Interview mit Erich Altenkopf

Die Dreiecksgeschichte und Michaels Erblindung

Rosalie und Michael
Rosalie und Michael | Bild: ARD/Ann Paur

DasErste.de: Erich, wie hast Du Dich als Schauspieler auf die Erblindung Deines Rollen-Alter-Egos, Dr. Michael Niederbühl, vorbereitet?

Erich Altenkopf: Ich war in einer Augenklinik in München und habe mich dort ausgiebig mit einer Fachärztin für Augenheilkunde unterhalten. Bei meinen Besuchen durfte ich auch ein paar blinde Menschen beobachten und kennenlernen.

Was hast Du im Gespräch mit der Ärztin erfahren?

Augen lassen sich durch nichts ersetzen. Der Verlust des Augenlichts ist ein schrecklicher Verlust auch im Hinblick auf die Selbstständigkeit des Menschen. Für viele ist eine plötzliche Erblindung eine große Tragödie. Zuerst verliert man das Augenlicht, dann sukzessive das Umfeld. Viele verlieren ihren Job, ihre Hobbys wie etwa Sport, ihr soziales Umfeld. Die gesamte Intimsphäre ist dahin. Viele Partnerschaften gehen auseinander. Vor allem Männer, die plötzlich erblinden, sind sehr verzweifelt. Frauen natürlich auch, nur tun sich Männer anscheinend noch viel schwerer. Männer werden oft sehr aggressiv.

Und was wolltest Du für Deine schauspielerische Arbeit noch von der Medizinerin wissen?

Wie verhalten sich plötzlich Erblindete, bewegen sich ihre Augen, wie bewegen sie ihren Körper? Wie unsicher ist ein plötzlich Erblindeter? Dann auch ganz praktische Dinge: Wie schenkt man sich zum Beispiel ein Glas Wein ein? Wie isst man? Wie hält man einen Blindenstock? Dies alles hat mich natürlich für meine Arbeit interessiert.

Lernt man an der Schauspielschule, wie man einen Blinden spielt?

Rosalie und Michael
Michael ist erblindet. Rosalie will ihm beistehen. | Bild: ARD/Ann Paur

Nein, das lernt man dort nicht. Die Krux ist ja: Man sieht und muss einen Blinden spielen. Man darf also nichts mehr automatisch machen. Das Schwierige ist, nicht zu fokussieren, nicht automatisch hinzugreifen, wenn dir zum Beispiel jemand die Hand hinhält. Man muss also so spielen, als würde man nichts sehen, obwohl man alles sieht. Das ist ganz schön tückisch.

Klingt, als sei das eine sehr große Herausforderung.

Ja, aber auch eine großartige und tolle Aufgabe für einen Schauspieler. Es ist ein Privileg, so etwas mal spielen zu dürfen. Ich stehe in der Verantwortung blinden Menschen gegenüber, die Behinderung realistisch darzustellen. Das Ganze darf natürlich keine Farce werden, ich darf also nicht zu übertrieben spielen, sonst wird die Darstellung unglaubwürdig und lächerlich.

Was bedeutet es für Dr. Niederbühl, blind zu werden?

Zunächst ist das natürlich ein Schock für ihn. Michael hat große Angst, seinen geliebten Beruf zu verlieren. Mit Ironie, Sarkasmus und Humor probiert er, seine Behinderung zu meistern. Anfangs besteht ja auch ein Schimmer Hoffnung, dass er sein Augenlicht wieder zurückbekommt. Aber als die Aussicht auf Heilung zunehmend schwindet, reagiert Michael verzweifelt, bisweilen auch depressiv und sogar aggressiv. Er versucht sich zwar zusammenzureißen, was ihm aber nicht immer gelingt.

Wie geht es Rosalie mit der Erblindung Michaels?

Eine Erblindung ist natürlich eine Behinderung, die der Partner mitzutragen hat. Das ist, wie schon gesagt, oft eine große Belastung für die Beziehung. Rosalie bemüht sich sehr. Irgendwann ist sie aber auch so überfordert, sodass sie die Fassung verliert.

Wie wurde der Reitunfall eigentlich gedreht? Hast Du den Stunt selbst gemacht?

Michael liegt am Boden
Michael ist vom Pferd gestürzt und liegt bewusstlos am Boden. | Bild: ARD/Ann Paur

Der Stunt war kein großes Ding. Da hab ich mich auf eine Matratze fallen lassen müssen. Viel schlimmer war, dass ich dann in den dünnen Reitklamotten eine Stunde lang im Schnee liegen musste. Es hat an dem Tag heftig geschneit. Dann haben wir noch eine Nahaufnahme gemacht, in der ich meinen Kopf gegen den Boden knallen lassen musste. Anschließend hatte ich drei Stunden lang Kopfweh (lacht).

Ist es denn realistisch, dass man nach einem Reitunfall erblindet?

Das ist tatsächlich möglich, wie mir die Augenärztin mitgeteilt hat. Bei Kopfverletzungen können nämlich die Augennerven gequetscht werden. Manchmal regenerieren sie sich aber wieder. Die Chancen liegen jedoch unter zehn Prozent.

Vielen Dank für das Interview!

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