Regisseur Marc Rensing

Anne (Lina Wendel, li) und Youssef (Karim Chérif) durchsuchen das Haus von Olaf Grambusch.
Anne und Youssef in "Die Füchsin – Treibjagd"  | Bild: WDR/Odeon Fiction GmbH / Martin Rottenkolber

Was zeichnet die Reihe "Die Füchsin" aus und unterscheidet sie Ihrer Meinung nach von anderen Krimiformaten?

Da gibt es einiges, zu allererst war ich immer schon ein großer Fan von Lina Wendel. Dazu kommt die originelle Kombination von wirklich ungewöhnlichen, grundverschiedenen Charakteren in Verbindung mit einem sehr modernen, weil diversen Erzählansatz. Da ermittelt die schweigsam zurückgezogene ehemalige Stasiagentin mit dem quirlig überdrehten Import-Export Araber, der mit einer schönen, gutbürgerlichen Deutschen verheiratet ist und eine schräge Cousine hat, die sich in so ziemlich alles hacken kann, was einen Stromanschluss besitzt. Als wäre das nicht genug, kommt dann noch ein notorisch unterkühlter, knorrig-eigenbrötlerischer Hauptkommissar in Gestalt von Robert Dölle hinzu. Das macht schon Spaß. Auch als Regisseur.

Und zum anderen gibt es das wirklich große und spannende Alleinstellungsmerkmal bei der "Füchsin". Die horizontale Erzählebene, die Anne Marie Fuchs‘ Vergangenheit als Agentin der Auslandsaufklärung der DDR-Staatssicherheit beleuchtet und die in ihrer Konsequenz schon seltsamerweise immer noch ziemlich einzigartig in der deutschen Fernsehlandschaft ist. In dieser Ebene stecken Annes Antriebe und Motivationen, die dann elementar für die Lösung der Fälle sind. Unser Drehbuchautor Ralf Kinder webt das immer wieder sehr geschickt zusammen. Auch das ist sehr besonders im heutigen Krimidschungel, denn alle Bücher stammen aus seiner Feder. Und beim Inszenieren macht es dann große Freude, solch eine eigene Handschrift zu spüren.

Worauf haben Sie bei der Inszenierung der beiden Filme besonderen Wert gelegt?

Mir war vor allem wichtig, eine emotionale und authentische Atmosphäre herzustellen, um zu einer dichten Erzählweise zu gelangen. Im Fokus steht natürlich klar die "Füchsin", aber mir ging es auch darum, die Nebenfiguren in ihrer Plastizität nicht im Stich zu lassen. Wichtig war für mich auch, die richtige Gewichtung zwischen Annes Familiengeschichte und dem Ermittlungsstrang zu finden, da muss man immer sehr aufpassen, damit weder das eine, noch das andere in der Inszenierung zu kurz kommt. Und natürlich wollte ich in der Arbeit mit den Schauspielern ein Maximum an Emotionalität aus den Szenen zu holen, was sehr viel Freude gemacht hat.

Mit dem Kameramann Sebastian Bäumler haben Sie bereits mehrfach zusammen gearbeitet. Was schätzen Sie an ihm? Wie wurde das visuelle Konzept entwickelt?

Sebastian hat ja neben seinen Spielfilmen bereits etwa 35 Dokumentarfilme für Kino und Fernsehen auf der ganzen Welt gedreht und damit u.a. zwei Grimme-Preise gewonnen. Er ist es also gewohnt, sich mit der Kamera auf der Schulter, auf Protagonisten in verschiedensten Lebenssituationen einzulassen und diese Welten so faszinierend und direkt wie möglich zu fotografieren. Diese Arbeitsweise haben wir dann, so konsequent es ging, ins Genre übertragen und auf unsere Filme angewandt. Durch diesen dokumentarischen Ansatz wird alles unmittelbarer und gibt den Schauspielern die maximale Freiheit vor der Kamera. Dadurch entsteht im besten Falle eine gewisse Spielfreude, die dann wieder positiv auf das Ergebnis zurückschlägt. Im allerbesten Falle werden die Szenen dann sehr dicht und lebendig. Sebastian achtet auch sehr aufs Schauspiel und auf die Dialoge und manchmal wirkt es fast, als wenn er mit seiner Kamera in der der Szene mitspielen würde, er ist sozusagen mittendrin statt nur dabei. Das schafft oft erzählerisch den authentischen Effekt, den wir uns wünschen.

Die SchauspielerInnen arbeiten ja von Beginn an der Reihe zusammen. Wie wurden Sie aufgenommen? Hat es Ihre Arbeit erleichtert, dass sich viele bereits gut kannten?

Das Ensemble ist bei der "Füchsin" natürlich sehr hochkarätig. Dementsprechend viel Spaß hat die Arbeit mit den Schauspielern gemacht, das war sehr vertraut, freundschaftlich und familiär. Mein Kameramann Sebastian Bäumler und ich hatten eine sehr klare Vorstellung wie die beiden Filme aussehen sollten und klare Haltungen werden von Schauspielern immer sehr honoriert.

Welchen besonderen Herausforderungen mussten Sie sich während der Dreharbeiten stellen?

Natürlich der Pandemie und Covid 19. Während viele Produktionen gleich auf 2021 verschoben haben – was, wie wir jetzt sehen, auch keinen Unterschied macht –, waren wir, dank einiger mutiger Entscheidungen unserer Produktion, in der Lage gleich nach dem ersten Lockdown mit den Dreharbeiten anzufangen.

Natürlich konnten wir auf keinerlei Erfahrungswerte von Kollegen zurückgreifen, mussten unser eigenes Hygienekonzept entwickeln und erstmal viel ausprobieren. Durch die sehr umfangreichen Hygienevorgaben wurden natürlich viele Dinge auch vor der Kamera unmöglich. Das fängt bei der erlaubten Anzahl an Komparsen in den Motiven an und reicht bis zur Kußszene, die plötzlich nicht mehr gedreht werden darf. Die kreative Herausforderung bestand darin, die Filme dennoch so zu drehen und die Szenen so geschickt aufzulösen, dass dem Publikum diese großen Einschränkungen möglichst nicht auffallen.

Das Publikum liebt nach wie vor Krimis. Was macht das Genre für Sie interessant? Warum sind Kriminalfilme beim Zuschauer so beliebt?

Das ist eine sehr gute Frage. Viele Kollegen und auch die Produzenten wünschen sich seit Jahren, dass die Zuschauer andere Formate abseits der Krimimonokultur stärker wahrnehmen und honorieren. Experimente gibt es ja durchaus, doch leider schlagen diese in der Akzeptanz fast immer nicht genug durch. Vielleicht ist es auch ein Phänomen der Generationen, bzw. eine tief verankerte Sehnsucht der Nachkriegsgenerationen für jede Lebenssituation eine Art Spiegel zu finden, eine Erklärung, eine tiefe Sehnsucht nach Sicherheit und Ratio. Deswegen muss im übertragenen Sinne, für alles ein Schuldiger gefunden werden. Am Anfang die Tat, am Ende der Täter. Wie eine Art psychologische Rückversicherung, dass am Ende alles gut wird bzw. seine Ordnung hat. Ich glaube, diesbezüglich findet aber gerade ein Paradigmenwechsel statt. Die Jungen schauen ganz anders. Da wird sich in den nächsten Jahren sehr viel verändern.