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Kenia: Schwarze Schönheit

PlayLange ignoriert, sind Schwarze Models jetzt "en vogue" auf den Laufstegen – auch aus Kenia.
Kenia: Schwarze Schönheit  | Bild: WDR

Sie hat es geschafft, Ajuma Nasanya, Model für Haute Couture. Zuhause auf den Laufstegen der Welt. Und zuhause, in Kenia. Aufgewachsen in einem Dorf im ärmeren Nordwesten des Landes. Mit 18 wird Ajuma Nasanya Miss Nairobi. Wenig später internationales Spitzenmodel: "Ich habe mit Haute Couture 2006 angefangen. Damals war es so schwer, in eine Modenschau zu kommen. So was wie die von Valentino war ein großes Ding." Wegen ihrer besonders dunklen Haut wurde Ajuma in der Schule noch gehänselt. Doch das ist lange vorbei: "Wo ich herkomme, war das Schönheitsideal: Je heller du bist, desto schöner bist du. Und dann später diese Erfahrung: es gibt Leute, die finden, dass du wunderschön bist – ich habe mich plötzlich akzeptiert gefühlt. Ob Zuhause oder international: Es scheint, als würde man nun endlich Menschen mit meinem Hautton gut finden."

Doch nur westliche Vorstellung im neuen Gewand?

Kenia: Sie hat es geschafft, Ajuma Nasanya aus Kenia ist jetzt zuhause auf den Laufstegen der Welt.
Kenia: Sie hat es geschafft, Ajuma Nasanya aus Kenia ist jetzt zuhause auf den Laufstegen der Welt. | Bild: WDR

Die Schwarze Schönheit im Trend. Ein Booster: diese Ausgabe der britischen Modezeitschrift Vogue: Neun Models aus Afrika sollen "neu definieren, was es heißt, ein Model zu sein":  Besonders dunkle Haut und europäische Frisuren. Schnell löst das Cover eine Welle von Reaktionen aus: Die einen sehen einen Schritt Richtung Gleichheit. Zu den Kritikerinnen zählt Funmi Lijadu. Die Künstlerin, PR-Expertin und Journalistin hat sich lange mit dem Thema Mode beschäftigt und zum Reizthema Vogue ein klare Meinung: "Es ist eine überzogene Idee von Schwarzsein – die Haut der Models ist für die Aufnahmen dunkler gemacht worden. Auf diesem Bild hier kann man gut erkennen, das die Haut sehr viel dunkler ist."

Nachgedunkelte Haut, europäischer Haarstyle: Es sei im Ansatz die alte westliche Vorstellung von "Afrika", kein Schritt zur Gleichstellung von Schwarz und Weiß auf dem Laufsteg: "Es ist atemberaubend und optisch ansprechend. Aber es ist keine realistische, alltägliche Darstellung einer Schwarzen Person oder des normalen Schwarzen Modells. Wenn sie also die Absicht der Aufnahme nehmen und die Art, wie sie ausgeführt wurde, dann passt das nicht zusammen – das ist mein Hauptproblem. Ich denke, die Schwarze Community darf diese Bilder kritisieren und wie sie entstanden sind."

Trotzdem weckt die Kampagne erstmals das Interesse vieler junger Afrikanerinnen: Model werden – ein Traumberuf! Lindsay McIntyre, Leiterin einer Model-Agentur, sieht auch die Schattenseiten dieses Trends. Zwar erhalten Spitzenmodels bis zu 10.000 Euro pro Kampagne. Doch die Jobs seien rar  – und die Unwägbarkeiten groß, für alle, egal woher die Models kommen, doch für junge Frauen aus Afrika sei die Herausforderung noch größer: "Wenn ein Mädchen aus Nairobi kommt und nach New York geht und in diese ziemlich oberflächliche Welt eintaucht. Wo es nur darum geht, wie du aussiehst und wo keiner davor zurückschreckt, zu sagen: "Sorry, du bist nichts für diesen Job. Oh, Du hast Pickel auf den Beinen" oder sonst was. Du musst ein gesundes Selbstvertrauen haben, wenn du mit dem Model-sein zurechtkommen willst."

Eine Industrie, die sich verändern kann?

Kenia: Die Journalistin Funmi Lijadu kritisiert Kampagnen für schwarze Haut als "eine überzogene Idee von Schwarzsein".
Kenia: Die Journalistin Funmi Lijadu kritisiert Kampagnen für schwarze Haut als "eine überzogene Idee von Schwarzsein". | Bild: WDR

Aber die Hoffnung auf Erfolg bleibt. Photoshooting vor dem "Victoria and Albert Museum" in London – Mode wurde hier oft gezeigt, meist die aus Europa. Nun also auch Afrika – mit afrikanischen Models. Mode müsse "dekolonisiert" werden, heißt es. Zu lange hätten sich westliche Modeschöpfer afrikanischer Designs bedient, ohne den eigentlichen Erben eine Plattform zu geben. Nun soll Afrika nicht mehr außen vor bleiben. Nicht bei Mode – und nicht bei denen, die sie präsentieren. Wie für Camilla Rose. Als Kind lebte sie ein paar Jahre in London, später wieder in der Heimat ihrer Eltern, auf der Insel Sao Tomé vor Zentralafrika. Und nun wieder London, hier begann ihre Model-Karriere – einfach war es nicht: "Früher gab es viel Rassismus. Ich denke, heute akzeptieren wir uns mehr. Heute gibt es Kampagnen zur "Schwarzen Schönheit" und allem, was mit Schwarz zu tun hat. Es ist definitiv besser geworden."

Besser, aber wohl noch nicht gleich. Afrikanische Frisuren statt europäischer Haartracht: auf westlichen Laufstegen ist das noch immer nicht ganz akzeptiert. Camilla kennt das Problem: "Als ich klein war, hat mir meine Mutter die Haare abgeschnitten. Nach ein paar Jahren hab ich mich gewehrt und gesagt: Hör auf! Ich finde mein eigenes Haar toll, so wie es ist. Ich will natürlich sein und durch nichts meine Schwarze Schönheit ruinieren. Endlich mögen wir schwarzen Models nun unser Äußeres – wir lieben uns, wie wir sind."

Autor:  Norbert Hahn / ARD Studio Nairobi

Stand: 19.11.2023 20:12 Uhr

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