So., 10.09.23 | 23:05 Uhr
Das Erste
Priscilla
Am Hof dieses Königs gibt es keine Königin. Nur eine Queenie, ein Babe, ein Kind jedenfalls. Priscilla ist 14, als sie Elvis kennenlernt. Er: 24. Ein riesiger Unterschied zwischen dem Kind und dem Mann.
Der Mann formt die Frau
Am Machtpol dieses Herrschers kann es grausam zugehen. Es ist der Ort von Pygmalion. Der Mann formt die Frau. Er kontrolliert ihr Begehren. Er kontrolliert ihre Erscheinung. Er schafft eine Figur nach seinem Geschmack und Willen.
Elvis sagt: Muster stehen dir nicht. Blau ist deine Farbe und die Haare bitte Schwarz. Es braucht wenige kleine Gesten, nur kurze Szenen, in denen Sofia Coppola uns das klar macht. "Sofia ist eine Traumregisseurin", sagt Hauptdarstellerin Cailee Spaeny. "Mit ihr in dieser Weise an dieser Geschichte zu arbeiten war besser, als ich es mir je hätte vorstellen können."
Das Schulmädchen wird überwältigt vom Mann
Als die Statue Priscilla fertig geformt ist, kann endlich geheiratet werden. Sofia Coppola hat sich lange mit der echten Priscilla unterhalten. "Es war mir sehr wichtig die Geschichte genau und authentisch zu erzählen und gleichzeitig die Freiheit zu haben künstlerisch an den Film heran zu gehen", sagt Coppola. "Es war mir wichtig, als Priscilla sagte, der Film sei richtig."
Natürlich schwärmt ein 14-jähriges Schulmädchen von dem Superstar ihrer Zeit. Natürlich ist sie überwältigt und wird überwältigt vom Mann, der sie will. Garantiert wird dieser Akt der Überwältigung durch die Väter. Der Vater Priscillas übergibt das Objekt der Begierde, sein Kind, in die Obhut des Begehrenden, Elvis. Dessen Vater Vernon beglaubigt den Männerpakt. Er soll für das Wohl des Kindes nach der Verschleppung einstehen.
Wie findet jemand aus einer Identität heraus?
Mit 17 wird sie nach Graceland geholt. Noch realisiert das Mädchen nicht, was ihr als Frau bevorsteht. Es werden Substanzen verabreicht. Pillen, Uppers, Downers. Sie fühlt sich einsam, eingesperrt. Ausgeschlossen vom Leben eines Teenagers verbringt sie Tage, Monate, Jahre mit den Freunden am Hof des mächtigen Königs Elvis. Eine gestohlene Jugend.
"Mich hat immer interessiert, wie jemand herausfindet aus einer Identität und jemand anderes wird", sagt Sofia Coppola. "Ich kann mich hineinversetzen in das junge Mädchen aber auch in ihre Eltern. Es hat mich interessiert, ihre Geschichte mit allen Auf und Abs zu erzählen ohne melodramatisch zu werden."
Nach sechs Jahren Ehe geht Priscilla
Die Hochschwangere bekommt von Elvis gesagt: Du gehst jetzt für eine Weile zu deinen Eltern. Ein Akt barbarischer Grausamkeit. Elvis kassiert das Urteil sofort wieder. Es war eine Art Machtdemonstration, eine Drohung: So könnte es aussehen, wenn Du nicht spurst. Priscilla schafft den Sprung, sie geht, nach sechs Jahren Ehe.
"Ich war echt gepackt von ihrer Stärke und ihrem Willen, daß sie es am Ende schafft, zu gehen", sagt Coppola. "Ihr ganzes Leben drehte sich ja eine gewisse Zeit nur ihre Beziehung zu Elvis. Es muß wirklich schwer gewesen sein, da rauszukommen."
Coppola rückt eine Randfigur ins Licht
"Ich hatte keine Ahnung, was Menschen in meinem Alter tun" sagt die echte Priscilla über ihr Eingesperrtsein in Graceland. Ganz aussergewöhnlich intensiv gespielt wird sie von Cailee Spaeny, einer 26-jährigen Entdeckung aus Springfield, Missouri, die dafür als in Venedig als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde. "Was für eine wunderbare Art nach Venedig zu kommen mit diesen Menschen und diesem Film, auf den ich so stolz bin", sagt Spaeny. "Ein absoluter Traum!"
Elvis zeigt Sofia Coppola skizzenhaft. Eine Spielfigur. Nicht so wichtig. Sie rückt eine Randfigur ins Licht: Priscilla. Ein durchaus sehenswertes Biopic.
Autor: Franz Xaver Karl
Stand: 13.09.2023 08:52 Uhr
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