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"Dagobert" – Der Kaufhauserpresser

Arno Funke alias "Dagobert"
Arno Funke bei der Präsentation seines Buches. | Bild: dpa

Am 25. Mai 1988 explodiert im Berliner "Kaufhaus des Westens" eine Bombe. Kurz danach geht ein Erpresserschreiben ein. Der Bombenleger fordert 500.000 DM, sonst würden bei neuen Anschlägen auch Menschen sterben. Das Geld soll aus auf sein Kommando hin aus einer fahrenden S-Bahn geworfen werden.

So beginnt einer der längsten und spektakulärsten Erpressungsfälle in der deutschen Kriminalgeschichte. Sechs Jahre lang werden sich "Dagobert", wie der Täter bald genannt wird, und die Polizei in Berlin und Hamburg ein riskantes Katz- und Maus-Spiel liefern – beobachtet von einer Öffentlichkeit, deren Sympathie ganz dem gewitzten und intelligenten Verbrecher gehört, der die Polizei so lange an der Nase herumführt.

Doch für "Dagobert", der mit richtigem Namen Arno Funke heißt, ist die Erpressung kein Spiel; er will damit einen Teufelskreis durchbrechen, in den er durch seine Krankheit geraten ist. Jahrelang hat er Lösungsmitteldämpfe eingeatmet, das hat bei ihm zu schweren Depressionen geführt. Er denkt an Selbstmord. Die Erpressung ist für ihn ein verzweifelter Versuch, seinem Leben eine Wende zu geben – "wenn ich mich schon umbringe, dann muss ich mich auch an keine Regel mehr halten", so Arno Funke über seine damalige Motivation.

Der KaDeWe-Coup gelingt. Mit einem Schlag ist Funke um eine halbe Million Mark reicher – und er hat etwas gelernt: Verbrechen lohnt sich. Als das Geld ausgegeben ist, versucht er es noch einmal, diesmal in einem Hamburger Kaufhaus. Die Polizei erkennt seine "Handschrift" und weiß, wenn es ihm auch diesmal gelingt, dann wird er immer wieder zuschlagen – sie muss ihn unbedingt fassen.

Zwei Sonderkommissionen werden gebildet, in Hamburg und in Berlin. Mit einem Großaufgebot an Beamten versucht die Polizei "Dagobert" bei einer der 30 Geldübergabeversuche zu schnappen – vergeblich. Es ist ein riskantes Spiel, denn keiner weiß, ob der Erpresser das nächste Mal ernst macht und mit seinen Bomben auch Menschen tötet oder verletzt.
Bei ihren Ermittlungen ist die Polizei vom Pech verfolgt. Einmal hat ihn ein Beamter schon am Arm gepackt, da rutscht er aus und "Dagobert" kann entkommen. Ein anderes Mal überwachen die Beamten fast 1.500 Telefonzellen in Berlin-West, ausgerechnet da ruft der Erpresser zum ersten Mal aus dem Ostteil der Stadt an usw. Die Polizei wird zum Gespött der Boulevard-Presse.

"Dagobert" dagegen überrascht mit unglaublichem technischem Erfindungsreichtum. Er baut ferngesteuerte Geldabwurfgeräte, Schienenfahrzeuge, Mini-U-Boote, Streusandkisten-Attrappen... und gewinnt damit die Sympathie der Öffentlichkeit – aber es gelingt ihm nicht, an das Geld zu kommen.

Trotz des öffentlichen Drucks bleibt die Polizei bei ihrer Strategie, "Dagobert" zu zermürben. Je länger sich das Katz- und Maus-Spiel hinzieht, desto sicherer kann sie sein, dass er nicht morden wird und desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass er doch noch den entscheidenden Fehler macht.

Am 22. April 1994 bringt die Überwachung der Berliner Telefonzellen schließlich den entscheidenden Erfolg. "Dagobert" wird gefasst. Er ist froh, dass es vorbei ist, genau wie seine Gegenspieler von der Polizei! Am 20. Juni 1996 wird Arno Funke alias "Dagobert" wegen schwerer räuberischer Erpressung zu neun Jahren Haft und zu einer Schadensersatzzahlung von 2,5 Millionen Euro verurteilt. Heute lebt er als Grafiker und Buchautor in Berlin.

Im Film treten die Gegenspieler von damals noch einmal auf: Arno Funke sowie Ulrich Tille und Martin Textor von den Sokos in Hamburg und Berlin. Zum ersten Mal werden auch die Fahnder erzählen, die "Dagobert" verhaften haben, sowie sein Freund Heinz Küppert.

Film von Sven Ihden und Roland May

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Mo., 08.10.07 | 21:00 Uhr
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