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Großbritannien: Fracking? Nein, danke!

Ein Dorf geht gegen Regierungspläne auf die Barrikaden

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Großbritannien: Fracking? Nein, danke! | Bild: BR
Ein trommelnder Demonstrant
Ein trommelnder Demonstrant | Bild: Foto: BR

Balcombe – ein etwas verschlafenes Örtchen im Süden Großbritanniens. Doch mit der dörflichen Stille ist es vorbei. In der englischen Countryside hört man Trommeln und Protestgesänge. "Freunde der Erde" geben sich mit Druiden und Vermummten ein Stelldichein. Mittendrin Dorfbewohner Charles Metcalfe. Der prominente Weinkritiker hatte mit Demos nie was am Hut. Doch nun trägt er unter seiner Barbour-Jacke einen Anti-Fracking-Slogan. "Hände weg von seiner Heimaterde", fordert er.

»"Wenn wir es nicht stoppen – hier und überall – dann geht unsere Landschaft kaputt, die Luft wird vergiftet und das Wasser wird nicht mehr sauber sein. Wir haben eine schreckliche Zukunft vor uns." Charles Metcalfe, Fracking-Gegner«

Handgemenge mit der Polizei
Handgemenge mit der Polizei | Bild: Foto: BR

Balcombe ist derzeit die vorderste Front für britische Fracking-Gegner. Charles Metcalfe bildet mit Nachbarn und Zugereisten eine Menschenkette vor dem Gelände der Energiefirma Cuadrilla. Bisher verlief der Protest zumeist friedlich. Dennoch gab es 82 Festnahmen. Die Stimmung heizte sich auf. Cuadrilla stoppte die Arbeiten vorübergehend. Als Etappensieg feiern das die Gegner des Frackings.

Luftaufnahme der Bohrstelle
Luftaufnahme der Bohrstelle | Bild: Foto: BR

Bei dem Verfahren werden Wasser und Chemikalien mit Hochdruck ins Gestein gejagt und eingeschlossenes Öl herausgebrochen. Cuadrilla spricht von Tests. Ob danach gefördert werde, sei noch nicht entschieden.

Doch Charles Metcalfe kennt alle Erklärungen der Energiefirma. Er glaubt ihr kein Wort:

»"Sie wollen ablenken. 'Nein, nein, nein', sagen sie, 'wir werden nicht fracken. Wir ätzen nur mit Säure ein bisschen den Kalkgestein auf.' Aber sie werden fracken. Wir haben gelernt, nichts von dem zu glauben, was sie sagen.“ Charles Metcalfe«

Fracking ließ anderswo die Erde zittern. In Balcombe haben die Bürger Angst vor den Nebenwirkungen.

In diesem Youtube-Video aus den USA kommt Gas aus dem Wasserhahn. Solche beunruhigenden Dinge findet, wer das Internet nach Fracking durchforstet. John und Di Pospisil sind mit ihrem Baby erst vor sechs Monaten nach Balcombe gezogen. Nun fragen sie sich, wie lang das Wasser und die Luft noch sauber bleiben.

»"Als Eltern machen wir uns natürlich vor allem Sorgen um die Gesundheit unseres Kindes. Wenn es irgendwelche Zweifel gibt, wenn irgendwelche Risiken bestehen, dann muss wirklich etwas dagegen getan werden für die Sicherheit. Am besten wäre ein Fracking-Verbot wie in Frankreich." Di Pospisil«

Eine Fracking-freie Zone soll ihr Ort bleiben. Das fordern Di und John Pospisil und 85 Prozent der Bürger von Balcombe. Doch ihr Gegner ist mächtig. Die Regierung sieht Fracking als die Lösung für den steigenden Energiebedarf. Balcombe steht für den Traum vom neuen Goldrausch mit dem Segen der Politik.

Fracking soll Reserven im Wert von mehr als einer Billion Euro erschließen. Die Regierung erklärt das Verfahren zur Energierevolution. Sie gab den Firmen Fracking-Lizenzen für 176 Orte. Premierminister David Cameron lässt keine Gelegenheit aus, um fürs Fracking zu werben.

»"Wir machen einen großen Fehler, wenn wir nicht ernsthaft über das Fracking nachdenken." David Cameron, Premierminister Großbritannien«

Der konservative Premier lockt mit der Aussicht auf billigere Energie in Großbritannien.

Sue Taylor
Sue Taylor | Bild: Foto: BR

Nein, dafür riskieren sie nicht ihr sauberes Wasser, sagen sie hier. Englands Süden war immer eine Hochburg der Konservativen. Fracking erschüttert jetzt die Tory-Bastion.

"Ich habe sonst konservativ gewählt, aber ich wähle keinen mehr, der für Fracking ist." Sue Taylor, Bewohnerin von Balcombe

Wir haben alle demokratischen Wege bemüht, sagen sie: Erfolglos.

»"Nun bleibt nur die Selbstverteidigung mit unseren Körpern." Kathy Dunne, Bewohnerin von Balcombe«

Der Protest ist politisch. Caroline Lucas, die grüne Parlamentarierin, blockiert die Straße. Auch die Labour-Partei solidarisiert sich.

Cuadrilla will ab Mittwoch wieder bohren. Noch wird nicht gefrackt, doch es gerät viel in Bewegung. Charles Metcalfe mochte früher keine Slogans auf der Brust. Nun steht er auf den Barrikaden.

»"Wir haben diese Bohrer dort schon einmal gestoppt. Wir werden alles geben, um sie weiter aufzuhalten." Charles Metcalfe«

Die Regierung und Cuadrilla wollen eine Energierevolution. Was sie in Balcombe bekommen, ist eine Rebellion der Bürger.

Autor: Frank Jahn / ARD London

Stand: 15.04.2014 11:05 Uhr

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