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USA: Gender-Kids werden Wahlkampf-Thema

PlayEine Hauswand ist mit den Regenbogenfarben angestrichen.
USA: Gender-Kids werden Wahlkampf-Thema | Bild: ARD Washington

In den USA beginnt in wenigen Wochen das Wahljahr. Ein Thema stellen viele republikanischen Präsidentschaftsbewerber weit nach vorne: das Thema Trans*Kinder und Jugendliche. Davon gibt es in den USA, genau wie in Deutschland, nur wenige. Und dennoch ist der Kampf gegen einen vermeintlichen "woken Gehirnvirus", der Kinder verwirre, ein großes Thema im politischen Kulturkampf. Republikanische Bundesstaaten wie zum Beispiel Florida haben bereits Gesetze gegen Trans-Identitäten erlassen. Das Thema funktioniert auch deshalb so gut im innenpolitischen Kulturkampf, weil es polarisiert und weil liberale Bundesstaaten beim Schutz dieser Minderheit besonders weit gehen.

Wer durch Portland läuft, im Bundesstaat Oregon, sieht es sofort: Die Stadt ist bunt, liberal, weltoffen. Queere Menschen sind hier uneingeschränkt willkommen. Hier treffe ich Suzanne. Sie hat lange überlegt, ob sie ihre Geschichte erzählen will. Sie ist Mutter eines Trans*Teens, politisch sehr liberal – aber sie hat Zweifel, ob hier in Oregon nicht gerade doch etwas falsch läuft. Ihr Sohn Jace hat mit zwölf festgestellt, dass er ein Junge ist. Sein Gesicht sollen wir nicht zeigen. Als Jace im Sommer 15 wurde, konnte er allein entscheiden, dass er Testosteron spritzen will, um männlicher zu werden – so ist hier das Gesetz. Suzanne hatte keinerlei Mitspracherecht. "Ich wollte für ihn da sein, aber ich hätte nicht gedacht, dass er diesen Schritt geht, bevor er 18 ist. Es war hart, dass er diese Entscheidung allein treffen konnte. Es war ein Schock." Nun spritzt sich Jace einmal pro Woche Testosteron. Wird deine Stimme schon tiefer? "Definitiv", sagt Jace. "Ich habe ein Video von mir, wo ich sage: 'Das ist meine Stimme, bevor ich anfange.' Wenn ich mir das anhöre, dann klingt das nicht mehr wie ich – jetzt klinge ich vielmehr nach mir selbst – das ist schön."

Diagnose "Gender Dysphorie" zuletzt stark gestiegen

Eine Frau spricht mit einem Jungen.
Suzanne ist Mutter eines Trans*Teens. | Bild: ARD Washington

Auch in Oregon brauchte Jace eine psychologische Bescheinigung, die Diagnose "Gender Dysphorie", die besagt, dass er fortdauernd unter dem bei Geburt festgestellten Geschlecht leidet. Als er die hatte, ging alles ganz schnell, sagt seine Mutter. Ihr ging es zu schnell. "Das ist ein echter Knackpunkt für ihn. Er sagt mir dauernd: Ich weiß, wer ich bin. Und ich glaube ihm auch. Aber ich weiß auch, wie sehr sich in dem Alter alles in deinem Gehirn verändert."

Bei Teenagern ist die Diagnose "Gender Dysphorie" zuletzt stark gestiegen – auch wenn es mit geschätzt 1,4 Prozent immer noch sehr wenige sind. Ich treffe Laura Edwards-Leeper. Sie hat als Psychologin die erste Trans*Klinik in den USA überhaupt mitbegründet. Aber sie ist zunehmend kritischer geworden, sagt: Manche Teenager behandeln wir zu schnell! Ohne genau genug hinzuschauen, ob die Geschlechtsangleichung immer auch das Richtige ist. "Meine Sorge ist: Wenn wir hier was falsch machen – gerade bei Minderjährigen – und wir dann Kinder auf eine Weise behandeln, die sie später bereuen, dann gefährdet das am Ende die medizinische Versorgung von Trans*Menschen insgesamt."

Auch Suzanne sorgt sich, wie es für Jace weitergeht. Im liberalen Oregon kann er der sein, der er ist. Aber in vielen republikanischen Bundesstaaten wurden die Rechte von Trans*Menschen bereits massiv beschnitten. Nicht überall in den USA ist Jace willkommen. "Es ist doch nur unsere kleine Familie, die durchs Leben kommen will. Ich versuche, die bestmögliche Mutter zu sein, damit er Raum hat für was immer er braucht", sagt Suzanne.
Doch all der Streit über Trans*Menschen im Wahlkampf gerade vergifte das Klima zunehmend, sagt Suzanne. Das spüre selbst sie, hier im liberalen Oregon.

Autorin: Kerstin Klein, ARD-Studio Washington

Stand: 17.12.2023 20:09 Uhr

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Norddeutscher Rundfunk
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