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Michael Jackson

Michael Jackson
Der "King of Pop" – Michael Jackson | Bild: SWR/dpa/abaca/Mousse9

Ein Notruf alarmiert am 25. Juni 2009 die Rettungsleitstelle in Los Angeles. Michael Jackson ist ohne Atmung in seinem Haus aufgefunden worden. Er stirbt noch am selben Tag. Todesursache ist eine Vergiftung durch das Narkosemittel Propofol. So endet vor knapp einem Jahr das turbulente Leben des Superstars Michael Jackson, ein Leben, das nach außen hin faszinierend, bunt und kitschig inszeniert wurde, in Wirklichkeit geprägt war von der verzweifelten Suche nach Aufmerksamkeit, Anerkennung und Liebe.

Der Film von Michael Wech blickt hinter die Legende und erzählt mit Hilfe von Menschen, die Michael Jackson besonders nahe standen, wie aus dem kleinen schwarzen Kinderstar der "King of Pop" und schließlich der kranke, medikamentenabhängige Künstler werden konnte, der an seinen eigenen Ansprüchen zerbrach. Interviewpartner, die zum Teil noch nie vor der Kamera standen, kommen zu Wort, darunter Michael Jacksons erste Freundin, Theresa Gonsalves, Dieter Wiesner und Stuart Backerman, die ihn als Manager betreuten, der Rabbiner Shmuley Boteach, dem er in langen Gesprächen seine Ängste, Hoffnungen und Probleme anvertraute, und seine Schwester La Toya Jackson.

Geboren wird Michael Jackson 1958 in Gary, Indiana. Er ist das achte von zehn Kindern. Angetrieben vom ehrgeizigen und geschäftstüchtigen Vater Joe, verbringt Michael Jackson schon seine Kindheit auf der Bühne – als Sänger der "Jackson Five". Frühe Filmaufnahmen zeigen, dass der zehnjährige Michael schnell zum Star der Gruppe wird. Antoinette Holmes, eine Spielkameradin aus Jugendtagen, erinnert sich, wie der verspielte Michael Jackson auf der Bühne aufblühte und alle Schüchternheit ablegte, wie er 1000 Prozent gab, wenn er das Gefühl hatte, dass sein Publikum ihn liebte. Die Zuneigung des Publikums wird für ihn zum Lebenselixier.

Ein Leben ohne Bühne gibt es für ihn praktisch nicht. Nur Religion spielt noch eine wichtige Rolle im Leben der Jacksons. Michael Jacksons Schwester La Toya berichtet, wie sie beide als Jugendliche von Haus zu Haus zogen, um mit dem "Wachturm" in der Hand für die Zeugen Jehovas zu werben. Seine Mutter hat ihn sehr religiös erzogen, und so versucht Michael Jackson auch seine erste Freundin Theresa Gonsalves zu überzeugen, die Bibel zu studieren. Theresa Gonsalves war eine enge Freundin Michael Jacksons. Sie erzählt die Geschichte ihrer geheimen Liebe, von heimlichen Küssen und einem wahnsinnig schüchternen Michael Jackson. Aber die Beziehung hält nicht lange. Auf Geheiß der Eltern muss Michael Jackson sie beenden.

Zwischen Mutter Katharinas asexueller Religiosität und Vater Joes Affären und Striplokalbesuchen – zu denen er Michael mitnahm – bewegt sich auch Michaels Verhältnisse zum Sex. Zeitlebens wird er sich über seine Sexualität nicht im Klaren. Auf der Bühne ist Michael Jackson ein ganzer Mann, erinnert sich der Fotograf Todd Gray, der ihn während der 70er Jahre begleitete – aber abseits der Bühne und des Showgeschäfts bleibt er ein kleines Kind. Er schwärmt für Spielzeug, Erfolgsbiografien und Disneyfiguren.

1982 veröffentlicht Michael Jackson "Thriller" – das bis heute meistverkaufte Album weltweit. Damit hat er einen Erfolg gelandet, der kaum zu übertreffen ist, an dem aber alle künftigen Alben Michael Jacksons gemessen werden. Wie besessen arbeitet er an neuen Songs und an der Perfektion seiner Bühnenauftritte. Mit der Inszenierung skurriler Verhaltensweisen versucht er die ohnehin rasende Begeisterung seiner Fans ins Absurde zu steigern. Er unterzieht sich ersten Schönheits-Operationen. 1984 kommt es bei Dreharbeiten für einen Werbespot zu einem Unfall. Verbrennungen am Kopf führen dazu, dass Michael Jackson von da an immer wieder Medikamente nimmt, um die Schmerzen zu ertragen. Diese Abhängigkeit und der ständige Druck, den Erfolg von "Thriller" zu wiederholen, treiben ihn in extreme psychische Stresszustände.

Ein besonderes Verhältnis hat Michael Jackson zu Kindern. Sie sind diejenigen, die ihm die Liebe und Anerkennung entgegen bringen, nach der er sich sehnt – ohne ihn ausnutzen zu wollen. Erwachsene dagegen, so seine Wahrnehmung, wollen ihn nur für ihre Interessen einspannen und von ihm profitieren. Dass er die Nähe zu Kindern sucht, wird ihm zum Verhängnis. Zweimal wird gegen ihn wegen sexuellen Missbrauchs ermittelt – nicht nur ein enormer Imageschaden, sondern eine Erfahrung, die Michael Jackson besonders nahegeht.

Im Jahr 2000 vertraut er sich dem Rabbiner Shmuley Boteach an und schildert ihm in langen Gesprächen seine Ängste, Hoffnungen und Probleme. Rabbi Shmuley berichtet zum ersten Mal im deutschen Fernsehen, wie er dabei immer mehr den Eindruck gewann, dass Michael Jackson sein Leben nicht mehr im Griff hatte. Private Fotos zeigen einen orientierungslosen Michael Jackson in Las Vegas, kurz nach einer entwürdigenden Untersuchung durch die Polizei. Nach dem Prozess wegen Kindesmissbrauchs 2005 ist er völlig am Ende. Er weiß, um zu überleben, gibt es nur eine Chance für ihn – er muss zurück auf die Bühne. Nur durch die Anerkennung und Liebe seines Publikums würde er weiterleben.

Die Dokumentation enthüllt, dass die Vorwürfe des Kindesmissbrauchs und finanzielle Nöte der eigentliche Grund für die "This is it"-Tour waren. Mit ihr wollte sich Michael Jackson noch einmal in die Herzen seiner Fans singen. Aber der Druck auf ihm war riesengroß. Um ihm standzuhalten, nahm er Medikamente, Aufputschmittel, Schmerzmittel, Antidepressiva, Schlaf- und Narkosemittel. Sie sollten ihm helfen, die Leistung zu erbringen, die er von sich selbst erwartete. Aber sie machten ihn nur noch schwächer. Am Ende, so sein Mentor Shmuley Boteach, war der Tod Michael Jacksons unvermeidbar, weil er selbst nicht mehr in der Lage war, den Zug in den Abgrund zu stoppen. Er stirbt am 25. Juni 2009, zehn Tage vor dem Start der "This is it"-Tour. Die Sucht nach Aufmerksamkeit, die er mit Liebe verwechselte, hatte ihn in eine ausweglose Situation getrieben.

Film von Michael Wech

Sendetermin

Mo., 21.06.10 | 21:00 Uhr
Das Erste