SENDETERMIN So., 16.07.23 | 23:30 Uhr | Das Erste

Afrika meets Europa

Der Maler Michael Armitage

PlayMaler Michael Armitage schaut in die Kamera.
Der Maler Michael Armitage | Video verfügbar bis 16.07.2024 | Bild: picture alliance/dpa/Haus der Kunst | George Darrell

Er gilt als einer der wichtigsten Maler der Gegenwart: Michael Armitage. Das Kunsthaus Bregenz widmet dem britisch-kenianischen Künstler jetzt eine große Ausstellung. Der in Kenia aufgewachsene Maler verbindet in seiner Kunst Afrika und Europa. Studiert hat er in London, seine Themen findet er in Ostafrika. "Ich will erreichen, dass jemand, der von der Straße in Nairobi in eine Ausstellung geht, etwas sieht, das sein Leben widerspiegelt und das wichtig für ihn ist. Weil ich dort aufgewachsen bin und es ein Teil meines Lebens ist," so der Künstler. "Die Geschichten dieser Menschen sind unterrepräsentiert, ich will ihnen Raum geben."

Armitage verbindet in seiner Kunst Afrika und Europa

Das Bild "Warigia" portraitiert eine Heldin der ostafrikanischen Mythologie und in "Exorcism" verarbeitet der Künstler das Erlebnis einer muslimischen Teufelsaustreibung. "Das ist ein Maler, der intensive Farben verwendet und eine Formenwelt, die unseren europäischen Sichtweisen nicht wirklich fremd ist. Das ist einfach wunderbare Malerei und sehr, sehr präzise komponiert. Was aber dargestellt ist, ist oft beunruhigend, politisch brisant, prekär," so Thomas D. Trummer, Direktor Kunsthaus Bregenz.

Greift politische Themen auf

Ein Gemälde von einem Mädchen, dass am Ufer eines Flusses sitzt.
Das Bild "Warigia" portraitiert eine Heldin der ostafrikanischen Mythologie. | Bild: Screenshot/Michael Armitage

Immer wieder greift Michael Armitage politische Themen auf. Thematisiert Ungleichheit und Gewalt. Eine Figur kommt auf uns zu, anklagend, kämpferisch. Vor ihrem Körper hängen Dosen mit Tränengas. Das Bild entstand nach Unruhen bei den kenianischen Wahlen 2017 in Nairobi. Seine Bilder malt er mit Ölfarben, aber nicht auf Leinwand, sondern auf "Lubugo": Ein Stoff, mühsam gewonnen aus der inneren Rinde des ugandischen Feigenbaums.

Viele Stunden wird die Rinde weichgeklopft zu einem spannbaren Tuch. Für seine oft großformatigen Bilder werden mehrere Rindentücher zusammengefügt. Die Nähte bleiben sichtbar und machen seine Gemälde zu Bildern mit Narben.

Bilder mit Narben

"Man sieht Narben, man sieht Verwundungen und Löcher teilweise, und man spürt, dass nicht nur die Menschen verwundbar sind und verletzlich, sondern natürlich auch der Bildträger es sein kann," meint Trummer. Traditionell wurden in solchen Tüchern die Toten eingewickelt – Armitage entdeckte das Material vor einigen Jahren auf einem Touristenmarkt in Nairobi.

"Es ist ein Leichentuch für Begräbnisse, das seinen Zweck verloren hat. Eine Art Parodie auf etwas, das eine große kulturelle Bedeutung haben sollte," so Armitage. Der Künstler vermischt die Kulturen in seinen Bildern, zitiert Vorbilder afrikanischer Kunst und Motive aus der europäischen Kunstgeschichte. Das Bild "The Fourth Estate" erinnert an Goyas Radierung "Lächerliche Torheit". Bei einem anderen Werk ist es Tizians "Mariä Himmelfahrt". Und "Exorcism" greift die pastellige Farbigkeit von Dégas auf.

Armitage: "Es geht um Zusammenhalt"

Ein Gemälde von einer kenianischen Boxerin.
Das Bild "Conjestina" zeigt eine kenianische Boxerin, die erst als Nationalheldin verehrt, dann von den Medien vorgeführt wurde.  | Bild: Screenshot/Michael Armitage

"Ich habe von den Künstlern aus anderen Epochen gelernt oder ich habe ihre Werke genutzt, um meine Gedanken besser zu artikulieren, dazu gehört auch, bei Bedarf aus ihren Kompositionen zu klauen," meint Armitage. Das Bild "Conjestina" zeigt eine kenianische Boxerin, die erst als Nationalheldin verehrt, dann aufgrund ihrer psychischen Erkrankung von den Medien vorgeführt wurde. Am Ende wurde sie als Hexe diffamiert. Das menschliche Miteinander beschäftigt den Künstler stark.

"Ich finde wichtig, dass wir Menschen, die in einer Gesellschaft leben, aufeinander achten und denen helfen, die Hilfe brauchen. Ich glaube nicht, dass es sich dabei um eine politische Haltung handelt, es geht um Zusammenhalt." Michael Armitage im Kunsthaus Bregenz ist dort noch bis 29. Oktober zu sehen.

(Beitrag: Barbara Block)

Stand: 16.07.2023 19:16 Uhr

2 Bewertungen
Kommentare
Bewerten

Kommentare

Kommentar hinzufügen

Bitte beachten: Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern werden innerhalb von 24 Stunden durch die Redaktion freigeschaltet. Es dürfen keine externen Links, Adressen oder Telefonnummern veröffentlicht werden. Bitte vermeiden Sie aus Datenschutzgründen, Ihre E-Mail-Adresse anzugeben. Fragen zu den Inhalten der Sendung, zur Mediathek oder Wiederholungsterminen richten Sie bitte direkt über das Kontaktformular an die ARD-Zuschauerredaktion: https://hilfe.ard.de/kontakt/. Vielen Dank!

*
*

* Pflichtfeld (bitte geben Sie aus Datenschutzgründen hier nicht Ihre Mailadresse oder Ähnliches ein)

Kommentar abschicken

Ihr Kommentar konnte aus technischen Gründen leider nicht entgegengenommen werden

Kommentar erfolgreich abgegeben. Dieser wird so bald wie möglich geprüft und danach veröffentlicht. Es gelten die Nutzungsbedingungen von DasErste.de.

Sendetermin

So., 16.07.23 | 23:30 Uhr
Das Erste

Produktion

Norddeutscher Rundfunk
für
DasErste