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Ein Mord und keine Leiche

Hugo L. im Gerichtssaal
Hugo L. saß aufgrund von Indizien auf der Anklagebank. | Bild: dpa

1993 hielt er mit der "Rotlichtaffäre" im Saarland die Medien auf Trab: Hugo L. Die Duz-Freundschaft mit Hugo L., den die Lokalpresse zum "ungekrönten König des Saarbrücker Nachtlebens" und "König der Saarbrücker Unterwelt" avancieren ließ, kompromittierte führende Landespolitiker. Alles wartete darauf, dass der "liebe Hugo" seine Drohung wahr machte und angeblich existierende peinliche Fotos vom Ministerpräsidenten in der Nachtbar "Cascade" endlich auspackte. Vergeblich.

Der Kriminalfall Hugo L. hat die saarländische Strafjustiz so lange beschäftigt. Der 1943 geborene Saarbrücker mit französischem Pass, jüngstes von 13 Geschwistern, ist seit Teenagertagen als gewalttätiger Krimineller aktenkundig. 1997 wurde er nach zwei Jahren Prozess wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Saarbrücker Schwurgericht sah es als erwiesen an, dass L. in der Nacht vom 22. auf den 23. August 1985 den 62-jährigen Saarbrücker Kaufmann Heinz Weirich einen Wechsel und Vermögensübereignungen zu unterschreiben zwang und ihn anschließend ermordete. Tatmotiv: Habgier. Hugo L. beteuerte seine Unschuld. Gegen ihn sprachen ein ausgedehntes Vorstrafenregister, eine spektakuläre Flucht aus dem Gefängnis und eine 7000 Blatt umfassende polizeiliche Ermittlungsakte. Aber der im September 1985 als vermisst gemeldete Kaufmann Heinz Weirich wurde bis heute nicht gefunden.

"Lebenslänglich" nur auf Grund von Indizien

Zwölf Jahre nach der Tat verhängte das Saarbrücker Schwurgericht "Lebenslänglich" nur auf Grund von Indizien; eine Leiche und gerichtsmedizinische Erkenntnisse über Zeit und Art des Todes fehlen. Hugo L. und seinen Verteidigern half dies ebenso wenig wie der Verweis darauf, dass das eigentlich für die Strafverfolgung zuständige Gericht in Metz – die Tat soll sich unmittelbar hinter der "grünen Grenze" auf französischem Territorium abgespielt haben – 1990 die Mordanklage fallen ließ. Eine Berufung auf das Schengener Abkommen, das während des L.-Prozesses 1995 in Kraft trat und nach dessen Artikel 54 niemand wegen ein und desselben Deliktes zweimal strafrechtlich verfolgt werden darf, wies der Bundesgerichtshof in Karlsruhe 1999 zurück.

Ein Mord ohne Leiche, eine Polizei und Justiz ohne den geringsten Zweifel an der Schuld des Verurteilten, ein "Lebenslänglicher", der auch im Knast keine Ruhe gibt. Die Dokumentation von Inge Plettenberg rekapituliert die wesentlichen Fakten eines Falles, der in der deutsch-französischen Justizgeschichte ziemlich einmalig dasteht.

Film von Inge Plettenberg (SR)

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