Regisseur Züli Aladag über "Die Opfer – Vergesst mich nicht"

»Der NSU-Skandal hat viele Menschen erschüttert und beschäftigt, auch mich. Es war mir ein großes Anliegen, diesen Film zu drehen.«

Züli Aladag (Regisseur)
Züli Aladag (Regisseur) | Bild: dpa

»'Die Opfer – Vergesst mich nicht' ist ein Film aus der Perspektive der Opfer des NSU und ihrer Angehörigen. Der Film basiert unter anderem auf dem autobiographischen Buch 'Schmerzliche Heimat: Deutschland und der Mord an meinem Vater' von Semiya Şimşek, der Tochter von Enver Şimşek. Sie war 14, als ihr Vater ermordet wurde. Wie geht ein 14-jähriges Mädchen mit dem schlimmen Verlust um? Wie wirkt sich das auf ihre Entwicklung, ihr Leben, ihre Familie aus? Semiya Şimşek hat gekämpft – für ihren Vater, für ihre Mutter Adile und ihren jüngeren Bruder Kerim.

Was die Angehörigen von Enver Şimşek und die anderen Opferfamilien jahrelang an Verdächtigungen und Demütigungen durch die Polizeibehörden erleiden mussten, können wir uns kaum vorstellen. Anstatt auch rassistisch motivierte Morde in Betracht zu ziehen, gerieten von Anfang an die türkischstämmigen Opfer und Angehörigen in den Fokus der Ermittlungen. Die Opfer wurden wie Täter behandelt. Sie wurden verhört, abgehört und kriminalisiert.

In allen Fällen wurde nach ähnlichen Mustern ermittelt. Die Angehörigen wurden nicht nur durch den tragischen Verlust ihrer Angehörigen traumatisiert, sondern auch durch die absurden Verdächtigungen, Beschuldigungen und Ermittlungen gegen sie. Menschen, die sich wie Semiya Şimşek in Deutschland zu Hause fühlten, wurden zutiefst verunsichert.

Wie konnte es geschehen, dass überwiegend und wie besessen nur in eine Richtung ermittelt wurde? Welche Mechanismen haben letzten Endes dazu geführt? Waren es fremdenfeindliche Vorurteile, die die Ermittlungen geprägt haben und eine tatsächliche Aufklärung und die Vereitelung weitererMorde verhindert haben?

Sicherlich nicht ausschließlich, aber letzten Endes war es auch eine von Vorurteilen geprägte Haltung im deutschen Polizei- und Sicherheitsapparat, die zu diesem beispiellosen Versagen geführt hat. Hätte die Polizei von Anfang an auch rechtsextreme Täter in Betracht gezogen, hätten weitere Morde mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden können. Was die Verfassungsschützer über den NSU wussten, steht auf einem ganz anderen Blatt und wird noch lange untersucht werden müssen. Zahlreiche NSU-Untersuchungsausschüsse kommen nur schleppend voran und können bisher nur wenig Licht ins Dunkel bringen.

Der NSU-Skandal hat viele Menschen erschüttert und beschäftigt, auch mich. Es war mir ein großes Anliegen, diesen Film zu drehen. Es war uns wichtig, einen wahrhaftigen und universellen Film zu machen, der uns einen Blick in die Köpfe und die Herzen der Protagonisten ermöglicht, den Opfern und Angehörigen eine Stimme gibt und an sie erinnert.

Unsere Filme sind dank der Initiative und Leidenschaft unserer Produzentin Gabriela Sperl entstanden, die schon 2012 die Idee dazu hatte, drei Spielfilme zur NSU-Thematik aus verschiedenen Perspektiven zu entwickeln. Schon sehr bald brachte sie die richtigen Kreativen, Berater und Partner für die Entwicklung und die Realisation der Filme zusammen.«

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