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Neuseeland: Gute Touristen – schlechte Touristen

PlaySee mit Bergen im Hintergrund und einem Campingstellplatz im Vordergrund.
Neuseeland: Gute Touristen – schlechte Touristen  | Bild: NDR

Glasklare Seen, Berge und kostenloses Campen: Für Backpacker und Camper ist das grüne Ende der Welt noch immer ein Sehnsuchtsziel. Auch Leana und Daniel aus der Schweiz wollen insgesamt acht Monate in Neuseeland unterwegs sein. Ihre Jobs haben sie gekündigt, sie leben von Erspartem. Und den Camper konnten sie einem Einheimischen günstig abkaufen. "Die Mietautos sind sehr teuer hier, die Mietcampervans. Und wir können, wenn es gut geht, den Campervan am Schluss wieder für dasselbe verkaufen", sagt Daniel Ziehrli.

Sie kochen in ihrem Mini-Bus. Denn statt auf einem teuren Camping-Platz mit Duschen und Küchen, stoppen sie lieber auf einem kostenlosen Stell-Platz. Damit sind sie nicht gerade die idealen Besucher, von denen der Tourismus-Minister Neuseelands träumt. Und das versteht Leana sogar: "Wenn man so lange, wie es geht reisen möchte, muss man aufs Geld achten. Aber ich kann ihn total verstehen, was er sagt, und dass sie Geld brauchen, weil sie waren zwei Jahre glaube ich, einfach zu und hatten keinen Tourismus.

Backpacker werden als Arbeitskräfte dringend gesucht

Ein Mann bezieht ein Bett.
Backpacker sind wichtige Arbeitskräfte für Neuseeland. | Bild: NDR

In Wellington treffen wir den Tourismus-Minister. Stuart Nash hat zuletzt Schlagzeilen gemacht, weil er sich Touristen wünscht, die bereit sind, viel Geld auszugeben und keine, die von der Hand in den Mund oder Tütensuppen leben. Inzwischen formuliert er es vorsichtiger: "Einige Amerikaner haben bei Social Media damit angegeben, wie sie in ihrem Campervan in Neuseeland rumgefahren sind und von zehn Dollar am Tag gelebt haben. Sie hatten Spaß, gut für sie. Der Punkt ist: Wir sollten unser begrenztes Marketing-Budget nicht für diese Leute ausgeben, denn für diese Backpacker-Kundschaft sind wir ohnehin sehr attraktiv."

Einer dieser Backpacker ist Logan Lindstron aus Kanada. Er arbeitet in einem Hostel in Queenstown. Mit einem Work and Travel-Visum finanziert er die Auszeit hier als Abenteurer. Unerwünscht fühlt er sich überhaupt nicht, im Gegenteil. Backpacker wie er, die zum Mindestlohn Betten abziehen und Klos putzen, werden gerade gesucht. "Es ist überhaupt nicht schwer, einen Job zu finden. Es gibt überall tonnenweise Jobs, der hier im Hostel ist gut, weil man gleich die Unterkunft dazubekommt. Das fand ich ziemlich cool."

"Neuseeland kann nicht immer mehr Touristen empfangen"

Zwei Stunden entfernt von Queenstown liegt die Cabot Lodge. Wer hierherkommt, sucht Cliche-Neuseeland und ist bereit dafür viel auszugeben. Lodge-Betreiberin Breidi Alexander hat Mühe, alles zu schaffen. Ob beim Tischdecken oder Betten beziehen – überall muss sie auch immer wieder selbst ran. Gut zahlende Gäste hat sie genug. Doch immer wieder mangelt es ausgerechnet an den Backpackern. "Wir haben gerade so einen unglaublichen Personalmangel. Wir brauchen mehr Menschen, die in unseren Restaurants und Hotels arbeiten. Und dafür brauchen wir schon ein paar mehr von diesen Backpackern."

Und trotzdem habe der Minister auch recht, meint ihr Mann Brad. Neuseeland könne nicht immer mehr Touristen empfangen. Es müsse Grenzen geben. Und diejenigen, die kommen, müssten mehr für Neuseelands Natur bezahlen. "Du kannst die großen Wanderstrecken oder auch andere Wanderwege nutzen, ohne einen extra Dollar auszugeben abgesehen vom Sprit fürs Auto, um dahinzukommen. Wenn ich mich in der Welt umschaue – und ich war sowohl in Europa als auch in Nordamerika – dann zahlst du, wenn du in einen Nationalpark gehst, Eintritt für diese Leistung.

Natururlaub, Abenteuer und Nachhaltigkeit am Ende der Welt sollen perfekt zusammenpassen. Touristen müssten in Zukunft nicht nur was fürs Brutto-Inlandsprodukt tun, sondern auch für die Umwelt. Wie etwa eine Steuer auf eine lange Anreise mit dem Flugzeug zu zahlen. Noch aber traut sich die Regierung nicht, das einzuführen. "Das wäre doch großartig, wenn Neuseeland ein Land würde, was sagt: Jeder, der herkommt muss das CO2-frei machen. Alle müssen ihren CO2-Abdruck ausgleichen. Die Idee, Verantwortung zu übernehmen, ist wirklich wichtig für so ein Fernreiseziel", sagt Trent Yeo, Chef der Ziptrek Ecotours.

Immer mehr Bereiche für Camper gesperrt

Ein Paar am Camingbus stellt Stühle auf.
Die Schweizer Camper Leana und Danie haben sich einen Bus gekauft. | Bild: NDR

Die Campervans touren wieder. Doch so viele wie vor der Pandemie will Neuseeland nicht mehr. Da hatte sich die Zahl der Freedom Camper innerhalb eines einzigen Jahres mehr als verdoppelt. Deswegen gibt es jetzt immer mehr Schilder mit der Aufschrift: "No Camping",   200 Dollar Strafe sofort. Camper Andy Haslett und auch Vermieter von Campervans mussten sich anpassen. Eine Mini-Toilette ist ein Muss für einen sogenannten selfcontained Camper, also einen, der auch auf Campingplätzen ohne Duschen und WC halten darf. Niemand soll einfach in die Natur pinkeln. "Also lauft Vorschrift muss die Toilette nutzbar sein, auch wenn das Bett ausgeklappt ist, Außerdem muss es einen Frischwassertank geben, der für zwei Personen für drei Tage reicht, also 25 Liter", erkläer Andy Haslett.

Zurück bei den Schweizer Campern Leana und Daniel. Beim Essen gehen sie auch ihre Finanzen durch. Auf der Südinsel müssen sie auch schon mal länger nach einem kostenlosen Platz fürs Freedom Campen suchen. "Sie wollen es auch, ich nehme an, so ein bisschen begrenzen, dass dann die Holiday Parks, die Campings, Geld machen können", sagt Leana. "Für mich ist es ok, wir haben noch immer einen Platz gefunden, um gratis zu stehen." Und wenn es keine Duschen gibt, können sie auch eine Runde schwimmen gehen.Noch ist der Traum vom Freedom Camping nicht ausgeträumt in Neuseeland, aber er könnte bald teurer werden.

 Autorin: Sandra Ratzow, ARD-Studio Singapur

Stand: 22.01.2023 19:48 Uhr

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