Die Rolle von Hans-Dietrich Genscher

"Das war der schrecklichste Tag meiner langen Amtszeit ..."

Originalfoto: Der Terrorist verhandelt hier u. a. mit Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher (3. v. l.).
Originalfoto: Der Terrorist verhandelt hier u. a. mit Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher (3. v. l.). | Bild: dpa

Nie wieder in seiner langen Amtszeit als Minister war Hans-Dietrich Genscher persönlich so berührt und betroffen wie am 5. September 1972 während der Geiselnahme im Olympischen Dorf von München. Als Bundesinnenminister war er in Deutschland für Recht und Ordnung zuständig.

Am Morgen des 5. September 1972 wurde Genscher in seinem Hotel geweckt und in das Olympische Dorf gefahren. Zusammen mit Walther Tröger, dem bayerischen Innenminister Merk und Spitzenbeamten der Münchner Polizei beriet er im Krisenstab, wie auf die Forderungen der palästinensischen Terroristen zu antworten sei. In seinen Erinnerungen beschreibt Hans-Dietrich Genscher, welche besondere Verantwortung auf ihm und den anderen Mitgliedern des Krisenstabs lastete: "In Sorge um die angsterfüllten, bangenden und hoffenden Menschen in der Hand der Terroristen empfand ich stärker als je zuvor die ganze Last unserer Geschichte gegenüber Israel und dem jüdischen Volk." Genscher setzte auf sein diplomatisches Geschick und verhandelte mit Issa, dem Anführer der Terroristengruppe. Genschers Appelle an das Gewissen des Mannes liefen ins Leere. Er habe Befehle und lasse sich auf solche Gespräche nicht ein, war Issas Antwort.

Am späten Nachmittag gelang es Genscher, sich persönlich vom Zustand der Geiseln zu überzeugen: "Das Bild der Menschen, die auf den Betten saßen und mich hoffnungsvoll ansahen, wird mich nie mehr verlassen." Er versuchte aber, den Geiseln Mut zuzusprechen. Schon bevor er das Apartment betreten hatte, hatte er eine schwerwiegende Entscheidung getroffen: Er selbst wollte sich als Geisel anbieten und im Gegenzug die Freilassung der Israelis erreichen. Issa lehnte dies ab.

Aus der Planung für den Polizeieinsatz während der Geiselnahme hielt sich Genscher heraus. Er musste dem Desaster tatenlos zusehen. "Der Ort für die Befreiungsaktion war von der Polizei bestimmt worden", erinnert er sich. Neben der menschlichen Tragödie erkannte Genscher auch die politische Dimension der gescheiterten Befreiung. Er bot Bundeskanzler Brandt seinen Rücktritt an, was dieser allerdings ablehnte. Nicht einmal drei Wochen nach der Katastrophe bei den Olympischen Spielen ordnete Genscher an, eine Anti- Terror-Einheit beim Bundesgrenzschutz aufzubauen. Die legendäre GSG 9 wurde gegründet.

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