SENDETERMIN So., 09.02.14 | 16:30 Uhr | Das Erste

Chilis - höllisch scharf

Seit etwa neun Jahren baut Thomas von Ledebur seine eigenen Chilipflanzen an, um die Speisen damit zu würzen. Wie Millionen andere auch, liebt er scharfes Essen. Rund 40 Chilipflanzen hat der Oberbayer den Sommer über draußen in Töpfen stehen. Eines seiner schärfsten Exemplare trägt gelbe Früchte.

Bei der "7-Pot Yellow" liegt die Schärfe bei etwa 10 auf einer Skala von 0 bis 10. Sie trage ihren Namen, "weil eine Frucht ausreicht, um sieben Töpfe Essen anzuschärfen. Mit denen ist nicht zu spaßen", so Thomas von Ledebur.

Scharfes Alkaloid

Es ist hauptsächlich das Alkaloid Capsaicin, das die Schärfe verursacht und das Brennen im Mund erzeugt. Hierzulande empfinden das immer mehr Menschen als durchaus angenehm. Das meiste Capsaicin befindet sich im wattigen Inneren der Schoten (botanisch: Beeren). Viele Köche entfernen diese Scheidewände, um die Schärfe abzumildern. Schärfe muss man lernen, und am besten fängt man mit weniger scharfen Sorten an, die sich einfacher dosieren lassen. Capsaicin ist übrigens der Hauptwirkstoff der sogenannten Pfeffersprays, gewonnen wird es, natürlich, aus Chilischoten. Präzise Angaben zur Schärfe werden in sogenannten Scoville-Einheiten gemacht.

Ideal sind große Töpfe

Thomas von Ledebur baut seine Pflanzen in großen Töpfen und Kübeln an, die an der Südseite des Hauses stehen. Töpfe bieten den Vorteil, dass sich die Erde schneller erwärmt als der gewachsene Boden im Gemüsebeet. Regelmäßiges Wässern und auch Düngen müssen natürlich sein, denn Chilis zählen eher zu den Starkzehrern. Außerdem braucht man Stützstäbe, damit die Triebe nicht abknicken. Thomas von Ledebur könnte seine Chilis drinnen überwintern und sich die jährliche Anzucht ersparen. Aber lieber testet er unbekannte und auch vollkommen neue Sorten und zieht sie schon im Winter aus Samen heran. Die Erfahrungen beschreibt er übrigens in einem lesenswerten Chili-Blog.

Anzucht auf der warmen Fensterbank

Wegen der langen Entwicklungszeit beginnt man mit der Anzucht am besten im Februar auf der warmen Fensterbank in Schalen mit spezieller Anzuchterde. Wer auf Nummer sicher gehen will, erhitzt das Substrat für etliche Minuten im Bratschlauch in der Mikrowelle, um Pilzerreger und Trauermückenlarven abzutöten. Die Samen mit Erde bedecken, mit dem Wasserzerstäuber einsprühen und gleichmäßig feucht halten. Sobald man die Sämlinge greifen kann, werden sie in Töpfen mit guter Blumenerde vereinzelt. Möglichst hell weiterkultivieren. Ins Freie können Chilis frühestens nach den Eisheiligen Mitte Mai. Dabei müssen sie auch an die UV-Strahlung gewöhnt werden, damit die Blätter nicht verbrennen.

Sortenempfehlungen von Thomas von Ledebur:

  • Brazilian Starfish (Capsicum baccatum)
    Schärfegrad ca. 4 von 10. Bis zu 2,5 Meter hohe Pflanze mit unglaublich vielen Früchten, die Seesternen ähneln, manchmal auch einem Ufo oder einer Bischofsmütze. Leicht fruchtiges, frisches Aroma; gut für Salate und Rohkost. Schöne Sorte mit ungewöhnlicher Form.

  • Poblano (C. annuum)
    Schärfe 3/10. Vor allem in Mexiko angebaut. Reift von dunkelgrün nach rot bis braun ab und ähnelt einer Spitzpaprika; reif und getrocknet heißen sie "Ancho" und kommen in Eintöpfe und verschiedene Soßen. Meist aber grün geerntet und gekocht oder geschmort. Mit Käse und Hackfleisch gefüllt, heißen sie "Chile Relleno". Der Geschmack hat leichte Schoko-/Lakritznoten und erinnert etwas an Backpflaumen.

  • Jalapeño (C. annuum)
    Schärfe 5/10. Relativ dickwandige, saftige Früchte mit länglicher Form und abgerundeter Spitze. Man erntet sie meist grün und legt sie scheibenweise in Essig ein oder verwendet sie überwiegend für Salsas. In den USA als "Jalapeño Poppers" sehr beliebt: gefüllt mit Käse, mit Speck umwickelt und gegrillt. Auf dem Grill geräuchert nennt man sie "Chipotle", in dieser Form häufig für BBQ-Soßen verwendet.

  • Habanero (C. chinense)

Sehr scharf (10/10). Mit tropisch fruchtigem Geschmack. Viele verschiedene Farben und Fruchtformen, das Spektrum reicht von Weiß bis Schwarz. Verwendet in Gerichten aus der Karibik, aber auch in Mexiko, Peru und Brasilien sehr beliebt.

  • Trinidad Scorpion (C. chinense)
    Extrem scharf (10+/10); Varianten von "Trinidad Scorpion" haben "Bhut Jolokia" als schärfste Chili der Welt abgelöst. Fruchtiger, süßer Geschmack, dann aber schlägt sie erbarmungslos zu. Die Schärfe setzt langsam ein und steigert sich immer weiter. Nichts für Anfänger! Die Variante "Carolina Reaper" ist zurzeit, laut Guinnessbuch, Rekordhalter mit 1,5 Millionen Scoville.

  • Gorria (C. annuum)
    Kaum Schärfe (2/10). Kennt man vor allem getrocknet als das Pulver "Piment d’Espelette" aus der Region um Espelette in Südfrankreich. Das eher milde Pulver hat einen besonderen, aromatischen Geschmack.

  • Lemon Drop (C. baccatum)
    Schärfe 7/10. Frisches, fast zitroniges Aroma. Die Pflanze bildet Hunderte leuchtend gelbe Früchte aus, die am besten frisch genossen werden. Sehr gut für Salate und Fisch geeignet.

  • NuMex Twilight (C. annuum)
    Schärfe 6/10. Ziersorte mit vielen kleinen, leckeren Früchten. Gut zum Einlegen.

  • Rocoto Manzano (C. pubescens)

Schärfe 9/10. Besondere Art aus dem Hochland der Anden mit haarigen Blättern und Stengeln (pubescens = behaart); einzige Art mit schwarzen Kernen. Saftige, dickwandige Früchte, gut für Soßen geeignet. Frisch eher muffig, aber getrocknet oder eingelegt hat die Rocoto ein besonderes Aroma. Die Schärfe wird sehr unterschiedlich wahrgenommen. Lange Entwicklungszeit, von Ledebur überwintert sie drinnen.

  • Pimientos de Padron (C. annuum)
    In der Regel keine Schärfe. Berühmte spanische Sorte aus Galizien mit uneinheitlichen Fruchtformen. Meistens ganz mild, ein paar wenige können aber auch sehr scharf sein: Der Genuss gleicht einem "russischen Roulette". Sehr beliebt in Spanien als Vorspeise, den Tapas. Meist grün geerntet, werden sie kurz in heißem Olivenöl angebraten und dann mit Meersalz bestreut.

Chili-Ausstellung in der Stuttgarter Wilhelma

Eine gute Gelegenheit, Chilis in Augenschein zu nehmen, bietet die Stuttgarter Wilhelma. Rund 100 Sorten werden den Besuchern alljährlich im Wintergarten ab dem Spätsommer präsentiert. Die Chilisammlung betreut Gärtner Rainer Dipke. Er verrät, dass Chilis natürlich am besten unter Glas im Gewächshaus wachsen; im Warmen reifen die Früchte deutlich früher heran. Und mit einem Gewächshaus könne man ruhig auch erst im März mit der Anzucht beginnen.

Buchtipps:

Harald Zoschke
Das Chili Pepper Buch 2.0: Wissenswertes, Anbau, Produkte und Rezepte
Verlag Suncoast Peppers, 2012
ISBN 978-3937862026
Preis: 24,95 Euro

Jan Rasche, Jan Riering, Timo Riering
Chili & Paprika: 120 Sortenempfehlungen aus aller Welt
Formosa, 2014
ISBN 978-3934733114
Preis: 14 Euro

Bezugsquellen für Chili-Saatgut erfahren Sie bei der Hotline WDR Fernsehen 0221-56789 999.

Autor: Friedemann Borchert

Stand: 17.02.2014 10:02 Uhr