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Kanada: Sterilisierung gegen den eigenen Willen

PlayEine Frau in einer winterlichen Landschaft
Sterilisierung gegen Willen | Bild: Marion Schmickler / ARD New York

Sie hat immer von einer großen Familie geträumt. Doch nach ihren beiden Töchtern konnte Liz Esquega keine Kinder mehr bekommen. Weiße Ärzte haben ihre Eileiter zerschnitten – bei einer Operation, gegen ihren Willen: "Ich habe das sogar meiner Familie nie erzählt. Vor ein paar Jahren habe ich einen Bericht gelesen – erst da habe ich mich bestätigt gefühlt. Und mir wurde klar, dass mir Unrecht geschah. Aber wem sollte ich davon erzählen. Wer würde mir schon glauben?"

Mindestens 12.000 indigene Frauen, so schätzt die kanadische Regierung, sind seit den 1970er Jahren zwangssterilisiert worden. Liz ist überzeugt: Es sind viel mehr – und es geschieht bis heute.
Früher gab es Gesetze in Kanada, die Zwangssterilisierungen von indigenen Frauen erlaubten. Sie gelten schon lange nicht mehr. Und dennoch erlebte auch Anita bei der Geburt ihrer Tochter Monty einen Übergriff auf ihren Körper, für den sie sich so sehr schämte, dass sie lange schwieg.

Sammelklagen gegen den Staat

In mehreren Provinzen haben Frauen gegen Gesundheits- und Bundesbehörden geklagt, fünf Sammelklagen eingereicht. Die Regierung hat zwar sechs Millionen Dollar für Überlebende bereitgestellt, doch ein Gesetzesentwurf, der Zwangssterilisierungen strafrechtlich ahnden würde, wird nicht schnell genug vorangetrieben, sagen die Betroffenen.

Abfahrt in eine neue Ära: Die Indigenen James und Anthony nehmen uns mit ins Kehewin-Reservat. James arbeitet dort seit Jahren als Arzt, sein Mann Anthony koordiniert das neue Hebammenprogramm. Zumindest solche Projekte unterstützt die Regierung. Die Männer bauen das Tipi fürs große Fest auf. Ben kämpft dafür, dass die alten Traditionen wiederbelebt werden. Das Hebammenprogramm liegt ihm besonders am Herzen – seine Frau ist gerade zum zweiten Mal schwanger und soll nie wieder in einer Klinik gebären: "Für uns Indigene sind Krankenhäuser kein sicherer Ort. Du kannst davon ausgehen, dass dich dort Missbrauch und Körperverletzung erwarten. Wir hoffen, dass unser zweites Kind normal und natürlich geboren werden kann, ohne Stress, die Probleme und das Trauma, die es in der Klinik gibt."

Endlich: Der große Tag ist gekommen. Ab heute nimmt Jodi ganz offiziell ihre Arbeit als Doula im Reservat auf. Sie soll die nächste Generation auf die Welt bringen. Kinder, die es einmal besser haben sollen als ihre Eltern und Großeltern, ein Leben ohne Unrecht und Diskriminierung. Das Hebammenprogramm steht noch ganz Anfang. Schon bald soll ein neues eigenes Geburtenhaus im Reservat gebaut werden.
Jodi weiß: Es liegt eine große Aufgabe vor ihr, aber wenn es ihr gelingt, den Frauen neuen Mut zu machen, dann ist das vielleicht der beste Schutz gegen Unrecht.

Autorin: Marion Schmickler, ARD New York

Stand: 05.05.2024 19:41 Uhr

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Bayerischer Rundfunk
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