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Australien: Das neue Campen

PlayEinsamer Campingbus in australischer Wüste
Australien: Das neue Campen | Bild: Imago / Joker

Australien gehört zu den international reisefreudigsten Nationen. Doch seit März 2020 sind keine Auslandsreisen mehr möglich. Das Land verbietet seinen Bürgern das internationale Reisen. Nun ist Heimaturlaub angesagt. Im Land selbst gibt es so gut wie keine Covid-Fälle.

"Holiday here this year" wirbt der australische Tourismusverband. Vor allem junge Leute und Familien machen sich auf den Weg und entdecken einen Trend, dem früher vor allem australische Rentner gefolgt sind: im Wohnmobil durch den roten Kontinent. Statt in London wird das "Gap Year" nun im Camper verbracht.

Quer durch Australien statt Auslandsjahr in London

Eine Außen-Dusche Marke Eigenbau. Teegan und Meg wissen zu improvisieren. Die beiden Sozialarbeiterinnen haben ihre Jobs gekündigt, und nehmen sich jetzt ein Jahr Zeit, ganz Australien zu umrunden. Eigentlich hatten sie von einem Auslandsjahr in London geträumt. Die Flugtickets waren schon gebucht. Doch dann machte Australien seine Grenzen dicht. "Wir wollten nach Europa ziehen, aber wegen Covid mussten wir unsere Pläne ändern. Das hier erschien uns die beste Alternative. Und wir sind glücklich damit." Während des Lockdowns kauften die beiden einen Minibus. Freunde und Familie halfen später beim Umbau. Die Herausforderung: Mit Mini-Budget das eigene riesige Land kennenlernen.

Teegan und Meg in ihrem Wohnmobil
Teegan und Meg wollten eigentlich nach London  | Bild: SWR

Zehn Wochen sind sie jetzt unterwegs. Im Moment entlang an den endlosen Stränden an der Ostküste Australiens. Heute Halt in Byron Bay. Die große Freiheit im Minibus. Die harten Monate des Lockdowns im vergangenen Jahr sind vergessen. Die strikte "No Covid"-Strategie Australiens habe sich gelohnt, sagen die beiden jungen Frauen Mitte Zwanzig. Sie haben großes Vertrauen in die Politik. "Ich denke, Politiker sind auch nur Menschen und jeder entscheidet nach bestem Wissen und Gewissen. Da musst du dann Entscheidungen auch einfach mal so hinnehmen. Wir können hier im Land frei herumreisen. Das ist doch eine Win-Win-Situation."

Strand und Wald als Klassenzimmer

Die Vielfalt Australiens macht es ihnen leichter, das Reisen nach Übersee nicht allzu sehr zu vermissen. Im Moment dürfen Australier ihr Land nur mit Ausnahmegenehmigung und nur im Notfall verlassen. Teegan und Meg empfinden auch das nicht als Bevormundung des Staates. "Es fühlt sich hier so an, als sei Covid nur noch Teil unseres Lebens, wenn wir auf Social Media sind. Und die Bilder aus Indien sehen. Dann begreifst du, was da draußen in der Welt los ist. Wir sind in dieser sicheren Blase, müssen keine Masken tragen und können alles machen."

Familie Street vor ihrem Wohnmobil
Familie Street genießt die gemeinsame Zeit | Bild: SWR

Das ist Familie Street von der Insel Tasmanien. Auch sie ein Jahr auf großer Australientour. Strände, Wälder, Campingplätze alles wird für die drei Kinder derzeit zum Klassenzimmer. Max, Elke und Charlie versuchen herauszufinden, wie viele Autokennzeichen aus welchen Bundesstaaten es hier gibt. Ein Jahr home-schooling und zwar ganz ohne Not. Ihre Mutter Lisa, Psychologin, setzt auf die Schule des Lebens. "Ja, vielleicht werden sie in Mathe irgendein Thema verpassen, aber sie lernen doch dafür so viel anderes über die Orte und die Menschen, die sie auf der Reise kennenlernen, über die Kultur und die Geschichte unseres Landes." Seit fünf Wochen ist das ihr Mini-Zuhause. Und alle sind begeistert, auch wenn es manchmal Streit gibt bei so wenig Platz. "Zuhause wären wir die meiste Zeit drinnen, hier sind wir meistens draußen und mit unseren Fahrrädern unterwegs."

Das Motto: "Lebe deinen Traum jetzt"

Im Lockdown letztes Jahr haben Lisa und ihr Mann überlegt, was ihnen wirklich wichtig ist. Langzeiturlaub stand ganz oben auf der Liste. "Ich vermisse bisher nichts", sagt Lisa. "Ich bemerke hier, dass es mich eher befreit, weniger zu haben. Aufräumen geht ruckzuck. Und auch die Kinder scheinen bisher nichts zu vermissen." Nathan genießt die Zeit mit der Familie, ohne Zeitzwänge und fern der Pandemie. Klar hatten sie überlegt, ob es besser ist darauf zu warten, bis ganz Australien gegen Covid geimpft ist. Aber bei so gut wie keinen Covid Fällen im Land schien das Risiko gering. "Wir versuchen, das zu genießen, was wir haben. Wir haben imMoment viel Freiheiten. Die Situation kann sich natürlich jederzeit ändern, aber dann ist es doch besser, du hast die Zeit genutzt, als zu Hause zu sitzen und abzuwarten."

Teegan und Meg am Strand
Teegan und Meg sehen positiv in die Zukunft  | Bild: SWR

Zeit fürs Dinner auch bei Teegan und Meg. Um das Budget zu schonen: Parkplatz statt Campingplatz. Die Pandemie hat uns gelehrt, nichts zu verschieben. Ihr Motto: Lebe deinen Traum jetzt. Und für die beiden steht jetzt schon fest, dass sie nicht nach Melbourne zurückwollen, sondern irgendwo anders auf dem riesigen Kontinent neu anfangen wollen. "Es gibt so viel zu entdecken", freut sich Meg. "In meinem Alter kann ich noch einfach irgendwo neu anfangen. Wenn es mir irgendwo dann nicht gefällt, ziehe ich eben weiter. Warum auch nicht. Australien ist so groß und schön. Jetzt ist die beste Gelegenheit, was auszuprobieren." Während Europa sich nun vorsichtig aus dem Lockdown tastet, bleiben Australiens Grenzen noch auf unbestimmte Zeit geschlossen. Für Teegan und Meg ist das völlig in Ordnung. Es scheint so, als sei Australien im Moment sich selbst genug.

Autorin: Sandra Ratzow, ARD-Studio Singapur

Stand: 16.05.2021 22:48 Uhr

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