70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz – Ein Themenschwerpunkt im Ersten

19.01.2015

Am 28. Januar 2015 jährt sich zum 70. Mal ein Gedenktag aus dem finstersten Kapitel der deutschen Geschichte: Die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau durch Truppen der Roten Armee. Der Befreiung von Auschwitz widmet Das Erste einen Schwerpunkt.

Den Auftakt macht "Günther Jauch" am Sonntag, 25. Januar 2015, 21:45 Uhr: Er wird in seiner Sendung mit Auschwitz-Überlebenden sprechen.

Am Montag, 26. Januar 2015, um 23:00 Uhr heißt "Die Story im Ersten: Ich fahre nach Auschwitz". Die Dokumentation beobachtet unterschiedliche Deutsche, darunter Jugendliche, während und nach ihrem Besuch in der Gedenkstätte.

Auf den Schienen des Güterbahnhofs von Auschwitz-Birkenau.
Auf den Schienen des Güterbahnhofs von Auschwitz-Birkenau.  | Bild: dpa

Anschließend steht die internationale Koproduktion "Night will fall" auf dem Programm: Bei der Befreiung der Konzentrationslager drehten die Alliierten schockierende Bilder, die die Vernichtungspolitik der Nazis beweisen sollten. Alfred Hitchcock wurde gebeten, den Film zu montieren. Doch der Film verschwand in den Archiven. Sieben Jahrzehnte später wurde er rekonstruiert.

In der Nacht vom 26. auf den 27. Januar läuft "7 Tage ... Auschwitz – Ein musikalisches Experiment": Ausschwitz ist ein Ort, der sprachlos macht. Wo Worte versagen, setzt Musik ein. Ohne jeglichen Kommentar, allein über die Musik des polnischen Komponisten Vladyslav Sendecki, porträtieren die Autoren Menschen in Auschwitz.

NEU im Programm: Die viertelstündige Zusammenfassung der Gedenkveranstaltung in Auschwitz am 27. Januar 2015 in der Sendung "Der Tag in Auschwitz", die um 22:45 Uhr im Ersten gezeigt wird. Im Beitrag kommen darüber hinaus auch Zeitzeugen zu Wort.

Die Sendungen im Einzelnen:

Montag, 26.01.15 | 23:00 Uhr

Die Story im Ersten
Ich fahre nach Auschwitz (NDR)

Kinderbaracke der Gedenkstätte.
Später besuchen sie eine Gedenkfeier in der Kinderbaracke der Gedenkstätte. | Bild: NDR

Ein Film von Gesine Enwaldt
Was macht es mit einem, wenn man Auschwitz besucht? Die Autorin Gesine Enwaldt geht der Frage nach, welche Bedeutung die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau heute hat. Der Film zeigt, wie eine Stadthagener Schulklasse, eine Jugendgruppe aus Breisach und Auszubildende der Hamburger Polizei die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau erleben. Die jungen Erwachsenen erzählen von ihren Erwartungen und Ängsten. Mit welchen Eindrücken und Einsichten kommen sie zurück nach Deutschland? Wie ist die Wirkung auf ihr weiteres Leben?
Schülerinnen und Schüler des Ratsgymnasiums Stadthagen wollen herausfinden, was ihre Familien in der Zeit des Nationalsozialismus erlebt und getan haben. Sie halten sich eine Woche lang im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz auf. Dort sehen sie die Baracken, in denen die Häftlinge eingepfercht waren, und die Reste der Gaskammern, in denen so viele Menschen ermordet wurden. Der 17-jährige Léon hat erfahren, dass sein eigener Urgroßvater bei der Waffen-SS und an der Niederschlagung polnischer Aufstände beteiligt war. Wie kann er damit umgehen – mit der Liebe für seinen Urgroßvater auf der einen Seite und der Abscheu für seine Taten auf der anderen?
Nach der Heimkehr nach Deutschland reagieren die Schüler empfindlicher auf Diskriminierung und Ausgrenzung um sich herum. Sie machen schneller den Mund auf. Denn sie wissen: Sie tragen selbst Verantwortung dafür, dass so etwas wie in Auschwitz nie wieder passieren kann.
In einem Heim des Christophorus-Jugendwerks in Breisach leben Jugendliche, die es in ihrem Leben bisher nicht leicht hatten. Die einen haben Schwierigkeiten, sich in einen Betrieb einzufügen. Andere sind durch Schlägereien und kleinere Straftaten auffällig geworden, manche auch durch rechte Sprüche. Sie fahren mit der Initiative "Für die Zukunft lernen" nach Auschwitz.
Der 17-jährige Philip beteiligt sich an den Erhaltungsarbeiten in der Gedenkstätte. Er konserviert Zyklon-B-Dosen. Die Beschäftigung mit dieser Arbeit hilft ihm, sich dem Thema zu nähern. Es macht ihn nachdenklich: Welche Rolle spielte Gewalt bisher in seinem Leben? Auszubildende der Hamburger Polizei reisen auf den Spuren des berüchtigten Reserve-Polizeibataillons 101 nach Polen. Dieses war aktiv am Holocaust beteiligt. Am Ende der Fahrt besuchen sie Auschwitz. Sie fragen: Wie konnten Menschen anderen Menschen so etwas antun? Und wieso sind ausgerechnet Polizisten zu Tätern geworden? Sie diskutieren über Schuld und Scham, über Befehl und Gehorsam.
Die Polizisten schwören einen Eid auf die Verfassung, die Freiheit und Menschenwürde schützen soll. Was heißt das für ihren Beruf? Wann wären sie bereit, einen Befehl zu verweigern, der die Grundrechte mit Füßen tritt?

Montag, 26.01.15 | 23:45 Uhr

Dokumentarfilm im Ersten
Night will fall – Hitchcocks Lehrfilm für die Deutschen (MDR/NDR)

Ein Film von André Singer

1945 entdecken die Alliierten bei ihrem Vorstoß über Europa die ersten Konzentrationslager. Aus dem Entsetzen über die Grausamkeiten entsteht das Bedürfnis, alles zu dokumentieren. Britische, amerikanische und russische Kamerateams beginnen mit ihren Aufnahmen.

André Singer und die Holocaust-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch während der Dreharbeiten.
André Singer und die Holocaust-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch während der Dreharbeiten.  | Bild: MDR/Springfilms

Renommierte Regisseure wie Alfred Hitchcock und Billy Wilder werden beauftragt, aus dem Rohmaterial schonungslose Dokumente der Todeslager zu erschaffen. Als Teil der Psychologischen Kriegsführung sollen die Filme der deutschen Bevölkerung gezeigt werden. Doch während die Amerikaner rasch mit einem kurzen Film an die Öffentlichkeit gehen, verzögert sich die Fertigstellung des britischen Films von Alfred Hitchcock. Und es ändern sich die politischen Vorzeichen. Unter dem Eindruck des beginnenden Kalten Krieges und der Wiederaufbaupläne für die westdeutschen Sektoren scheint es plötzlich nicht mehr opportun, die westdeutsche Bevölkerung nachhaltig mit ihren eigenen Verfehlungen zu konfrontieren. Der Film landet unvollständig in den Archiven, eine Filmrolle gilt bald als gänzlich verschollen.
Nach jahrelangen Recherchen und neu aufgetauchtem Material ist es dem Imperial War Museum nun gelungen, den Hitchcock-Film vollständig zu rekonstruieren. Er wurde im Rahmen der Berlinale 2014 erstmals öffentlich in Deutschland aufgeführt.
Der Dokumentarfilm "Night will fall" zeigt die Wiederherstellung des Hitchcock-Films und die dafür verantwortlichen Experten und er rekonstruiert zugleich mit Hilfe von Zeitzeugen – ehemaligen Lagerinsassen ebenso wie ehemaligen Soldaten und Kameraleuten – die Befreiung der Konzentrationslager 1944/45. Ungesehene Bilder und unerzählte Geschichten über das dunkelste Kapitel des 20. Jahrhunderts.

"Night will fall" wird nahezu zeitgleich daneben in den USA, in Großbritannien, in Polen, in den Niederlanden, in Israel, in Dänemark, in Slowenien, in Finnland und in Norwegen ausgestrahlt. Der Film wird im Ersten mit Audiodeskription ausgestrahlt.

Montagnacht auf Dienstag, 27.01.15 | 01:00 Uhr

7 Tage ... Auschwitz – Ein musikalisches Experiment (NDR)

Der Komponist Vladyslav Sendecki
Zum Teil hat Komponist Vladyslav Sendecki die Musikstücke für die Dokumentation selbst eingespielt. | Bild: NDR

Ein Film von Christian von Brockhausen
Auschwitz ist ein Ort, der sprachlos macht. Wo Worte versagen, setzt Musik ein. Für den Film "7 Tage ... Auschwitz – ein musikalisches Experiment" haben die Filmemacher den Kommentatorentext des Films "7 Tage ... Auschwitz" durch Musik ersetzt. Der polnischstämmige Komponist Vladyslav Sendecki hat dafür ein knapp 30-minütiges Werk geschaffen, das dem Film unterlegt ist. Und so erzählt nun die Musik von der Gefühlswelt der Protagonisten. So präzise, so mächtig, dass einem die Worte nicht mehr fehlen. Eine Reise an einen besonderen Ort.

Früh fährt Andrzej raus nach Auschwitz-Birkenau. Er hat einen der intensivsten Jobs der Welt: Er ist Restaurator in der Gedenkstätte Auschwitz. Heute repariert er einen ehemaligen Deportationswagon. Hämmern und Bohren an unbegreiflicher Geschichte. Gegen das Vergessen. 7 Tage sind die Autoren Christian von Brockhausen und Timo Großpietsch in Auschwitz. Sie arbeiten mit den Restauratoren, erleben Auschwitz so aus einzigartiger Perspektive. "Über die Hände in den Kopf und dann ins Herz", das ist der Rat von Andrzej an die beiden. Der Film erzählt vom Alltag in Auschwitz im Hier und Jetzt. Zugleich liefert er überraschende Einblicke, wie schwer es für die späteren Generationen immer noch ist, das Trauma Auschwitz zu verarbeiten.