Fragen an Samy Abdel Fattah

Cem und Caro
"Das Schwierige war, sich auf seine Gnadenlosigkeit und Brutalität einzulassen." | Bild: WDR

Konntest du mit dem Begriff "Loverboy" vor dem Dreh etwas anfangen oder war dir gar nicht bewusst, dass ein solches Phänomen existiert?

Der Begriff "Loverboy" war mir vorher total fremd. Vor den Dreharbeiten habe ich nicht mal gewusst, dass es so etwas gibt und auch nicht über ein solches Thema nachgedacht.

Als du das Drehbuch gelesen hast, was ging dir als erstes durch den Kopf und konntest du dir gleich vorstellen, die Rolle von Cem zu spielen?

Das erste, was mir durch den Kopf ging war: Krass, einfach nur krass! Das kann ich gar nicht anders ausdrücken. Vor allem das Ende hat mich wirklich umgehauen und insgesamt die Brutalität in dem Film. Das Drehbuch war einfach so gut geschrieben und redet nicht drum herum. Es wird gezeigt, wie es tatsächlich ist und schreckt bei der Darstellung nicht vor der Härte der Loverboy-Masche zurück. Da konnte ich mir sofort vorstellen, mitzumachen und Cem zu spielen. Einen Zuhälter zu spielen war etwas ganz Neues. Die Rolle hat mich direkt gefangen genommen und ich habe mich mit ihr zwar nicht verbunden gefühlt, aber es hat mich einfach super neugierig gemacht, mich darauf einzulassen und so einen Menschen zu spielen.

Wie hast du dich auf diese extreme Rolle vorbereitet?

Ich habe sehr viel recherchiert und erstmal ganz von vorne angefangen, den Begriff gesucht und geschaut: Was sind überhaupt Loverboys? Was machen sie und wie machen sie das? Natürlich habe ich mir auch Dokus und Videos angeschaut. Aber am wichtigsten war eigentlich die Unterstützung durch eine Vertreterin einer Initiative zur Aufklärung und zum Schutz vor Loverboys. Mit ihr haben wir viel gesprochen, sie hat uns genau erklärt wie die Masche funktioniert und wie sich die Beteiligten verhalten. Das Schwierigste bei der Vorbereitung auf die Rolle des Cem war, sich auf die Psycho-Manipulation und auf seine Gnadenlosigkeit und Brutalität einzulassen. Das war etwas ganz anderes im Vergleich dazu, wie ich mich an meine bisherigen Rollen herangearbeitet habe.

Haben dich die Dreharbeiten und das Thema auch nach Feierabend beschäftigt, oder konntest du das gut abschütteln?

Die ersten Tage waren schon wirklich intensiv und da hat mich das alles heftig mitgenommen und mich auch nach den Dreharbeiten noch beschäftigt. Wir haben auch direkt am Anfang die krassen Stellen gedreht, nicht etwa erst die ruhigen, langsamen Szenen. Als ich dann vom Set gegangen bin, dachte ich schon erstmal, wie heftig das ist, was für eine extreme Rolle und was für ein intensives Spiel. Das muss man dann erstmal sacken lassen. Aber nach einiger Zeit am Set hat man sich dann auch eingestimmt und dann ging es auch. Das Team bei diesem Film hat sich bei diesem schwierigen Thema und den harten Szenen auch einfach gut aufgefangen. Das hat einfach perfekt harmoniert und die Arbeit extrem erleichtert.

Welche Szene hat dich am meisten Überwindung gekostet, was war die größte Herausforderung?

Im Film gibt es eine Sexszene, in der Caro ihr erstes Mal mit Cem hat. Das war auch meine allererste Sexszene an einem Filmset und schon echt etwas gewöhnungsbedürftig: Sex zu haben ohne Sex zu haben und es vor der Kamera entsprechend spielen. Das hat mich schon wirklich die größte Überwindung bei dem Film gekostet. Neben dieser Szene war dann auch das Autofahren noch eine große Herausforderung für mich (lacht). Ich fahre in dem Film ja non-stop und da ich sonst gar nicht Autofahren kann, war das schon kompliziert für mich, das lässig aussehen zu lassen, wie ich da von A nach B steuere.

Wie war die Zusammenarbeit mit Anna – wie hat das Zusammenspiel am Set funktioniert?

Ich selbst habe ja schon in einigen Filmen mitgespielt und wusste auch, was mich am Set ungefähr erwartet. Aber für Anna war es der allererste Film. Das glaubt man gar nicht, wenn man dann sieht wie sie spielt. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und es hat einfach mit uns gepasst. Es gab keinen Stress und es war einfach super angenehm, zusammen zu arbeiten. Da kann ich mich über nichts beklagen. Im Gegenteil. Dafür, dass sie ihre erste Filmrolle gespielt hat, hat sie das einfach phänomenal gut gemacht und das sieht man am Ende auch. Das Zusammenspiel hat einfach gepasst.

Kannst du dir erklären, warum junge Mädchen auf Loverboys hineinfallen?

Mittlerweile kann ich schon besser verstehen, dass diese Masche funktioniert. Loverboys sind, mit dem was sie tun, wirklich schlaue Typen, die genau wissen, wie man Mädchen ausnutzen und in die Enge treiben kann. Die suchen sich vor allem junge Mädchen, die mit ihrem Aussehen gar nicht mal besonders hervorstechen, die einfach eine Ausstrahlung haben, bei denen man aber auch sieht, dass sie noch sehr jung und etwas naiv sind. Diesen Mädchen geben sie dann einfach Dinge, die sie noch nie im Leben bekommen haben. Und vor allem eines: Aufmerksamkeit! Allein das reicht schon und dann geht es so wahnsinnig schnell, viel schneller als man sich es vorstellen kann. Nicht mal die Eltern merken es dann, meistens erst, wenn es schon längst zu spät ist.

Du hast ja schon in einigen Filmen mitgespielt. Wie hast du denn mit der Schauspielerei angefangen und wie kam es zu deiner Besetzung in "Ich gehöre ihm"?

Ich habe ganz beiläufig in der Grundschule angefangen Theater zu spielen, das hat mir da schon echt viel Spaß gemacht. Dann wurde ich auf der Straße bei einem Kinderfest mit meiner Mutter angesprochen, da war ich gerade einmal acht oder neun Jahre alt. So kam ich zu einer Agentur und zu meinen ersten Jobs als Schauspieler. Wenn ich mir das so überlege, war es eigentlich nur verdammt viel Glück. Ich wurde zum Casting für "Ich gehöre ihm" eingeladen und wollte die Rolle von Cem unbedingt. Für das Vorspielen bin ich nach Köln angereist, bin die nächsten zwei Runden weiter gekommen und wurde dann auch tatsächlich genommen. Schon Wahnsinn, wie schnell das dann ging (lacht).

Was wünscht du dir für deine Zukunft als Schauspieler? Was wäre deine Traumrolle?

Auf jeden Fall möchte ich mit der Schauspielerei weiter machen und voll durchstarten. Am liebsten würde ich alles spielen, was nicht typisch ist. Auch mal etwas, das in der Rollenbeschreibung nicht nur auf meine schwarzen Haare und meine braunen Augen passt, sondern auch mal etwas anderes. Ein Liebesfilm oder Action wäre auch geil (lacht). Was Rollen angeht, bin ich komplett offen für alles.