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Der Bruch. Sahra Wagenknecht und Die Linke

PlayDer Bruch. Sahra Wagenknecht und Die Linke
Der Bruch. Sahra Wagenknecht und Die Linke  | Bild: Porträt Sahra Wagenknecht: picture alliance / Geisler-Fotopress | Matthias Wehnert/Geisler-Fotopre; Gestaltung: Eva Tüting/NDR Design / NDR

Es ist der Moment, an dem eigentlich alles klar ist. Drei Tage nach den Landtagswahlen in Hessen und Bayern, am 8. Oktober, im Büro von Sahra Wagenknecht: Behält sie ihr Mandat, wenn sie eine neue Partei gründet? „Natürlich“, sagt sie auf die Frage von ARD-Filmemacherin Birgit Wärnke. Viele hätten Die Linke ja ihretwegen gewählt. „Deswegen finde ich, dass ich auch alles moralische Recht habe, mein Mandat mitzunehmen. Also ich meine, ich bin Bundestagsabgeordnete, ich bin gewählt und selbstverständlich gebe ich das nicht zurück.“ Auf den Einwand, dass dann die Fraktion zerbreche, endet sie mit den Worten: „Vermutlich“. Dann gebe es verschiedene Gruppen. „Aber das ist dann nicht mehr mein Ding“.  

Filmemacherin Birgit Wärnke im Gespräch mit Sahra Wagenknecht. Wird die Linkspolitikerin eine neue Partei gründen?
Filmemacherin Birgit Wärnke im Gespräch mit Sahra Wagenknecht. Wird die Linkspolitikerin eine neue Partei gründen? | Bild: NDR

Birgit Wärnke hat für die „ARD Story: Der Bruch. Sahra Wagenknecht und Die Linke“, eine Koproduktion von NDR und rbb, verschiedene Politikerinnen und Politiker der Partei knapp ein Jahr lang begleitet. Auf der einen Seite Sahra Wagenknecht (und auch ihren Ehemann und Mitgründer der Partei Oskar Lafontaine), auf der anderen ihre erbitterten Gegnerinnen und Gegner – Vertreter der sogenannten Progressiven Linken, etwa die ehemalige Sozialsenatorin aus Berlin Elke Breitenbach und ihren Ehemann, den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Thomas Nord. Außerdem die Parteivorsitzende Janine Wissler sowie Gregor Gysi, der versucht hat, den Streit zu schlichten.

Chronik des Auseinanderfallens einer Partei

Es ist ein toxischer Konflikt, der Die Linke seit Monaten quält und der mit der Pressekonferenz von Sahra Wagenknecht am 23. Oktober 2023 in eine wohl finale Eskalationsstufe geht: In der Bundespressekonferenz hat sie einen Verein zur Neugründung einer Partei vorgestellt – mit dem Namen BSW – Bündnis Sahra Wagenknecht. Und sie hat erklärt, dass sie aus der Partei Die Linke ausgetreten ist. Ihre neue Partei soll schon bei der Europawahl nächstes Jahr antreten.
Wärnke zeichnet das Bild eines tiefen Zerwürfnisses und unüberbrückbarer Gegensätze, die selbst Urgestein Gregor Gysi nicht mehr kitten kann. Die Doku „ARD-Story: ​Der Bruch. Sahra Wagenknecht und Die Linke” ist eine Chronik des Auseinanderfallens einer Partei. 

Elke Breitenbach und Thomas Nord hatten schon im vergangenen Jahr das Netzwerk Progressiver Linker gegründet. Auf diesem Gründungstreffen im Dezember forderten mehr als 100 Genossinnen und Genossen, dass Sahra Wagenknecht keine öffentliche Funktion für die Partei mehr ausüben solle, weil sie nicht mehr die Grundwerte und Beschlüsse der Partei vertrete.  

Sahra Wagenknecht und ihre Unterstützerinnen und Unterstützer kritisieren hingegen genau solche „progressiven“ Genossinnen und Genossen in ihrer Partei heftig, etwa als „Lifestyle-Linke“ und „Linksliberale“, die sich vor allem um Großstadtprobleme wie Genderfragen und Bioprodukte kümmern, aber die eigentlichen Interessen der Arbeiter, das Kernklientel der Linken, nicht mehr im Blick hätten. Das sei das Hauptproblem der Linken, so der ehemalige Parteivorsitzende und Ehemann von Sahra Wagenknecht Oskar Lafontaine. Lafontaine ist 2022 aus der Linken ausgetreten und attestiert seiner ehemaligen Partei und dem Vorstand, eine „falsche Politik“ zu betreiben. Lafontaine sieht wie Sahra Wagenknecht eine Leerstelle im politischen System, die Die Linke nicht mehr ausfülle.  

Für das Polit-Ehepaar Wagenknecht/Lafontaine ist klar: Die schlechten Wahlergebnisse, der Mitgliederschwund und die miesen Umfragewerte der Partei sind Ausdruck des Versagens des Parteivorstandes und einer falschen Zielsetzung. Für Elke Breitenbach und Thomas Nord sind sie dagegen Ausdruck der andauernden innerparteilichen Querelen, des nicht erkennbaren Profils der Partei und der ständigen Drohung Wagenknechts, eine Konkurrenzpartei gründen zu wollen.  

Diese Drohung, so sieht es aus, wird Sahra Wagenknecht nun in die Tat umsetzen. Der zerstörerische Streit wird damit aber sicher noch nicht zu Ende sein. Im Gegenteil.

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Norddeutscher Rundfunk
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