'Auf kurze Distanz – Eine Frage der Perspektive'

Statement von Nina Klamroth, Redakteurin WDR Fernsehfilm

AUF KUrZE DISTANZ: Aco Goric (Lazar Ristovski), Chef der serbischen Wettmafia, trifft im Stadion den Chef des türkischen Clans.
... Aco Goric, herankommen. Es geht nicht nur um Wetten im großen Stil, Betrug und Kapitalverbrechen, sondern auch um Erpressung, Nötigung, schwere Körperverletzung und Auftragsmorde. Kurz: um organisierte Kriminalität. | Bild: WDR/UFA FICTION GmbH / Jakub Bejnarowicz

»Im Sport klingt der Begriff 'kurze Distanz' zunächst nach einem Widerspruch, denn entweder hält man seinen Gegner auf Distanz oder es gelingt einem, nahe an ihn heranzukommen. Wer ist der Jäger und wer der Gejagte – es ist also eine Frage der Perspektive. Im wahren Leben dagegen begegnet uns diese Grauzone selten als Widerspruch, eher als die Regel. Um uns herum gibt es unzählige Existenzen, die genau diese Widersprüche leben, ja leben müssen.

Klaus, grandios gespielt von Tom Schilling, und Luka, ebenfalls wunderbar verkörpert von Edin Hassanovic, sind solche Existenzen. Auf ihrer gemeinsamen Reise ins Zentrum der Sportwetten-Mafia begegnen sie Freundschaft, wo eigentlich nur Feindseligkeit zu erwarten war. Sie begegnen Vertrauen, Anerkennung und Gemeinschaft. Aber auch der Lüge, Misstrauen und vor allem dem Verrat. Der eine beginnt als Jäger und endet als Gejagter, der andere beginnt als Gejagter und endet als Jäger – also auch hier jeweils eine Frage der Perspektive.

Darüber hinaus spielt der Film mit der Frage, wo die Grenzen für Idealismus und Selbstaufopferung liegen. Denn Klaus weiß, dass er seine Aufgabe nur dann wird erfüllen können, wenn er sich aufgibt. Aber reicht diese theoretische Einsicht aus, wenn man weiß, dass man nicht nur sich selbst aufgegeben hat, sondern auch noch aufgegeben wurde?

Regisseur Philipp Kadelbach ist es gelungen, gleichzeitig die Geschichte einer Freundschaft und einen hochspannenden und dichten Thriller zu erzählen. Unterstützt von den außergewöhnlich intensiven und ergreifenden Bildern von Kameramann Jakub Bejnarowicz gelingt es diesem Thriller, sowohl die mafi ösen Strukturen des Sportwettengeschäfts, als auch dem Zuschauer die Grenze von Idealismus und die Ohnmacht des Rechtsstaats vor Augen zu führen. Am Ende wird der Zuschauer mit der Erkenntnis konfron- tiert, dass man im Leben nie genau weiß, was man ist, Jäger oder Gejagter.«