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Griechenland: Finanznot? Steuersünder im Urlaub

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Griechenland: Finanznot? Steuersünder im Urlaub | Bild: NDR
Touristin auf Mykonos
Touristin auf Mykonos | Bild: picture alliance / Tuul/Robert Harding

Die griechische Insel Mykonos ist in der Hauptsaison immer noch eine Touristenhochburg. Der Unterschied zum letzten Jahr: Es kommen kaum noch Einheimische. 65 Prozent der Griechen können sich dieses Jahr gar keinen Urlaub leisten. Während in ihrem Land die ausländischen Besucher den Urlaub genießen, füllen sie zuhause ihre Steuererklärungen aus.

Mit Steuern wenig am Hut haben dagegen die finanziell Starken des Landes. Durch große Überredungskunst bekommen wir Zutritt zu dem angesagtesten Strandclub der Superreichen. Die natürliche Auslese funktioniert hier über das Portemonnaie. Hier feiert der griechische Jetset fernab von allen Sorgen. Ihr Geld schlummert sicher auf ausländischen Konten. Insgesamt sollen 80 Milliarden seit 2009 das Land verlassen haben.

Hätten alle ihre Steuern gezahlt, steckte Hellas heute nicht in der Misere. Während die Reichen im Nammos Club Champagner schlürfen, gibt die verzweifelte Regierung erneut eine Liste mit über 1.700 säumigen Personen heraus, die ihr Geld im Ausland parken und so ihre Steuern nicht zahlen.

Fragen im Club der Reichen unerwünscht

Party der reichen Griechen am Strand von Mykonos.
Party der reichen Griechen am Strand von Mykonos.

Im Strandclub sind Fragen verboten. Die Gäste wollen ihre Ruhe haben. Aber Kellner Dimitris Glavas antwortet uns. "Die Lage auf der Insel hat sich ein bisschen verschlechtert. Aber bei uns im Club läuft es sogar noch besser als im letzten Jahr."

Diejenigen die mit der Yacht einlaufen, holt Kapitän Lefteris Chalaris mit dem clubeigenen Speedboat ab. "Wir kennen hier keine Krise. Es läuft gut. Jeden Tag volle Hütte, 1.000 Gäste pro Tag." Allein die hauseigene Yacht kostet über eine Million Euro. "Wir vermieten diese Yacht pro Tag, an Reiche natürlich. Es ist ziemlich teuer - so zwischen 4.000 und 5.000 Euro", sagt Chalaris.

Jagd nach den supperreichen Steuersündern

Swimmingpool in Griechenland auf einem Privatgrundstück
Swimmingpool in Griechenland auf einem Privatgrundstück.

Im klammen Athen fragen wir nach, mit wie viel die Superreichen in der Kreide stehen. Wir bekommen keine Antwort. Aber wir bekommen ein Interview mit Manolis Motzakis. In den letzten 30 Jahren durchlief er jede Abteilung der Steuerbehörde, kennt alle Kniffe. Zuletzt jagte er mit der Steuerfahndung die superreichen Sünder. Motzakis zeigt uns, wo sie wohnen. Er ärgert sich über die Ungerechtigkeit im Land. "Die Gehaltsempfänger und die Rentner werden verpflichtet Steuern zu zahlen. Die Reichen, die bekannten Ärzte und Rechtsanwälte und die großen Unternehmen hinterziehen Steuern, indem sie keine Rechnungen ausstellen. Das ist richtiger Diebstahl."

Kein ungefährlicher Job

Um die Diebe zu entlarven, haben sich die Steuereintreiber einen Trick ausgedacht. Mithilfe von Satellitenfotos suchen sie nach Swimmingpools. 1.700 haben sie entdeckt, nur 121 sind gemeldet. "Die, die große Schwimmbäder besitzen sind Ärzte, Rechtsanwälte, Bauunternehmer und Yachtinhaber. Entdeckt man die Schwimmbäder, dann fragt man, wie sie sich das leisten konnten", sagt Motzakis. Sein Job ist nicht ungefährlich. Auch Morddrohungen hat der Steuerfahnder schon erhalten. "Die Bürger sehen einen Finanzbeamten und glauben, dass sie den ganzen Staat vor sich haben, dann lassen sie ihren ganzen Ärger an ihm aus. Diese Fälle nehmen laufend zu."

Wie kann man Griechenland entschulden?

Auf einer anderen Insel lebt Petros Nomikos. Jedoch auf keiner griechischen, sondern auf der britischen - in London. Seine Familie gehört zu den reichsten in Griechenland, milliardenschwer. Auch die Nomikos haben ihr Geld sicher auf ausländischen Banken verstaut.

Aber anstatt Party zu machen, hat er eine Vision, Griechenland zu entschulden. "Ich will allen, die die Griechen finanziell unterstützen wollen, eine Möglichkeit bieten, auf dem Kreditmarkt mitzuwirken und dem Land einen Vorteil rauszuschlagen. Durch die niedrigen Preise der Staatsanleihen." Das heißt, Aufkauf von billigen griechischen Anleihen auf dem freien Markt übers Internet. Den Kaufpreis holt er sich wieder aus seiner Heimat, den Rest schenkt er ihr.

Die Rechnung des Schuldenretters hat allerdings einen Haken. Von den rund 275 Milliarden Euro, die Griechenland derzeit schuldet, liegt der größte Teil bei der Europäischen Zentralbank. Und da kommt auch ein Petros Nomikos nicht dran. Ein Tropfen auf den heißen Stein also? "Griechenland schuldenfrei zu machen ist eine Fantasie - so ähnlich wie den Krebs zu heilen. Aber das ist nicht das Ziel. Das Ziel ist zumindest irgendetwas für die Zukunft zu tun", argumentiert Nomikos.

Digitale Vernetzung gefordert

Die Zukunft zu meistern ist auch der Wunsch von Manolis Motzakis. Er plädiert schon lange für die strikte Durchsetzung einer Steuerreform. An erster Stelle muss endlich die digitale Vernetzung aller Finanzbehörden stehen. "Man muss die Finanzämter zentralisieren und die gesamten Informationen online bündeln. So erhalten die Finanzbeamten mit einem Klick ein vollständiges Bild der Steuerzahler. So verhindert man, dass sie bei verschiedenen Finanzämtern unterschiedliche Angaben machen können."

Doch solange diese Reformen noch nicht vollzogen sind, solange herrscht bei den reichen Griechen Feierlaune.

Autorin: Natalie Amiri, ARD-Studio Athen

Stand: 22.04.2014 14:52 Uhr

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