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Harald Juhnke

Harald Juhnke
Eine Aufnahme von Harald Juhnke, Ende der 1950er Jahre | Bild: WDR/akg-images

Schon als jugendlicher Kriegsheimkehrer ruft Harald Juhnke auf den Trümmern Berlins: "Ich werde einmal der berühmteste Schauspieler Deutschlands!" Diesem Ziel hat er fortan sein Leben untergeordnet. Er pflegt den Kontakt zur Boulevardpresse, aber keine Freundschaften; er ist stolz auf seine Söhne, aber vernachlässigt die Familie. Juhnke ist ständig auf der Suche nach Anerkennung und Schlagzeilen; der Applaus ist seine Droge auf der Bühne. Doch kaum verhallt der Jubel, wird der Alkohol zur Ersatzdroge und zerstört das Leben des vielseitigen Künstlers.

1929 kommt Juhnke in Berlin/Wedding auf die Welt. Als "Stenz aus dem Wedding" beginnt er seine Kartiere: Der Underdog aus dem Arbeitermilieu – eine Rolle, die ihm bis zuletzt gefällt, weil sie ihn mit seinem Idol Frank Sinatra verbindet. Trotz seiner Erfolge bleibt er bodenständig und ist für sein Publikum "einer von uns".

Bekannt wird Juhnke in den 50er Jahren durch zahlreiche kleine Rollen in Heimatfilmen. Als Juxonkel mit Berliner Schnauze bedient er meistens die komische Seite. Die Aussicht auf das schnelle Geld, warme Drehorte und die Anwesenheit schöner Frauen sind ihm wichtiger als die Qualität der Rollen. Nebenbei avanciert er zum König des Berliner Boulevardtheaters und hat in den 70er Jahren im Duett mit Grit Boettcher als "verrücktes Paar" seinen Durchbruch im Fernsehen.

Als er 1979 vom plötzlich verstorbenen Peter Frankenfeld die Moderation der Show "Musik ist Trumpf" übernimmt, ist er endgültig ein Star der Fernsehunterhaltung. Hier kommen seine vielen Talente zur Geltung: Conferencier, Entertainer, Sänger, Schauspieler, Komiker, Charmeur etc. Juhnke mit Hüftschwung, umringt vom Fernsehballett – das ist Las Vegas, das ist nah dran an Frank Sinatra. Nie ist sein Ruhm so groß wie in diesen Jahren 1979-1981 und nie die Stille so unerträglich wie nach den Sendungen. Juhnke greift immer häufiger zur Flasche.

Im Oktober 1981 kommt es zum Eklat: Betrunken lässt er seine Liveshow platzen – das hat es im deutschen Fernsehen noch nicht gegeben. Juhnke entwickelt sich zum Quartalstrinker. In bestimmten Abständen trinkt er sich mit großer Geschwindigkeit in einen mehrtägigen Rausch. Für seine Familie ist diese Zeit schwer erträglich, für Theater oft ein Desaster, für Produzenten am Set ein teures Unterfangen. Juhnke anzuheuern ist ein Risiko, aber auch die Garantie für gute Quoten, denn seine Beliebtheit ist ungebrochen. Ein Mann, der so offen mit seinen Schwächen umgeht, trifft das Volk ins Herz.

Längst haben ihm die Ärzte in den 90ern dringlich vermittelt, dass jeder weitere Absturz wenn nicht den Tod, so doch die sichere Demenz bedeuten wird. Immer länger werden nach seinen Abstürzen die Aufenthalte in der psychiatrischen Universitätsklinik von Basel, wo er sich unter falschem Namen regeneriert.

Als im Sommer 2000 die Textaussetzer immer häufiger werden, bricht er zu Dreharbeiten nach Wien auf. In einer Bar bestellt er seine letzten Runden: zehn doppelte Whiskys und acht doppelte Wodka. Danach kommt er in die Klinik. Ende 2001 gibt sein Manager das Ende seiner Karriere bekannt. Juhnke lebt nun in einem Pflegeheim für Demenzkranke, in einer anderen Welt; er erkennt seine Freunde und bald auch seinen Sohn nicht mehr.

Am 1. April 2005 stirbt er im Krankenhaus. In der gleichen Woche sterben der Papst und der Fürst von Monaco und rauben ihm die letzten Schlagzeilen, die er immer so geliebt hat.

Film von Lothar Schröder

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