SENDETERMIN So., 01.04.12 | 17:00 Uhr | Das Erste

April, April: Kein Urpferd geklont!

Unmöglich: Klonen mit fossiler DNA

Blauducker
Das angeblich wiedergeborene Urpferd: Ein "Blauducker". | Bild: HR

Haben Sie sich von uns in den April schicken lassen - oder haben Sie es sofort gemerkt? Natürlich ist es den Forschern vom Forschungsinstitut Senckenberg nicht gelungen, das Messeler Urpferdchen zu klonen - nach 47 Millionen Jahren lässt sich aus fossilen Funden keine komplette DNA mehr rekonstruieren. Hier nun die wahre Geschichte des Urpferdchens und mehr über seinen angeblichen Klon:

Im Forschungsinstitut Senckenberg in Frankfurt am Main zählen Fossilien aus der Grube Messel zu den Glanzstücken einer einzigartigen Sammlung, die uns tief in die Erdgeschichte eintauchen lässt. Die Hand eines Halbaffen etwa - die älteste bekannte Primatenhand der Welt. Oder das einst auf Bäumen lebende, urzeitliche Säugetier Kopidodon - nicht nur Knochen, auch Fell und Hautbestandteile sind noch immer zu erkennen. Weil die Funde so einzigartig sind, wurde die Grube Messel 1995 zum UNESCO Weltnaturerbe ernannt. Berühmt aber wurde die Grube Messel durch ihre Urpferdchen: Etwa 60 vollständig erhaltene Skelette wurden dort gefunden. Das ist weltweit einzigartig. Das Urpferdchen ist Messels Wahrzeichen. Vor 47 Millionen Jahren hat es in Messel gelebt.

Fossilienschätze im Ölschiefer

Urpferdchen-Fossil
Ein perfekt erhaltenes Skelett des Urpferdchens. | Bild: HR

Im Zeitalter des Eozäns, benannt nach der Göttin der Morgenröte, waren Wasser und Land ganz anders verteilt, Europa bestand überwiegend aus Inseln. Auf der Mitteleuropäischen Insel, etwa auf dem dreißigsten Breitengrad, lag die Grube Messel in tropenähnlicher Umgebung. Dort, wo heute nach Fossilien gegraben wird, schwammen einst Fische, Krokodile und Schildkröten. Denn vor 47 Millionen Jahren bedeckte die Grube Messel ein See, umgeben von tropischem Wald. In Massen schwammen Algen im See, die abstarben und auf den Boden sanken. Ihre Verwesung verbrauchte Sauerstoff und erzeugte giftige Gase. Der extreme Sauerstoffmangel in den untersten Wasserschichten verhinderte, dass sich Tierkadaver und Pflanzenreste zersetzten. Wann immer im See ein Tier, ein Blatt, eine Blüte versank, blieben Körper und Formen weitgehend erhalten, das Sediment überdeckte alles. Heute, 47 Millionen Jahre später, sind daraus perfekt erhaltene Fossilien geworden.

Entfernt verwandt mit heutigen Pferden

Urpferdchen aus Animation
So könnte das Urpferdchen gelebt haben. | Bild: HR

Das Urpferdchen gilt als Vorfahre unserer heutigen, viel größeren Pferde - allerdings ist es kein direkter Ahn der heutigen Pferde, sondern eher ein Vertreter eines ganz frühen Seitenzweigs in der Pferdeentwicklung. Dennoch verkörpert es den Ausgangspunkt der Pferdeentwicklung sehr detailgenau. Aus den in Messel gefundenen Fossilien lässt sich aber kein Material isolieren, mit dem es gelingen könnte, das Urpferdchen durch Klonen wieder zum Leben zu erwecken. Dazu wäre zumindest die komplette, unversehrte DNA erforderlich - und die wird sich nach Millionen von Jahren nicht mehr finden lassen.

Der Blauducker - ein nahezu perfektes Vorbild

Blauducker
Im Krefelder Zoo kann man Blauducker beobachten. | Bild: HR

Das Tier, von dem W wie Wissen in seinem Aprilscherz behauptete, es sei das geklonte Urpferdchen, haben wir aber nicht ganz willkürlich ausgesucht: Es handelt sich um einen Blauducker, eine kleine afrikanische Waldantilope. Sie wird von der Wissenschaft gern herangezogen, um zu zeigen, dass die Evolution tatsächlich Tiere entwickeln kann, die noch heute dem Urpferdchen ähneln.

Größe, Gewicht und Körperbau entsprechen etwa den bekannten Daten des Urpferdchens. Blauducker gelten auch als Vorbild für die Bewegungsmuster der Urtiere – so wie sie könnten auch die echten Urpferdchen im Eozän durch den Tropenwald gehuscht sein. Der Blauducker kommt südlich des Äquators in Afrika häufig vor, sein Verbreitungsgebiet reicht vom östlichen Kap bis nach Westafrika. Allerdings leben die Tiere verborgen in dichten Wäldern und Buschwerk und sind deshalb selten in freier Wildbahn zu sehen. Ihr schiefergraues bis dunkelbraunes Fell weist an der Oberseite einen bläulichen Schimmer auf - daher ihr Name - und ist im Halbdunkel der Wälder eine ausgezeichnete Tarnung.

Making of "Aprilscherz"

Den Forschern des Frankfurter Senckenberg Instituts und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Krefelder Zoos hat es viel Spaß gemacht, bei diesem Aprilscherz mitzuwirken! Wie es hinter den Kulissen bei den Dreharbeiten zuging, das können Sie hier in unserem kleinen "Making of"-Video sehen, viel Spaß!

VIDEO: Das Making of des Aprilscherzes

Zuschauer-Reaktionen

Uns erreichten viele Zuschriften, hier eine kleine Auswahl:

"Das kann ja nur ein Aprilscherz sein, so gut wie es auch gemacht ist (der Bericht)!"

"Hallo, gut gemacht, dieser Beitrag. Herzlichen Gruß und April, April!"

"Liebe Leute, auf diesen Aprilscherz bin ich so gern, mit allen Konsequenzen, Neugier, Ungläubigkeit, Begeisterung, eine ganze Palette von Gefühlen hereingefallen. Herrlich, wie das Neugeboren tönte, mit Kindchenschema-Ruf das Herz erweichte. Überzeugend, wie die Zeugen dieses "Forschungserfolges" von diesem besonderen Gefühl erzählten, historische Atmosphäre zu schnuppern, einen Moment an der Urzeit teilzuhaben. Und das Beste: Ich konnte aus tiefstem Herzen über meine Leichtgläubigkeit staunen und über mich lachen. Dazu war diese Reportage wunderbar eingebettet in andere Zooereignisse. W wie Wissen gehört ab jetzt zu W wie wichtig und ich werde die Sendung nicht zum letzten Mal eingeschaltet haben. Vielen Dank. Welches Tier habe ich denn als Urpferd verkannt. Was lief denn da im Krefelder Zoo?"

"Liebe April-Scherzler, gute Idee, gut rübergebracht – bei der Auflösung fehlte mir nur der Name des Urpferdchen-Stellvertreters. Vielleicht lässt sich das nachreichen."

"Hallo! Das habt Ihr super gemacht! Mein Mann hat mir heute stolz von Eurem Bericht über die Nachzüchtung des Urpferdchens erzählt (ich kam gerade aus dem Reitstall). Ich merkte dann an, dass der Bericht pünktlich zum 1.4. erscheint, was ihm dann zu denken gab. Allerdings beharrte er die ganze Zeit darauf, dass das kleine Pferd doch wahrhaftig rumgelaufen sei. Es ließ ihm keine Ruhe, bis er die Auflösung auf Eurer Seite fand!!!! Echt klasse! Vielen Dank!"

"Guten Abend! Haben emotional, mit größtem Interesse den Bericht über das Klonen eines Urpferdes angesehen. Über 100 Arbeitsschritte hatten zum Erfolg geführt ... eine wissenschaftliche Meisterleistung. Wirklich beeindruckend ... Dann der Schock ... ein Aprilscherz ... Ganz ehrlich, für uns war es ein echt schlechter Scherz!!! Rote Karte!!!"

"Hallo Leute, der Versuch mit dem Urpferd,war wirklich klasse. Ich bin erst stutzig geworden als die Geburt nicht gefilmt wurde. Na ja, jeder kennt auch nicht den Blauducker! Den aus Krefeld kennen wir wirklich persönlich, da Krefeld nur eine halbe Stunde von uns zu Hause entfernt ist. Aber das war schon eine tolle Idee und sehr gut gemacht. Kompliment. An dieser Stelle möchte ich ein dickes Lob an alle aussprechen, die so gute und
professionelle Berichte und Sendungen machen. Weiter so!!! Vielen, vielen Dank für Ihre Arbeit!"

"Jaja, Urpferdchen! Ich habe schon im Kopf meine Reise zum Krefelder Zoo geplant! Unverschämtheit :) Ihre Paläontologen könnten übrigens über eine Zweitkarriere als Schauspieler (oder Trickbetrüger) nachdenken. Als Herr Wilde seelig in die Kamera lächelt über dieses Wunder moderner Forschung, war ich sogar regelrecht ergriffen!!! Stimmt das mit den Mammut-Klon-Versuchen in Tokio? Mein Vertrauen in Ihre Sendung wurde genauso erschüttert wie das in meine Intelligenz :) Nett das Sie es wenigens am Ende der Sendung und auf ihrer Internetseite aufgeklärt haben, ich hätte mich sonst total blamiert und Ihre Lügen in meinem Freundeskreis als große Neuigkeit verbreitet!"

"Sehr geehrte Redaktion, schade, dass unsere GEZ-Gebühren jetzt schon für solchen Schwachsinn ausgeben werden wie Ihren schlechten "April-Scherz" zum Thema geklontes Urpferd. Wenn Sie so was "lustig" finden ... bei mir – und sicher einigen anderen enttäuschten Zuschauern – blieb da lediglich ein ganz übler Nachgeschmack! Von denjenigen Zuschauern, die Ihre Sendung vielleicht nicht bis zum Ende geschaut haben und jetzt scharenweise extra zum Krefelder Zoo pilgern, möchte ich lieber gar nicht sprechen!"

"Gratuliere zum gelungen Aprilscherz, ich bin komplett auf das Urpferd reingefallen. Ich habe meine Schwester in England schon darüber berichtet, sie wollte in Internet noch recherchieren; ich ruf Sie am besten nochmal an!"

"Sehr geehrte Redaktion, herzlichen Glückwunsch zu dieser Sendung und insbesondere zu diesem so liebevoll und mit viel Phantasie gestalteten April-Scherz!!! Für solch herrlichen Quatsch sind wir immer zu haben, insbesondere, wenn er mit so viel Hingabe (und Glaubwürdigkeit) komponiert wird. Ganz vielen Dank dafür!"

"Was soll daran ein Aprilscherz sein? Ist doch nichtmal im Ansatz lustig ... Ich glaube eher, Sie haben es wirklich geklont und nun versucht die Regierung mal wieder was zu vertuschen!"

Autor: Wolfgang Zündel (HR)

Stand: 29.07.2015 11:00 Uhr

Sendetermin

So., 01.04.12 | 17:00 Uhr
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