Interview mit Oliver Masucci

Oliver Masucci in "Die vierte Gewalt".
Oliver Masucci in "Die vierte Gewalt".

Sie haben sich im Fernsehen und im Kino lange Zeit rar gemacht. Woran lag es?

Ich war am Wiener Burgtheater sieben Jahre fest engagiert und habe drei Kinder – beides ist mit unsteten Dreharbeiten nicht gut zu vereinbaren. Nach dem Burgtheater- Skandal hatte ich keine Lust mehr, für das Haus zu arbeiten. Ich wollte raus aus dem festen Engagement, meine Sicherheit aufgeben, um dafür auch einmal tolle Sachen zu drehen. Genau in dieser Phase kam das Angebot, im Kinofilm „Er ist wieder da“ den Führer zu spielen. Es war ein Sprungbrett, eine gute Chance, mich nach langer Zeit für eine Weile vom Theaterspielen zu verabschieden, auch wenn ich nicht wusste, wie stigmatisierend diese Rolle werden könnte. Es zog mich eigentlich immer zum Film. Deshalb bin ich Schauspieler geworden.

Ist Ihnen die Umstellung schwer gefallen?

Es ist eine vollkommene andere Arbeit. Beim Theater schleicht man zwei Monate um eine Rolle herum, bis man sie am Abend en suite durchspielen kann. Man geht wieder und wieder auf die Probe, aber erst in der Premiere geht man aufs Ganze und entscheidet sich: Heute spiele ich es so! Beim Film spielst du eine Szene – und weg ist sie. Es fiel mir anfangs schwer, mich daran zu gewöhnen.

Wie gelang der Sprung auf den Bildschirm?

Man hat mir das Drehbuch von „Die vierte Gewalt“ geschickt. Es ist knackig geschrieben und in sich sehr schlüssig. Meine Figur, Chefredakteur Weishaupt, ist ein verschlagener Typ, bei dem man nicht so ganz durchschaut, was er im Schilde führt. Das hat mich interessiert. Alle spielen ein Spiel. Es gibt im Buch keinen moralischen Helden, der am Ende alle überstrahlt. Das Spiel geht einfach weiter. Eine heroische Geschichte über einen einzelnen Reporter zu erzählen, der einen Skandal aufdeckt und darüber die Gesellschaft verändert, wäre im Moment auch fern der Realität.

Der Chefredakteur hat Gefallen daran, Macht nicht nur zu kontrollieren, sondern auch auszuüben. Missbraucht er seine Rolle?

Nimmt der Chefredakteur nicht vielmehr seine Aufgabe wahr? In Österreich habe ich erlebt, wie der Kultur- und Kanzleramtsminister über die Boulevardpresse Politik gemacht hat. Die Koalitionspartner konnten in der Zeitung lesen, was sie am nächsten Tag mitentscheiden durften. Es geht um Interessen, und jede Seite versucht, aus dieser Verbindung ihren Vorteil zu ziehen. Weishaupt hat Spaß an diesem Spiel, andere zu lenken und zu manipulieren. Er ist ein jugendlicher Draufgänger, der mit funkelnden Augen Stories aufreißt. Solche Typen habe ich schon häufiger gespielt. Auf der anderen Seite ist er ein knallharter Entscheider, dem es Freude bereitet, auch nach innen Macht auszuüben – indem er seine finanziell klammen Reporterbluthunde an der kurzen Leine hält.

Haben Sie sich zur Vorbereitung einige Journalistenfilme angeschaut?

Die Kinoklassiker wie „Die Unbestechlichen“ habe ich in meiner Jugend alle gesehen. Doch der Beruf des Journalisten hat sich seither stark verändert. Damals gab es noch kein Internet und keine sozialen Medien. Die Printmedien besaßen ein viel größeres Gewicht, jetzt stehen viele Zeitungen unter Beschuss, weil sie sich über ihre Leser und Werbekunden wirtschaftlich nicht „Es gibt im Buch keinen moralischen Helden“ Gespräch mit Oliver Masucci Die vierte Gewalt mehr tragen. Außerdem wollen die jungen Leute für Journalismus nichts mehr bezahlen und beschaffen sich die Informationen online. Unter solchen Bedingungen hat es der investigative Journalismus besonders schwer, wie unser Film zeigt. Mit der finanziellen Not wächst die Gefahr, dass Journalisten Hofberichterstattung betreiben und ihren Sponsoren nach dem Mund reden.

Haben Sie Ihre Rolle wie früher im Theater wieder und wieder geprobt?

Nein, die Regisseurin Brigitte Maria Bertele probt wenig. Sie wirft einen gleich hinein in die Szenen und nimmt am liebsten den ersten oder zweiten Take. Das hat mir sehr gefallen. Im ersten Moment ist man zwar noch unsicher, wie die Szene funktioniert, aber sie wirkt dadurch umso lebhafter. Es ist doch schön, wenn vor der Kamera Unverhofftes passiert. Wichtig ist dann nur, weiterzuspielen. "Die vierte Gewalt" ist ein kammerspielartig inszenierter Medienthriller, der sich auf einige wenige Figuren fokussiert.

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