied! Zunächst mal bin ich absolut glücklich über die Besetzung. Ursula Karven verleiht dieser Staatsanwältin, in die Casstorff sich verliebt, eine liebenswerte Seite und eine bissige. Das ist sehr spannend und wird auch unser Verhältnis in der Zukunft bestimmen. Da gibt es sehr viele Entwicklungsmöglichkeiten. Für Jan Casstorff ist diese Liebe ja eine richtige Erlösung. Bislang war er melancholisch-verschlossen, weil sein Beruf und das Leid, das er täglich erlebt, ihm zu schaffen machen. Das haben wir so angelegt, weil es vielen echten Kommissaren tatsächlich so geht. Aber die Liebesgeschichte holt den Casstorff raus aus dieser düsteren Ecke; jetzt kommt mehr Sonne in sein Leben, es verändert sich vieles zum Positiven. Und das macht nicht nur den Zuschauern Spaß.

Die Wilhelmi geht ja ganz schön ran. Als sie ihm ihre alte Küche anbietet, ist gleich klar, dass es hier einen Subtext gibt. Gleichzeitig gibt sie sich bei der Arbeit immer noch zugeknöpft. Ist das eine reizvolle Mischung für Casstorff?
Ja, wahnsinnig reizvoll! Ihre Sprödigkeit reizt ihn unbedingt. Ich finde es nachahmenswert, wie die Amerikaner solche Film-Beziehungen (etwa in "Crossing Jordan") in der Schwebe halten. Da gibt es nie eine völlig harmonische Auflösung, sondern die Spannung wird immer gehalten. Zwischen diesen Partnern ist nie alles klar, sondern es bleibt immer alles offen und man fragt sich, warum küssen die sich nicht endlich? Was geht denn da wohl vor sich? So etwas finde ich sehr reizvoll, und ich hoffe, dass es uns auch gelingt, unsere Beziehung immer auf einer mal größeren, mal kleineren Flamme zu halten. Ursula Karven ist dafür auf jeden Fall die ideale Besetzung.

Der Film erlaubt es uns, Casstorffs Wohnung mit der von Wanda Wilhelmi zu vergleichen. Die Wilhelmi pflegt – anders als er – einen sehr großzügigen Lebensstil. Beeindruckt das den Kommissar oder verunsichert es ihn eher?
Sie kommt deutlich aus gutem Hause. Sie entstammt einer Rechtsanwaltsfamilie, die viel Geld hat. Ihre Wohnung überrascht und fasziniert ihn, aber sie befremdet und verunsichert ihn auch. Casstorff selbst ist eher pragmatisch, was seine Einrichtung angeht, die stoppelt er zusammen und ist trotzdem zufrieden damit. Außerdem hat er nicht so viel Geld. Kommissare verdienen, verglichen mit dem, was sie leisten müssen, nicht sonderlich viel. Da ist es klar, dass dem Casstorff zwischendurch auch Zweifel kommen, ob er dieser Frau überhaupt genügen kann.

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